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St. Blues 61 South P90 Bigsby BK Test

Memphis, Tennessee – ein Ort, der Musikgeschichte geschrieben hat. Natürlich hat der King, Elvis Presley, am meisten dazu beigetragen, aber darüber hinaus gibt es dort auch eine sehr rührige Musikszene. Logisch, dass auch Leute benötigt werden, die Instrumente für Musiker reparieren, modifizieren und bauen. Einer dieser Spezialisten ist Tom Keckler. Ursprünglich modifizierte er in einem kleinen Laden Gitarren, bevor er für kurze Zeit zu Schecter Guitars ging und schließlich unter dem Namen St. Blues Guitars im Jahre 1984 seine eigene Firma in Memphis gründete. Viele namhafte Musiker entdeckten in den folgenden Jahren die Instrumente Kecklers für die Bühne oder ihre Studioarbeit, darunter Legenden wie Stevie Ray Vaughan, Eric Clapton, Billy Gibbons oder Bono von U2. Nach einer etwas längeren Pause von 1989 bis 2005 ist die Firma wieder am Start, entwickelt Gitarren, die in Korea gebaut werden und schließlich in Memphis ihren letzen Schliff erhalten.

 Die Gitarre, die bei bonedo zum Test bereitsteht, hat daher eine Reise um den halben Globus hinter sich und lenkt schon durch ihr ungewöhnliches Äußeres die Aufmerksamkeit auf sich. Ich bin gespannt, was sie mir zu erzählen hat, denn allein der Name St. Blues 61 South P90 ist außergewöhnlich. Ich habe ja schon viel erlebt, Instrumente sind nach lebenden Personen wie Les Paul oder B.B. Kings Lucille, oder auch nach Tieren wie Jaguar oder Firebird benannt worden, aber nach einer Autobahn!? Ob es dafür einen bestimmten Grund gibt, weiß ich nicht, aber vielleicht ist es auch nur der außergewöhnliche Lokalpatriotismus der Menschen aus Memphis.

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Details

Korpus
Egal, der Name ist schließlich zweitrangig, schließlich geht es hier um ein Instrument, bei dem auf den ersten Blick der relativ kleine Korpus auffällt. Das Shaping erinnert mit dem Single-Cutaway an eine Les Paul, die Hardware sieht aber sehr deutlich nach Tele aus. Eine Nickel-Wilkinson Brücke bildet die Basis für drei Saitenreiter aus Messing, die jeweils für zwei Saiten zuständig sind. Hinter der Brücke glänzt ein verchromtes Bigsby Tremolo, das allerdings auch umgangen werden kann: Wer keine Lust auf Tremolo hat, kann die Saiten direkt an der Brücke durch den Korpus aufziehen. Dieser besteht aus Esche, ist schwarz lackiert und als Hollowbody mit F-Loch ausgeführt. Ein weißes Binding verziert die Kanten. Ebenfalls weiß ist das Kunststoff-Schlagbrett, auf dem der Hals-Pickup befestigt ist. Der Steg-Tonabnehmer ist wie bei einer Tele auf die Metallplatte der Bridge aufgeschraubt. Auch die beiden Regler für Lautstärke und Klang sowie der Pickup-Wahlschalter sind Tele-mäßig auf einer verchromten Metallplatte befestigt. Die Anschlussbuchse hat ihren Platz an der Zarge.

Pickups
Die 61 South ist mit einem von Kent Armstrong designten P 90 Tonabnehmer am Hals und einem Single-Coil Pickup am Steg bestückt. Höhenverstellbar sind beide mit zwei (P 90 – Hals) beziehungsweise drei (Single Coil – Steg) Kreuzschlitzschrauben. Mit der Push-/Pull-Funktion am Ton-Poti kann man den Single Coil auch auf „Coil Tapping“ umschalten, der Sound wird dabei etwas weicher und der Pegel nimmt ein wenig ab. Mit dem Dreifach-Wahlschalter sind die üblichen Kombinationen Hals-, Hals- & Steg- und Steg-Pickup möglich.

Hals
Unser Testinstrument ist mit einem einteiligen Ahornhals bestückt, der von vier Schrauben am Korpus gehalten wird. Der Hals-Korpus-Übergang macht einen sehr guten Eindruck, alles sitzt, passt und hat keinen Millimeter Luft.  Auf dem Griffbrett befinden sich 21 Jumbo-Bünde, die sehr gut eingesetzt und entsprechend poliert sind. Somit ist hier die Grundlage für butterweiche Bendings und eine gute Intonation geschaffen. Allerdings ist die Saitenlage ab Werk recht hoch eingestellt, für Flachbrett-Flitzer eher ungeeignet, dafür verträgt das Instrument aber auch einen sehr harten Anschlag ohne Saitenschnarren.

Zur Orientierung finden wir schwarze Dots auf dem Griffbrett und an der Seitenleiste des Halses. Der Hals selbst ist schmal und schlank und mit einem Medium-C-Profil versehen. Durch den glatt polierten Halsrücken sind bei Bedarf schnelle Lagenwechsel kein Problem. Auch die oberen Lagen lassen sich durch den gut geschnittenen Cutaway und den Hals-Korpus-Übergang zwischen dem 16. und 17. Bund bequem erreichen. Die 61 South hat einen Knochensattel, der bestens gefeilt ist – hier bleibt weder beim Bending noch beim Einsatz des Bigsbys eine Saite hängen, die Stimmung bleibt stabil. Hinter dem Sattel laufen die Saiten gerade zu den Wilkinson-Vintage-Style-Mechaniken. Diese sind geschlossen und etwas kürzer untersetzt, sodass man für eine Tonhöhenänderung etwas mehr drehen muss als bei gewöhnlichen Mechaniken. Die Kopfplatte erinnert in ihrer Form ein wenig an die der Telecaster, sie ist nur etwas schmaler. Hier finden wir an einer Seite die eben erwähnten Stimm-Mechaniken, einen Saiten-Niedrighalter für die E- und H-Saite sowie den Zugang zum Halsstellstab unter dem Sattel.

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Praxis/Sound

Neben den benötigten Inbus-Schlüsseln zum Einstellen von Halskrümmung und Saitenreitern liegt der Gitarre kein weiteres Zubehör bei. Koffer oder Gigbag müssen gesondert erworben werden. Aber jetzt zu den wirklich wichtigen Dingen: Wie klingt sie, wie lässt sie sich spielen und kann sie mehr als nur Blues? Deshalb schließen wir die Gitarre zuerst einmal an einen clean eingestellten Amp mit neutraler Klangregelung an. Wir hören nun alle drei Pickup-Kombinationen.

Den Charakter des P90 am Hals kann man als warm und ausgeglichen bezeichnen. Alle Frequenzen sind gleichmäßig vorhanden – eine gute Ausgangsbasis zum Erzeugen unterschiedlicher Klangfarben.

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Neck

Die Kombination von P90 und Single-Coil kommt mit einer gehörigen Portion Twang und geht in Richtung Telecaster. Die Höhen sind stärker vertreten und der Bassbereich klingt recht knackig.

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Neck & Bridge

Der Single-Coil am Steg ist einigermaßen bissig und aggressiv. Nix für Weicheier, aber ein ganz klares Statement. Trotzdem gehen auch noch problemlos Clean-Sounds, die nicht in den Ohren klingeln. Bei hartem Anschlag allerdings wird die Grenze erreicht.

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Bridge

Wie bereits erwähnt, hat der P90 einen runden Ton, der musikalisch sehr flexibel einsetzbar ist. Man kann zum Beispiel weiche Jazz-Sounds oder einen warmen Fingerpicking-Ton erzeugen. Dreht man den Tonregler einen Hauch weiter zurück, wird der Klang noch wärmer und dezenter, optimal für Begleitsounds.

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Neck Bossa

Hier bemerkt man auch die sehr feinfühlige Übertragung des Tonabnehmers. Jede kleine Nuance des Anschlags und der daraus resultierende Klang werden ohne Verlust an den Amp weitergegeben. Dreht man nun, bei gleicher Einstellung am Verstärker, den Tonregler der Gitarre wieder voll auf und schlägt hart mit dem Pick an, sieht die Sache komplett anders aus. Wir erhalten einen schönen, attackreichen Funksound.

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Neck Funk

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Jetzt wird es etwas schmutziger, denn die St. Blues Gitarre ist mit einem leicht angezerrten Marshall verbunden und mit der Kombination der beiden Pickups erhalten wir einen klaren Crunch-Sound mit bestem Durchsetzungsvermögen. Die Gitarre ist auf Drop-D gestimmt und vor allem der Bassbereich wird trocken und sehr knackig übertragen. Tobt man sich in musikalischen Gefilden aus, in denen tiefer gestimmte Gitarren Pflicht sind, ist das extrem wichtig, damit die Riffs auch fett rüberkommen. Das ist hier absolut gewährleistet. Außerdem hat die Gitarre eine richtig gute Portion Sustain. Der Ton klingt lange aus und nimmt geradlinig an Lautstärke ab. Ausgezeichnet!

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Crunch Picking

Als Nächstes folgt ein Beispiel, bei dem noch einmal die exzellente Übertragung und dynamische Ansprache des P90 Pickups demonstriert wird. Wieder ist der Plexi am Start, diesmal mit etwas mehr Verzerrung. Ich schlage zuerst leicht mit den Fingern an, danach hart mit dem Pick. Die Gitarre macht hierbei ihrem Namen alle Ehre, denn für Bluesgitarristen ist ein Instrument mit einer guten Dynamik oberstes Gebot.

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Dyna Pick

Der Steg-Pickup liefert bei mittlerem Gain einen bissigen Rocksound. Von den Stones bis zu AC/DC wird auch der Classic-Rock mit der St. Blues Gitarre bestens bedient.

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AC Riff

Das Bigsby Tremolo System funktioniert bestens. Komplett heruntergedrückt schafft man bis zu drei Halbtöne, nach oben sind es etwa zwei. Man kann zwar mit etwas Kraft auch noch höher ziehen, aber irgendwie war mir das nicht so ganz geheuer, denn zum einen muss man wirklich ordentlich Kraft aufwenden und zum anderen war die Gitarre danach ziemlich verstimmt. Aber zwei Halbtöne ohne Tuning-Probleme sind meines Erachtens völlig ausreichend. Hier der Bigsby im „normalen“ Gebrauch.

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Bigsby

Beim nächsten Beispiel wird ganz deutlich das Gerücht widerlegt, dass eine St. Blues Gitarre aus Memphis nur für Blues oder höchstens Country und Rockabilly zu gebrauchen ist. Von wegen! Der Single-Coil hat richtig Pfeffer und bringt mit seinem hohen Output einen Amp schon ordentlich zum Zerren. Er spricht auch gut auf Artificial Harmonics an und auch die Nebengeräusche halten sich für einen Tonabnehmer dieser Bauart absolut im Rahmen.

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Heavy

Mit dem Ton-Poti kann man das „wilde Tier“ etwas zähmen, der bissige Klang kann hier selbstverständlich etwas weicher gemacht werden. Das Poti senkt die hohen Frequenzen ab 2 kHz stark ab. Dadurch ergibt sich auch für verzerrte Sounds eine große Klangflexibilität. Und so klingt die 61 South mit dem Steg-Pickup, bei dem zuerst der Tonregler komplett ab- und dann voll aufgedreht wird.

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Tone

Auch bei Lead-Sounds ergänzen sich die beiden Tonabnehmer bestens. Der Hals-Pickup hat einen weichen Ton bei hoher Verzerrung, während der Steg-Tonabnehmer schrill und bissig daherkommt. Hier ein Beispiel, bei dem zuerst der P90 und dann der Single Coil am Steg angewählt wird.

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Lead Neck/Bridge
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Wer denkt, dass man mit einer St. Blues Gitarre, die auch noch ihre Herkunft in Memphis hat, stilistisch nur auf eine Musikrichtung festgelegt ist, der liegt falsch. Die ´61 South´ hat eine ganze Bandbreite an Sounds im Angebot und ist daher eher weltoffen ausgelegt. Die Verarbeitung ist erstklassig, Hals, Bünde und Sattel sind sehr gut eingestellt und poliert, das Bigsby-System funktioniert ohne großen Stimmungsverlust. Vor allem die Dynamik und der leicht aggressive Sound des Instrumentes haben mich begeistert.  Alle Spielnuancen werden bestens von der Gitarre übertragen und die Pickups haben ordentlich Feuer, um bei Bedarf auch eine amtliche Zerrorgie zu entfachen.  Legt man das alles in die Waagschale und weiß, dass sie außerdem ihren Feinschliff in den USA erhält, dann relativiert sich auch ihr Preis. Wer also ein stylisches Instrument mit Charakter sucht, der sollte die 61 South unbedingt antesten!

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • Dynamik
  • Ansprache
  • Verarbeitung
  • Stimmstabilität
  • Optik
Contra
Artikelbild
St. Blues 61 South P90 Bigsby BK Test
Für 1.098,00€ bei
Technische Daten 61 South P90 Bigsby BK
  • Hersteller: St. Blues
  • Model: 61 South P90 Bigsby BK
  • Finish: Black
  • Korpus: Esche (Semi Akustik)
  • Hals: Ahorn
  • Profil: Medium C
  • Griffbrett: Ahorn
  • Mensur: 648 mm
  • Bünde: 21 Jumbo-Bünde
  • Mechaniken: Wilkinson
  • Pickups: Kent Armstrong Designed P90 (Hals), Single Coil Pickup (Steg)
  • Regler: Volume, Tone (Push/Pull Poti)
  • Brücke: Wilkinson WTB Bridge mit Messingreitern
  • Tremolo: Bigsby Licensed, aber auch Saitenführung durch den Korpus möglich.
  • Preis: 1.345,- Euro UVP
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