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Schoeps VSR 5 U Test

Produkte der Firma Schoeps hat fast jeder Mensch schon hundertfach gesehen, oftmals allerdings nicht bewusst. Wer in den klassischen Konzertsälen dieser Welt Mikrofone von der Decke hängen sieht oder auf Stativen stehend erblickt, bekommt dabei im Regelfall Kleinmembran-Mikrofone der süddeutschen Edelmarke zu Gesicht. Im öffentlich-rechtlichen Fernsehen leistet man sich dank fleißiger GEZ-Zahler plus dicker Werbeeinnahmen ebenfalls oft derartige Systeme –achtet bei den nächsten Nachrichten mal genauer auf die Mikros!
 
Dem Großteil unter euch muss man Schoeps allerdings nicht vorstellen, das Kleinmembran-Modularsystem “Colette” ist das umfangreichste der Welt. Alleine 20 Kapseln sind erhältlich, dazu mannigfaltiges Zubehör. Eigentlich war es immer naheliegend, doch hat Schoeps bislang außerhalb des Marktsegments “Kleinmembran-Mikrofone und Zubehör” keinerlei Tätigkeit gezeigt. Mit dem portablen, MS-fähigen Preamp VMS 5 U und dem hier getesteten Neunzehnzöller VSR 5 U sind nun aber Mikrofon-Vorverstärker verfügbar, deren Ruf schon jetzt den Schallwandlern aus gleichem Hause in nichts nachsteht.

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Details

Keine schlechte Geschichte: Um die hochwertigen Mikrofone im Haus zu testen, verließ man sich bei Schoeps ungern auf Vorverstärker anderer Hersteller. Aus diesem Grund wurde schon vor Jahrzehnten eine sehr rauscharme und transparente Preamp-Schaltung entwickelt, die auf einer Optimierung des für seine Rauscharmut berühmten Valley People Trans-Amp LZ aus den 70ern beruht. Später scheint wohl ein Mitarbeiter in die Runde gefragt zu haben: “Leute, wieso bringen wir das eigentlich nicht als Produkt auf den Markt?” Nun gut, besser spät als nie.

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Wie von den Herrschaften nahe der französischen Grenze nicht anders zu erwarten, kommt der VSR als optisch diskretes, unaufdringliches Werkzeug daher. Nahezu tiefstapelnd findet man den Hinweis über die Geräteklasse mittig auf der Frontplatte des 19”/2HE-Gerätes angebracht: “Two Channel Analog Microphone Preamplifier” steht dort. Stimmt ja auch! Außerdem ist es ein angenehmer Gegenpart zu den ganzen “Ultra Low-Noise Sound-Enhancing Mic-Level-Boosting Devices” da draußen. Bei Schoeps benennt man die Dinge einfach, wie sie sind und grinst – ganz deutscher Ingenieur – wohl wissend um die Qualität in sich hinein. Ich überlege gerade, welche Alternative zur allgegenwärtigen Modellreihen-, Ausstattungsvarianten- und Motorisierungskennzeichnung in Zukunft in silberner Schrift das Heck meines Autos schmücken soll. Ich entscheide mich für “Fünfsitziger Personenkraftwagen mit Ottomotor”. Wo kann ich so was kaufen?
Doch zurück von der Straße zur Tontechnik. Natürlich steht da noch etwas mehr auf der Frontplatte. Ebenfalls mittig am VSR angeordnet sind das Schoeps-Logo, der Hinweis auf die verwendete Schaltung, das Produktkürzel und die Seriennummer. Eine frontseitig eingravierte Seriennummer verdient übrigens Applaus: Erst einmal ist dies kein schlechter Diebstahlschutz, vor allem aber wird damit das Leben jener erleichtert, die sich in größeren Häusern mit dem Inventar beschäftigen müssen. Nichts muss ausgebaut werden, auch das Herumkriechen hinter irgendwelchen Racks entfällt. Die eigentliche Frontplatte ist mit Nextel beschichtet und damit optisch genauso unauffällig wie die Mikrofone (bei denen bewusst die reflektionsarme Oberfläche verwendet wird, damit die Mikros, wenn sie im Bild sein sollten, nicht sonderlich auffallen).

In kühler, leicht gebürsteter Edelstahloberfläche heben sich die beiden identischen Bedienelemente für den ersten und zweiten Kanal vom Dunkelgrau des übrigen Metallgehäuses ab. Der dort jeweils in der Mitte prangende Gain-Regler ist von 0 bis 60dB (Gain-Genauigkeit: +/-0,3dB) skaliert und markiert damit selbstredend die mögliche Verstärkungsleistung des VSR. Diese Vorverstärkung lässt sich in 21 3dB-Stufen einstellen. Links unten befinden sich drei nach Betriebsmodus verschiedenfarbig innenbeleuchtete Schalter. Ganz links findet man die von einigen Mikrofonen benötigte Betriebsspannung von 48 Volt (die bei jeder Schaltfunktion zu anschließendem Auto-Mute von 2,5 s Länge führt), mittig die per Relais vollzogene Umschaltung der Signalpolarität, rechts die simple, aber oft ungemein praktische Funktion “Mute”. Die mit 12 dB/oct recht sanften Hochpass-Filter können wahlweise mit einer Eckfrequenz von 40, 80 oder 120 Hz betrieben werden. Erfreulich ist die Memory-Funktion, die den letzten Schaltzustand der Filter auch ohne Spannungsversorgung dauerhaft speichert. Insgesamt 22 LEDs geben visuelles Feedback über den Pegel in 3dB-Schritten. Dass dies keine bunte “Pi-mal-Daumen”-Lichtorgel ist, versteht sich bei Schoeps von selbst: Das PPM arbeitet nach DIN mit einer Integrationszeit von 10 ms und benötigt im Rücklauf eine halbe Sekunde für 20 dB. 0 dB auf der Anzeige entsprechen +6 dBu, dies ist allerdings bei Bedarf verstellbar. Die Clip-LED reagiert ab einem festen Wert von +20 dBu.

Von der Rückseite gibt es bei Mikrofonvorverstärkern oftmals nicht viel zu berichten. Ähnliches gilt auch für den VSR, allerdings findet man dort für jeden Kanal neben dem Eingang direkt zwei symmetrische XLR-Outputs, deren Verschaltung elektronisch schwebend ausgeführt ist. Sehr praktisch! Das integrierte Netzteil kommt mit Spannungen von 94 bis 250 Volt und Wechselfrequenzen zwischen 50 und 60 Hz zurecht. Bei einer Installation kann der kleine Ground-Lift eine große Hilfe im Kampf gegen das böse Brummen sein. Nett auch, dass Schoeps nicht arrogant davon ausgehen, dass jeder weiß, was es damit auf sich hat, sondern im Handbuch wirklich gute Hilfestellung bieten.

Ja, ich kann bis zwei zählen. Sogar noch weiter, wenn es notwendig ist. Und ich kann versichern, dass ich ganz genau und wiederholt die Nullen des Wertes nachgezählt habe, der den Frequenzgang nach oben markiert. Es sind zwei Stück hinter der Zahl und vor dem “kHz”. Außerdem habe ich auch die Kommastellen mehrfach überprüft. Festhalten: Die -3dB-Punkte des Frequenzgangs liegen bei 2,5 Hz und 400 kHz! Nicht 25 Hz und nicht 40 kHz, sondern zweieinhalb und vierhunderttausend Hertz! Selbst die Werte für +/-0,1dB-Toleranz erreicht ein Großteil der anderen Amps auf dem Markt nie und nimmer mit 3 dB Abfall, denn auch diese liegen bei Schoeps bei verblüffenden 12 Hz und 90 kHz. 

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Das ist in etwa so, als würde die Akkulaufzeit eures Mobiltelefons mit 180 Stunden Telefonieren und 2 Jahren Standby angegeben sein – und stimmen! Denn im Vergleich zu Telefonherstellern kann man sich auf Angaben des höchst seriösen Unternehmens Schoeps wirklich verlassen. Klappern gehört bei den Karlsruhern nämlich erfreulicherweise nicht zum Handwerk –sie haben es einfach nicht nötig. Man muss allerdings auch anmerken, dass der VSR bezüglich des Frequenzgangs nicht ganz alleine auf der Welt ist. Für die Preamps aus GMLs 8300er Serie sind 1,7 Hz und 260 kHz angegeben –sogar für +/- 0,3 dB (auch hier sitzt das Komma richtig!).
Die weiteren Daten lesen sich im Grunde wie der Frequenzgang auch: mit offenem Mund. Ein Rauschen von unter 130 dBu nach A-Filterung bei maximalem Ausgangspegel von 28,5 dBu erlaubt auch das Arbeiten mit riesigen Übersteuerungsreserven. Beim Umgang mit hochdynamischen Signalen sind also eher die Mikrofone und Wandler gefragt als der Preamp. Richtig schön staunen darf man bei der Angabe der Phasendifferenz zwischen beiden Kanälen. Sie liegt bei 5 Hz bei 0,0°. Das ist noch keine Überraschung, denn schließlich sind die Schwingungen in diesem Frequenzbereich noch schön langsam, ein Grad wäre also eine ganz Menge. Bei 10 kHz sieht es allerdings noch genauso aus: 0,0° Differenz zwischen beiden Kanälen. Erst bei 200 kHz sind 0,2° erreicht. Durch diese Werte scheint der VSR förmlich zu schreien: “Ich bin Spezialist für Laufzeitstereofonie! Nimm mich als Preamp für die A/B-Hauptmikrofone!”
Eine Besonderheit des Schoeps sind die HF-Filter der In- und Outputs, die zwischen 3 MHz und 1 GHz wirken. Ein Frequenzdiagramm im Handbuch des VSR zeigt ein nur minimal über dem Rauschteppich liegendes Hochfrequenz-Signal. Bei der Aufzeichnung kann also das Mobiltelefon wahrscheinlich getrost auf dem Gerät liegen.

Ach ja, fast hätte ich den D.I.-Input vergessen. Vergessen, ihn zu erwähnen, nicht vergessen, ihn zu beschreiben: Es gibt ihn nämlich nicht. Der VSR ist ein reiner Mikrofon-Vorverstärker, keine eierlegende Wollmilchsau. Mit “Ooch, so einen D.I. hättet ihr doch auch noch mal eben mit einbauen können” braucht man den Herren bei Schoeps bestimmt nicht zu kommen. Diese “Straightness” ist eine sehr gute Entscheidung, wie ich finde!

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Praxis

Die Gefahr hoher Erwartungen ist bekanntermaßen immer, dass diese nicht ganz erfüllt werden. Ich schalte mich daher trotz der Vorfreude in den Neutralitäts-Modus und nähere mich auf Zehenspitzen dem Schoeps VSR. Erst einmal einrichten…Die großen Gain-”Räder” sind ein Fest für meinen haptischen Sinn: griffig, ohne jegliches Spiel, mit nicht zu viel und nicht zu wenig Widerstand zu bewegen. Die akustische Rückmeldung fällt mit einem massiven “Klock” ebenfalls standesgemäß aus, ohne dabei zu übertreiben. Die Druckknöpfchen hingegen können da nicht ganz mithalten. Der Druckpunkt ist etwas uneindeutig, ich habe zu Beginn der Arbeit mit dem VSR sogar öfters einen Schalter versehentlich doppelt betätigt. Mir hatte das Feedback meiner Fingerspitzen und meiner Ohren gefehlt. Nun gut: Auch als Tontechniker hat man schließlich Augen, die Buttons senden brav ihre momentane Funktion leuchtend in die Außenwelt.

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Will man jetzt aber kleinlich sein, müsste man noch sagen, dass für den “Erstbediener” des Schoeps nicht immer deren Schaltzustand eindeutig ist. Polarity und Mute leuchten im ausgeschalteten Zustand schwach grün. Das mag zwar das Auffinden in dunkler Umgebung erleichtern (die Beschriftung selbst leuchtet aber nun leider nicht), hat aber den Nachteil, dass man hier falsch interpretieren könnte: Die Farbe der Hoffnung steht gemeinhin für “On”, was bei Mute schon seit den Urzeiten der Tontechnik zu Verwirrung führt (“Heißt ‘On’ jetzt nun ‘Signal’ oder ‘kein Signal’?”). Besagtes “Mute” wird bei Aktivität (also Signalsperre) rot, der Signalinvertierer leuchtet jedoch in stärkerem Grün, wenn er die Polarität wechselt. Die Phantomspeisung bietet schwaches Grün und kräftiges Orange für Off und On, die Filter jeweils schwaches und kräftiges Weiß. Na, verwirrt? Die Auto-Mute-Funktion beim Aktivieren und Deaktivieren der 48V-Speisung ist eine wirklich feine Sache, das muss ich zugeben. Daumen hoch! Ich bin jedoch oft geneigt, im gleichen Atemzug “Mute” zu schalten. Zwar verbleibt der Channel im Mute, wenn ich die Signalsperre während der Auto-Mute-Zeit aktiviere, doch umgekehrt geht es nicht. Ich muss also 2,5 Sekunden warten, um den zuvor gemuteten Kanal nach Mikrofon- oder Kapselwechsel wieder freizugeben. Das mag bei einem Kanal vernachlässigbar sein, doch in großen Setups hat man sicher gerne mal eine Wand voll mit diesen Preamps, dann könnte es nerven.
Ihr merkt schon, dass ich hier mit der verdammt dicken bonedo-Lupe und meinem Sherlock-Homes-Hut bewaffnet auf den Plan trete. Genauer: als Mischung zwischen dem englischen Meisterdetektiv aus der Baker Street und Polizisten-Neulingen (“Guten Tag, Verkehrskontrolle! Wir finden immer was!”). Anders als aufgrund eines nicht mehr versiegelten Päckchens im ansonsten vorschriftsmäßig gefüllten und “gewarteten” Verbandskasten möchte ich hier aber dennoch Schoeps und ihrem VSR aus diesem Kleinkram keinen Strick drehen. Auch über Netzschalter auf der Rückseite von Geräten etwa kann man geteilter Meinung sein. Immerhin kann man so den VSR im laufenden Betrieb nicht versehentlich ausschalten.

Sätze wie die folgenden werdet ihr in bonedo-Tests schon häufiger gelesen haben: “Doch kommen wir nun zum Wesentlichen, dem Sound!” oder “Jetzt wird´s spannend, Leute: Wie ist der Klangcharakter dieses tollen Gerätes?” Die Antwort darauf wäre bei diesem Test vielleicht erstmal enttäuschend. “Naja. Gar nicht. Klangcharakter? Hat er nicht!”

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Das Schoeps-Gerät ist schlicht und einfach ein ultralinearer Vorverstärker, der mit äußerst geringem Rauschen Signale in größtmöglicher Reinheit überträgt. Der enorme Frequenzgang hilft ihm dabei, vor allem schnelle Spannungsanstiege zu übertragen, ohne sie “abzuschmirgeln”. Zur Erinnerung: Einen richtigen 90°-Transienten wie bei Rechteckschwingungen aus dem Lehrbuch gibt es aufgrund der Trägheit sämtlicher Übertragungssysteme nur in der Theorie. Will man ein Rechteck additiv herstellen, wird das Dilemma klar: Man bräuchte eine unendliche Bandbreite, um durch immer höhere Sinus einen solchen Anstieg zusammenzufügen. Natürlich sorgen schon die Mechanik der Mikrofone, der Mikrofonverstärker und das Kabel für ordentlich Abfall im Ultraschallbereich, doch der Schoeps ist so aufgestellt, dass er das nicht noch weiter unterstützt. Der VSR ist dieser Unendlichkeit im Frequenzgang weitaus näher als viele andere Amps, dadurch mag er jedoch vielleicht demjenigen, der es anders gewohnt ist, etwas “spitz” erscheinen. Aber das soll nicht das Problem des Karlsruhers sein. Der Detailreichtum in den Höhen – gerade im Air-Band – ist wirklich erstaunlich, fast schon beängstigend. Bei Akustikgitarren hat man bei geeigneten Mikrofonen das Gefühl, jeder einzelnen Holzfaser der Decke beim Schwingen zusehen zu können – Schlagzeugbecken verraten mehr von ihrem vielschichtigen Charakter in den Höhen. Ich möchte jetzt nicht weiter in eine HiFi-Sprache verfallen, sondern euch schlicht und einfach die ersten Files vorspielen, die ich mit dem Schoeps aufgezeichnet habe. Bei diesen AB-Stereoaufnahmen kamen neben absolut hochwertigen Edelsystemen (Schoeps CMC6-Mikrofonverstärker und MK2-Kapseln) unter anderem auch nicht ganz so teure Druckempfänger zum Einsatz. Ich präsentiere einen leeren Raum mit folgenden Protagonisten: Zwei Fenster, eine sommerliche Regenfront, ein Propellerflugzeug in der Ferne, ein Fotoapparat und der Autor höchstselbst.

Audio Samples
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Regen Flugzeug Fotoapparat

Der Regen fordert durch ständige, extreme Pegelsprünge die Arbeit des VSR besonders, trotzdem wird die Textur atemberaubend gut übertragen. Die Mechanik der Spiegelreflexkamera zeigt, wie unbeeindruckt das Schoeps-Gerät selbst enorme Spannungsanstiege verstärkt. Es wird deutlich, dass bei derartigen Setups die Qualität und Leitungslänge der verwendeten Kabel zu einem ernsten Thema wird! Der Herr Pilot in einem der Files trägt eindrucksvoll dazu bei, den Frequenzgang “nach unten” zu demonstrieren. Bei Druckempfänger-Kapseln und ausgeschalteten Filtern im VSR 5 U ist es nur noch der HPF im A/D-Wandler, der das analoge Signal vor seinem Übertritt in die digitale Domäne beschneidet. AB-Aufnahmen habe ich schon öfters gemacht, auch mit Schoeps-Mikros, aber zusammen mit diesem Amp…: Das macht richtig Spaß. Da aber durch diesen Vorverstärker in erster Linie Signale akustischer Instrumente gepumpt werden, habe ich ein hierfür hervorragend geeignetes Instrument hervorgekramt: das Vibraphon. Um die Files des Songs vergleichen zu können, habe ich (wo machbar) doppelt mikrofoniert und mit einem anderen Preamp bei ansonsten gleichem Setup aufgenommen. Es fällt auf, dass es vor allem im Präsenzbereich Unterschiede gibt. Nicht, dass die leichte Anhebung meines Vergleichsgeräts für das Endergebnis schlecht sein muss, aber Schoeps’ Amp arbeitet nun einmal wirklich linear.

Audio Samples
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Song VSR Song Vergleichsamp AB-Vergleich Vibraphon VSR Vibraphon Vergleichsamp Drums VSR Drums Vergleichsamp

Im ersten File sind alle Files mit dem VSR vorverstärkt. Alle Signalquellen wurden mit identischen Mikrofonen doppelt mikrofoniert und mit einem Preamp der 1000-Euro-Klasse vorverstärkt (die Drums wurden stereo AB-mikrofoniert und deswegen mit dem anderen Amp in einem anderen Take aufgezeichnet). Das dritte File ist ein AB-Vergleich, bei 0:05 und 0:21 werden für ein paar Sekunden alle Signale auf den Vergleichsamp geschaltet. Die Drums sind ausschliesslich mit einem 70cm-AB aufgenommen.

Am Drumkit im Stereobetrieb zeigt sich wie bei den Atmos die extreme Tiefe und Detailabbildung des Preamps. Allerdings wird natürlich auch jede Ungenauigkeit bestraft. Selbst aus meterweiter Entfernung hört man die Dämpfungsringe auf den Trommeln flattern, bei einem anderen Amp war das weniger deutlich. Was die technischen Daten versprechen, hält der Neunzehnzöller auch: Das Rauschen, das man wahrnimmt, ist eher maßlos übertriebenem Headroom, Mikrofonen und Kabeln geschuldet. Die Verwendung unterschiedlicher Wandler belegt, wie wichtig bei einer hochwertigen Kette auch deren Qualität und Auflösung wird. Apropos Qualität: Es wird hier wohl niemand ernsthaft glauben, dass es hier etwas Negatives über die Arbeit der Hochpassfilter zu berichten gibt, oder?

Ich habe zu Testzwecken übrigens auch wiederholbare Files (Keyboard an Amp) mit dem gleichen Mikrofon und Kabel mit den beiden unterschiedlichen Kanälen des VSR aufgenommen. Das Ergebnis ist im Grunde witzlos, daher brauche ich es hier genauso wenig zu präsentieren, wie das der beiden parallelen Outputs aus einem Kanal: Es gibt einfach keinen wahrnehmbaren Unterschied. Die Hochfrequenzfilterung arbeitet ebenfalls perfekt: Mobiltelefon, DECT-Telefon, Neonröhre und Konsorten vermochten es nicht, irgendetwas Hörbares in den Signalweg des VSR einzuschleusen. Keine Chance!

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Ihr seht, so richtig viel zu berichten gibt es nicht über einen Preamp, der sich so durchsichtig macht, wie es die heutige Technik eben zulässt. Es gilt aber –im Grunde stellvertretend für andere, ähnlich cleane Vorverstärker – eine Grundsatzfrage zu klären: Natürlich kann man für knapp 3000 Taler auch fünf achtkanalige Preamps mit einer üppigen Ausstattung kaufen, doch wer einen wirklich außergewöhnlich cleanen Stereo-Vorverstärker sein Eigen nennen möchte, wird sich für eine derartige Qualität in diesem Preissegment umschauen müssen. Die auch im Bereich der U-Musik gerne verwendeten Clean-Amps wie jene von Avalon, Massenburg und Prism Sound sind auch nicht wirklich günstiger, somit kann man den Preis des VSR nicht als “esoterisch” abtun. Man muss allerdings immer wissen, ob einen ein wirklich so unfassbar linear arbeitender Mikrofon-Vorverstärker bei der Arbeit weiterbringt. Erst einmal kann ein derartiges System nur in einer entsprechenden Kette aus Raum, Instrument, Instrumentalist, Kabel, Wandler, DAW und nicht zuletzt Abhöre (damit man ausreichendes Feedback über das bekommt, was man da gerade tut) seine Vorzüge ausspielen. Und: Sicher habe ich mit einem sauber und schnell übertragenden Amp ideale Ausgangsvoraussetzungen, den Klang im Anschluss zu verändern, aber in vielen Musikrichtungen wird sowieso an den meisten Signalen gebogen und verändert, was das Zeug hält. Schlecht oder ungeeignet ist der Schoeps dennoch in keinem Fall, doch die besten und teuersten Reifen und Felgen machen aus einem Fiat noch keinen Maserati und aus einem Autoproll noch keinen professionellen Rennfahrer.

Mag man nach Musikrichtungen gehen, bleibt festzuhalten: Für Klassikaufnahmen ist Schoeps’ VSR schlicht und einfach der Amp. Für Jazz, World/Ethno, hochwertige Geräuschaufzeichnungen und dergleichen ist er ebenfalls ideal. Für die meisten anderen Anwendungen ist der VSR ein wirklich traumhafter Verstärker, dessen Anschaffung man aber natürlich gründlich abwägen sollte: Schließlich ist es viel Geld. Wer aber gute Mikros sowie einen tollen Raum hat und darin zum Beispiel vom Schlagzeug Ambient-Signale oder eine gute Akustik-Gitarre aufnehmen will, sollte sich auch aus einem anderen Grund sehr gut überlegen, ob er sich den Schoeps wirklich zum Test kommen lässt. Denn es ist Vorsicht geboten: Ich zum Beispiel will mein Testgerät nämlich eigentlich nicht wieder hergeben…

Im Kindesalter fiel es mir nie sonderlich schwer, Punkte für einen Wunschzettel zusammenzutragen. Der VSR macht es mir allerdings nicht leicht. Ich habe mich eingangs des Praxisteils ja schon im Detektiv-Kostüm daran versucht, Schwachstellen zu finden. Nun, in größeren Setups würde man sich möglicherweise eine Remote-Funktion zur Ermöglichung kurzer Wege mit dem Mikrofonsignal wünschen, auch ein zuschaltbares Peak-Hold wäre keine dumme Idee. Allerdings ist ja von Schoeps zu hören, dass man mit dem VSR 5 ganz bewusst einfach einen hervorragend arbeitenden Mikrofon-Vorverstärker mit den essentiellen Bedienelementen schaffen wollte. Und das ist gelungen, Chapeau!

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Ich war geneigt, diesen Testbericht schlichtweg leer zu lassen und einfach fünf Sterne zu vergeben. Das hätte zwar Ärger mit unserem Chefredakteur gegeben, doch durchaus den Nagel auf den Kopf getroffen. Dieser Amp ist einfach “nicht da”, natürlich im positiven Sinne. Wie man es von deutschem High-End erwarten kann, haben Schoeps nicht einfach mal eben irgendeinen Preamp auf den Markt geschmissen, weil sich da auch was verdienen lässt, sondern der Audiowelt wieder einmal ein nahezu unfassbares Produkt beschert. Bezüglich Transparenz, Schnelligkeit, Preis-Leistungsverhältnis und eigentlich allen weiteren Parametern setzt der Hersteller aus Karlsruhe nicht nur einen verhaltenen Paukenschlag, sondern lässt quasi ein wahres Gewitter los. Die wenigen “mikrofeinen” Kritikpunkte haben es nicht einmal im Ansatz bis in die Contra-Liste geschafft. Um alles in zitierfähiger Form zusammenzufassen: Wo der Schoeps VSR ist, ist oben. Punkt.

Unser Fazit:
5 / 5
Pro
  • äußerst transparent und schnell
  • absolut linear und charakterlos
  • rauscharm
  • phänomenales Channel-Matching
  • HF-Filter funktionieren hervorragend
  • sehr saubere HP-Filter
  • zwei parallele Outputs
  • Memory-Funktion einiger Bedienelemente
Contra
Artikelbild
Schoeps VSR 5 U Test
Für 3.498,00€ bei
…eigentlich "nicht da": der Schoeps VSR 5 U
…eigentlich “nicht da”: der Schoeps VSR 5 U
Technische Daten
  • Stereo-Mikrofonvorverstärker
  • Phantomspeisung: +48 Volt mit Auto-Mute
  • Phaseninvertierung
  • Mute
  • 12 dB/oct HPF bei 40, 80 oder 120 Hz
  • Gain von 0 bis 60 dB in 3dB-Schritten schaltbar
  • maximaler Outputpegel: 28,5 dBu
  • THD+N bei 1 kHz: 0,0006 %
  • Frequenzgang: 2,5 Hz bis 400 kHz (-3 dB), 12 Hz bis 90 kHz (+/-0,1 dB)
  • Rauschen: -130,6 dBU (A-bewertet)
  • HF-Filter: 3 MHz bis 1 GHz
  • Phasendifferenz L/R von 5 Hz bis 10 kHz: 0,0%, bei 200 kHz: 0,2%
  • Pegelanzeige -48 dBr bis +9 dBr in 3dB-Schritten, Clip bei +15 dBr
  • Ground-Lift
  • je Kanal zwei XLR-Ausgänge, elektronisch schwebend symmetriert
  • Netzspannung 94 bis 250V~ (50 bis 60 Hz)
  • 19”, 2 HE
  • Gewicht: 4,7 kg
  • Preis: EUR 2949,- (UVP)
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