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Hagstrom Viking IIP Test

Gitarre Nummer drei in unserem Testmarathon ist die Viking IIP, ebenfalls ein Klassiker, der schon in den 60ern gebaut wurde. Hierzu gibt es eine nette Anekdote: Als Elvis (Presley) 1968 sein Comeback TV-Special aufnahm, fand der Regisseur ihn in seinem schwarzen Leder-Outfit etwas zu monoton, immerhin wurde die Sendung in Farbe aufgenommen und ausgestrahlt – damals noch etwas Besonderes. Zufällig stand auf der Bühne eine rote Hagstrom Viking herum, die Elvis sich einfach um den Hals hängte und damit tatsächlich ultracool aussah. Keine Frage, dass die Gitarre anschließend zum Verkaufsschlage wurde.

Auch so kann es also gehen. Ob unser Testobjekt, die Viking IIP, zu mehr taugt als zum umhängbaren Modeaccessoire für Sänger? Wir sind gespannt.

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Details

Korpus
Semiakustik ist das Stichwort und die eindeutigen und legendären Vorbilder kennt jeder. Auch Hagstrom hat immer wieder über den Teich geschaut und sich inspirieren lassen, letztlich aber die eigene Suppe gekocht. Die heutigen Viking Modelle sind in der Korpusform in groben Zügen einer ES-335 nachempfunden, also einer semiakustischen Gitarre mit dünnem Body und zwei Cutaways. Der optische Unterschied zwischen Viking und Viking II liegt in der Kopfplatte: Die Viking kommt im Hagstrom-Standard mit drei Mechaniken auf jeder Seite, die Viking II mit allen auf einer Seite, also eher im Fender Look. Von Gibson gab es ein ähnliches Modell (Trini Lopez), das bevorzugt von Herrn Dave Grohl bei den Foo Fighters benutzt wird.
Jetzt aber zurück zum Thema. Unser Testmodell hat einen Korpus aus fünf Lagen gepresster Linde und ist in Vintage Sunburst lackiert, alternativ aber auch in Black Gloss erhältich. Das Vintage Sunburst ist transparent, die Maserung des Holzes ist also noch deutlich sichtbar. Auch die Rückseite trägt den gleichen Farbton und ist nicht einfarbig lackiert wie bei manch anderem Hersteller.

Die Gitarre hat ein cremefarbenes Binding an Korpus-Vorder- und Rückseite, passend zum kleinen Kunststoffschlagbrett im gleichen Farbton. Der Korpus ist leicht gewölbt und besitzt auf der Vorderseite standesgemäß zwei F-Löcher. Ein nicht sichtbares, aber trotzdem wichtiges Detail ist der Sustainblock, der bei den Gibson-orientierten Semiakustik-Gitarren vom Hals bis zum Korpusende reicht. Er fällt in unserem Fall etwas kürzer aus und läuft vom Hals bis zum Steg. Dadurch hat die Gitarre mehr Resonanzraum, schwingt etwas stärker und geht in Bezug auf Ansprache und Toneigenschaft schon mehr in Richtung Akustikgitarre. Zwei Fliegen mit einer Klappe hat man bei der Anbringung des Gurtpins geschlagen. Einer befindet sich wie gewohnt an der Zarge, ein anderer dient als Schraube gleichzeitig der Befestigung des vierfach verschraubten Halses. Eine Hagstrom Tune-O-Matic Bridge mit Stop Tailpiece garantiert eine gute Übertragung der Saitenschwingungen auf den Korpus.

Pickups
Die Viking IIP kommt mit zwei H-90 Pickups, die im Metallrahmen befestigt sind. Die Kappen sind mit Nickel überzogen und die Pickups haben eine Größe von 35 x 85 mm. Angewählt werden sie über einen 3-Wege-Toggle-Switch, mit dem die üblichen Kombinationen von Hals-, Hals-& Steg-, Steg-Pickup möglich sind. Geregelt wird mit vier Potis, zweimal Lautstärke und zweimal Klang.  

Hals
Die Viking IIP ist mit einem Ahornhals (628mm Mensur) ausgestattet, auf den ein Griffbrett aus Resinator-Wood aufgeleimt wurde. Diese Holzart, die bei allen neuen Hagstrom-Gitarren eingesetzt wird, besteht aus mehrschichtigen Holzblättern, die unter Vakuum gegeneinander verleimt werden. Es besitzt eine ähnliche Dichte wie Mahagoni und ist laut Hersteller wesentlich stabiler als andere Holzarten. Außerdem hat es ein sehr gutes Schwingungs- und Obertonverhalten. Auch der H-Expander-Halsstellstab ist mit an Bord, er sorgt für Stabilität und soll allen witterungsbedingten Einflüssen die Stirn bieten. Das Griffbrett ist mit 22 Jumbo-Bünden bestückt, die gut abgerichtet und poliert für saubere Intonation und angenehmes Bending sorgen.

Die Einstellung von Hals und Saitenlage ist ab Werk sehr gut, das Greifgefühl bestens. Der Hals (Standard D-Profil) liegt entspannt in der Hand, der lackierte Halsrücken bremst kaum und die hohen Lagen sind durch die Verbreiterung am 17. Bund noch ohne Umgreifen des Daumens erreichbar. Der schwarze Graph-Tech-Sattel besteht aus einem Verbundstoff mit Teflon-Bestandteilen und ist dadurch sehr glatt, was der Stimmstabilität sehr zugutekommt, denn bei Bendings oder leichten Vibratos gleitet die Saite durch die Sattelkerbe und bleibt nicht hängen. Vom Sattel aus laufen die Saiten gerade zu den Mechaniken im alten Hagstrom-Stil, die sich alle auf einer Seite der Kopfplatte befinden. Diese 15:1 Mechaniken funktionieren bestens ohne tote Punkte beim Drehen – für gute Stimmung ist also gesorgt.

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Praxis/Sound

Damit ihr die unterschiedlichen Gitarren aus dem Hagstrom Testmarathon optimal vergleichen könnt, haben wir die Instrumente in verschiedenen Disziplinen getestet und auch die Hörbeispiele bei allen Gitarren mit demselben Amp und identischer Einstellung aufgenommen.
Clean
Der H-90 verleiht der Gitarre einen kraftvollen Auftritt, was natürlich sehr gut zur semiakustischen Bauweise. Passt. Die Viking IIP klingt dadurch mit dem Hals-Pickup fetter als zum Beispiel die F200P. Der Bassbereich ist richtig massiv, während die Höhen in dieser Einstellung eher dezent vertreten sind. So lassen sich weich klingende Jazz-Begleitungen oder auch Fingerpickings mit solidem Fundament sehr gut realisieren. Der Steg-Pickup kommt etwas knackiger zur Sache, hier sind schon mehr Höhen am Zug. Nimmt man die Kombination aus beiden Pickups, so erhält man einen angenehmen Zwischenpositions-Sound, gut für attackreiche Strummings.

Audio Samples
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Clean 1 – Hals-Pickup Clean 2 – Mid Clean 3 – Steg-Pickup

Crunch
Die beiden H-90 Tonabnehmer kommen in Fahrt. Bei angezerrten Sounds ist es ein Vergnügen, mit dem Instrument zu spielen, vor allem wegen der guten Interaktion, denn die Pickups bringen wirklich jede Farbe des Anschlags ans Tageslicht. Der Halspickup hat schon ordentlich Dampf, fährt deshalb den Amp bereits satt in die Zerrung, klingt angenehm brillant und dadurch auch sehr durchsetzungsfähig. Mit dieser Gitarre hat man im Bandgefüge die besten Karten, gehört zu werden. Der Stegpickup erzeugt einen härteren Ton, der zwar bissig klingen kann, aber sich bei leichtem Anschlag recht zahm gibt und doch brillant rüberkommt. Hier werden sich Klangpuristen und Bluesfans besonders wohl fühlen.

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Crunch 1 – Hals-Pickup Crunch 2 – Steg-Pickup

Mid Gain
In der nächsten Kategorie wird eine Schippe draufgelegt und der Dampfdruck im Kessel erhöht. Mittlere Verzerrung ist angesagt und wir wollen sehen, was die H-90 Pickups in diesem Genre zu melden haben. Die Viking IIP klingt etwas dezenter als ihre Kollegin (F200P), die ebenfalls mit diesem Pickup-Typ bestückt ist. Hier kommt die Semiakustik-Bauweise zum Tragen, was natürlich nichts Negatives zu bedeuten hat, denn es ist einfach nur ein anders gefärbter Klang, der mir persönlich sehr gut gefällt. Durch die transparente Tonwiedergabe hat man auch hier die Möglichkeit, durch unterschiedlich gestaltete Anschläge großen Einfluss auf den Klang zu nehmen. Die H-90 Pickups kitzeln eine ordentliche Verzerrung aus dem Amp, die einem Humbucker in (fast) nichts nachsteht – von schwachem Single-Coil-Output also keine Spur.

Audio Samples
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Mid Gain

Dynamische Ansprache und Wiedergabe
Weiter geht es mit der Überprüfung der dynamischen Bandbreite. Wir werden tesetn, wie weit der Anschlag über die Pickups an den Amp transportiert wird, ob ab einem gewissen Punkt die Anschlagsdynamik leidet oder das Signal komprimiert und somit verändert ankommt. Bei der Viking IIP muss man in diesen Disziplinen keine Bedenken haben – hier wird alles bestens übertragen. Die H-90 haben zwar einen hohen Output, aber man kann absolut leise spielen, bzw. der leichte Anschlag wird auch entsprechend leise wiedergegeben. Auch alle weiteren Spiel-Nuancen werden 1:1 an den Amp weitergereicht. Das macht richtig Spaß. Den Beweis gibt’s im nächsten Hörbeispiel, bei dem ich stetig immer härter anschlage.

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DynaPick

Regelweg des Volume-Potis
In der nächsten Kategorie wird der Regelweg des Volume-Potis untersucht. Hier geht es darum, den Verzerrungsgrad über den Volume-Regler zu steuern. Der Amp wird auf Zerrsound eingestellt und die Verzerrung sollte weniger werden, wenn der Volume-Regler zurückgedreht wird. Bei der Viking IIP geht der Zerrgrad nicht so weit herunter wie zum Beispiel bei der F200P, die ja mit den gleichen Pickups bestückt ist. Bei einer Einstellung von ca. ´4´ an der Gitarre ist der Sound noch leicht am Zerren. Die Bandbreite ist zwar nicht so groß, aber noch völlig im positiven Bereich.

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Dyna Poti

Wirkungsbereich des Tonreglers
An den nächsten Regler stellen wir die Frage, wie weit er den Klang modifizieren kann. Wie schon bei den anderen Hagstrom-Gitarren liefert auch er die besten Voraussetzungen für das Finetuning des Sounds. Das Tone-Poti senkt ab ca. 2 kHz breitbandig und stark ab, sodass muffige Zerrsounds auf jeden Fall möglich sind. Der Regelweg ist relativ linear, die Feinabstufungen sind somit gut einstellbar. Ihr hört als Nächstes ein Beispiel, bei dem ich zuerst den Tonregler komplett ab- und dann voll aufgedreht habe.

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Tone

Metal Sound
Auch bei den etwas härteren Sounds kann die Wikingergitarre gut mithalten. Durch die hohe Ausgangsleistung der Pickups werden auch sägende Metalsounds mit Druck erzeugt. Allerdings hat man auf der Bühne bei vollem Lärm und Licht etwas Probleme mit dem Einstreuungsverhalten, das bei den H-90 zwar wesentlich dezenter ausfällt, als bei den meisten anderen Singlecoils, aber dennoch vorhanden ist.

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Metal
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Die Viking IIP macht einen sehr guten Eindruck! Erst einmal ist alles wirklich tadellos verarbeitet, die Mechaniken funktionieren einwandfrei, der Sattel sitzt perfekt und die Bünde sind sehr gut eingesetzt und abgerichtet. Die Bespielbarkeit des Halses mit seinem angenehmen D-Prof ist ebenfalls bestens, auch ein Resultat der optimalen Einstellung von Hals und Saitenlage schon ab Werk. Die semiakustische Bauweise harmoniert ausgezeichnet mit den verbauten H-90 Single-Coils, die mit so viel Dampf arbeiten, dass man kaum glauben kann, hier einspulige Pickups vor sich zu haben. Die Tonübertragung ist sehr detailliert, sodass Klangpuristen ihre wahre Freude an diesem Instrument haben werden. Die Gitarre hat einen eigenständigen Charakter und ist in allen Musikbereichen einsetzbar. Das Preis-Leistungsverhältnis ist sehr gut.

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • Pickups – Ausgangspegel und Tonwiedergabe
  • Bespielbarkeit
  • werkseitige Voreinstellung von Hals und Saitenlage
  • Ansprache und Sustain
  • Verarbeitung
Contra
Artikelbild
Hagstrom Viking IIP Test
Für 358,00€ bei
Technische Daten Hagstrom Viking IIP
  • Hersteller: Hagstrom
  • Model: Viking IIP
  • Finish: Vintage Sunburst
  • Korpus: Linde
  • Hals: Ahorn
  • Profil: Standard D
  • Griffbrett: Resinator-Wood
  • Halsbr. Sattel: 43 mm
  • Halsbr. 12.Bd.: 53 mm
  • Halsdicke 5. Bund: 23 mm
  • Mensur: 628 mm
  • Bünde: 22
  • Mechaniken: Hagstrom 15:1
  • Pickups: 2x Hagstrom H-90
  • Regler: 2x Volume, 2x Tone
  • Brücke: Long Travel Tune-O-Matic Bridge mit Stop Tailpiece
  • Preis: 499,00 Euro UVP
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Profilbild von olaf70

olaf70 sagt:

#1 - 23.02.2014 um 15:29 Uhr

0

Ich kann das Review nur bestätigen. Der Sound und der Preis sind sensationell.

Profilbild von Mortadelo

Mortadelo sagt:

#2 - 29.11.2023 um 10:54 Uhr

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Absolute Spitzengitarre, unschlagbar für den Preis. Spiele meine seit 7 Jahren, immer noch top, war nie in der Werkstatt.

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