Steinberg UR824 Test

Steinbergs Audiointerfaces der UR-Serie sind günstig und für jeden Anwendungszweck gibt es das passende Modell mit ausreichend I/Os. Wir schauen uns heute das Flaggschiff UR824 an.


Seine Preamps nennt Steinberg D-PRE, entwickelt wurden sie vom Mutterkonzern Yamaha. Das kleinste Interface hört auf den Namen UR12 (2-In/2-Out, 1xPre), es folgen das UR22 (2-In/2-Out, 2xPres), UR242 (4-In/2-Out, 2xPres), UR44 (2-In/4-Out, 4xPres) und schließlich das UR28M (6-In/8-Out, 2xPres). 
Die Nomenklatur ist klar: Ziffer 1 verrät die Anzahl der Preamps und Ziffer 2 die Anzahl der Ausgänge. So wären auch schon die wichtigsten Features unseres Testkandidaten geklärt, dem größten Interface in Steinbergs Portfolio. Darf ich vorstellen: Das UR824, 8 D-PREs und 24 I/Os.

Details

Allgemeines

Das Steinberg UR824 ist ein USB2-Interface mit 24 Ins und ebenso vielen Outs für PC (32 Bit und 64 Bit, ab Win 7) und Mac (ab OS X 10.9.5). Das robuste und einfach gehaltene Stahlblechgehäuse misst 19 Zoll in der Breite und belegt eine HE im Rack. Es wiegt rund 3 kg und ist 25 cm tief. Das UR824 tastet mit maximal 24 Bit und 192 kHz ab, bietet acht Yamaha D-PRE Class-A Vorverstärker und hat einen latenzfreien DSP-Mixer inklusive proprietärer Effekte an Bord. 

Fotostrecke: 3 Bilder Das UR824 ist mit reichlich Preamps gesegnet. Zwei finden sich auf der Front …

Acht Preamps, acht Gain-Regler

Bevor wir uns auf die inneren Werte konzentrieren, wollen wir die Anschlüsse inspizieren: Das Interface bietet acht Preamps, welche mit XLR/TRS-Combo-Buchsen ausgestattet sind und bis zu 60 dB maximalen Gain liefern. Davon befinden sich zwei auf der Front und bieten einen High-Z-Mode mit angepasster Impedanz für Instrumente wie E-Gitarre oder Bass. Die restlichen sechs Combo-Buchsen liegen auf der Rückseite.
Jeder Preamp verfügt über eine Pad-Funktion zur Signalabschwächung, einen analogen Gain-Regler und eine Signal/Peak-LED. Damit lassen sich auch viele Mics gleichzeitig und komfortabel am Gerät pegeln – sehr schön. Die Phantomspeisung kann paarweise über beleuchtete 48-V-Taster zugeschaltet werden

Fotostrecke: 2 Bilder Die Front Preamps sind auch mit High-Z für Instrumente ausgestattet …

Main-Volume-Regler und zwei Headphone-Outs

Auf der Front gibt es eine Ausgangssektion mit zwei getrennt adressierbaren 6,35-mm-Kopfhörerausgängen (Mix 1 – 4) mit separatem, analogem Lautstärkeregler. Die Zuweisung erfolgt etwas umständlich über die DSP-Software.
Ein großer Output-Level-Regler sorgt dafür, dass sich aktive Lautsprecher direkt anschließen lassen. Den Monitorweg dürfe wir in der Software frei definieren, sodass auch mehrere Ausgänge gleichzeitig geregelt werden können, was Surround-Freunde begeistern sollte. Ein Umschalten zwischen mehreren Monitor-Paaren ist indes nicht vorgesehen.
Die acht Status-LEDs der Vorderseite verraten uns, welche Clock-Source und Samplerate aktiv ist. Separate Lämpchen für 176,4 kHz und 192 kHz fehlen, doch die Lösung ist denkbar einfach: In beiden Fällen leuchten zwei LEDs gemeinsam, sprich 88 kHz und 44 kHz bzw. 96 kHz und 48 kHz.

Die schwarz-abgesetzte Sektion beinhaltet die beiden HP-Outs und die Status-LEDs sowie den Main-Volumen-Regler.

Rückseite mit analogen und digitalen Anschlüssen

Über die acht analogen Eingänge, alle mit Preamps ausgestattet, haben wir uns bereits unterhalten. Rückwärtig gibt es ebenfalls acht analoge +4dBu-Ausgänge, allesamt mit symmetrischen 6,35-mm-TRS-Buchsen („große Stereoklinke“) versehen. 
Dazu gesellen sich zwei ADAT-Pärchen, sprich vier Lightpipe-Buchsen. Es lassen sich digital also 16 weitere Ins und Outs mit 48 kHz Samplerate ergänzen. Wird die Samplerate verdoppelt, halbiert sich jeweils die Kanalanzahl, es ist also SMUX 2 und SMUX 4 möglich. Die Lightpipes verdauen außerdem optisches S/PDIF. Vom Computer hin und zurück gibt es jeweils 24 Kanäle, die beiden Kopfhörer-Ausgängen können bei Ausschöpfung aller I/Os also nicht mehr getrennt angesprochen werden.

Fotostrecke: 4 Bilder Auch digital hat das UR824 einige zu bieten: 2 ADAT I/Os inklusive WC-Out und variablen Wordclock I/O.

DSP-Mix-FX

Dank des eingebauten DSP-Chips lassen sich Ein- und Ausgangssignale nicht nur latenzfrei vorhören und beliebig über die vier Sub-Mixer mischen, sondern auch mit Effekten belegen. 
Der „Sweet Spot Morphing Channel Strip“ ist ein Multieffekt, bestehend aus Kompressor und EQ, der mit eine Art Makro-Regler ausgestattet wurde. Dieser erlaubt es, die Intensität mehrerer Parameter gleichzeitig zu steuern. Das erleichtert die Bedienung und ist gerade für Einsteiger zu begrüßen. Es lassen sich acht Instanzen des Channel-Strips öffnen. 

Fotostrecke: 12 Bilder Die DSP-Console des UR824 …

Lieferumfang und weitere Software

Neben dem Netzteil, einer Treiber-CD und dem gedruckten, mehrsprachigen Getting-Started-Guide umfasst der Lieferumfang ein USB-Kabel inklusive Mantel-Filter. Zusätzlich zur DSP-Software und ihren Effekten gibt es einen Beipackzettel mit einer Cubase-AI-Lizenz. Grundsätzlich ist damit alles am Start, um mit den ersten Aufnahmen beginnen zu können.

Der Lieferumfang des UR824: Netzteil, USB-Kabel inklusive Mantel-Filter, Lizenz-Kärtchen, Treiber-CD und Quick-Start-Guide.

Praxis

Latenz und Performance

Das Interface ist problemlos installiert und das Firmware-Update im Nu aufgespielt. Auf meinem Mac hatte ich keine Probleme mit der Performance, etwas störrisch zeigte sich das Interface aber beim Samplerate-Wechsel unter OSX. Mit einer globalen Latenz von 9,18 (29,5) ms bei 44,1 kHz und 64 (512) Samples in Ableton Live ist das Interface allerdings wirklich nur noch mittelmäßig.

Detailliertes Handbuch

Gedruckt liegt dem Interface ein Quick-Start-Guide bei. Das Handbuch findet man als PDF auf CD und auf Deutsch auch hier. Letzteres darf gelobt werden, da es das Interface sehr umfangreich und detailliert erklärt, sodass auch Einsteiger verständlich an die Thematik herangeführt werden. Da kann man den Autoren den einen oder anderen Schwulst gerne nachsehen.

Klangqualität

Die Ausgangswandler klingen gut und differenziert, auch die Preamps liefern neutralen Sound. Mit +44 dB Gain gehören sie allerdings nicht zum Lautesten am Markt. In Anbetracht des günstigen Preises für das ansonsten ziemlich umfangreich ausgestattete Interface ist das aber okay. Aber hört selbst.

Audio Samples
0:00
Acoustic – Stereo Acoustic – C414 Acoustic – SM57 Shaker – Stereo Shaker – C414 Shaker – SM57 Bass – DI

Heaphones-Out und Routing

Die Kopfhörer-Ausgänge klingen nicht ganz so hochwertig und neigen zur leichten Komprimierung bei höheren Pegeln. Etwas umständlich gelöst finde ich die Belegung der Kopfhörer über die Submixe 1 – 4 der DSP-Software. Hinzu kommt, dass für sie keine zusätzlichen USB-Streams zur Verfügung zu stehen. Bei Vollbelegung der Ausgänge (Analog 1 – 8, ADAT 1 und 2) können die Kopfhörer also nicht mehr individuell belegt werden.
Weiterhin zu bedenken, wenn man externes Outboard-Equipment nutzen möchte: Es gibt keinen Gain-Link und auch keine fix definierten Level, beispielsweise +4 dBu bzw. -10 dbV. Das Einpegeln von Stereo-Signalen wird also etwas umständlich.

DSP-MIX-EFX und Cubase-Integration

Die Konsole bietet alle wichtigen Mix-Funktionen, vier verschiedener Submixe inklusive. Das sollte ausreichen! Die DSP-Effekte sind nett, aber kein Alleinstellungsmerkmal. Ich persönlich habe sowas, abgesehen von Reverbs auf dem Monitor-Weg, auch noch nie praktisch genutzt. Warum auch, besser ist es, sich alle Optionen bis zum Ende offen zu halten. Trotzdem klingen die Amps ziemlich gut, vor allem der Drive Amp bietet reichlich Optionen. Hören wir uns diese Effekte einmal an: 

Audio Samples
0:00
Clean -DRY DSP – Clean Chorus – DRY DSP – Clean Chorus Drive Modern – DRY DSP – Drive Modern2 Drive Raw – DRY DSP – Drive Raw1 Lead – DRY DSP – Lead Low Crunch – DRY DSP – Crunch

Etwas umständliches Routing 

Es gibt zwar die Möglichkeit, die DSP-Effekte nur für das Monitoring zu nutzen und die unbearbeiteten Signale aufzunehmen – und das ist gut. Unbearbeitetes und bearbeitetes Material gleichzeitig aufnehmen kann man hingegen nicht, auch das „unkomplizierte“ „Re-Amping‟ von DI-Signalen per DSP-Amp funktioniert nicht. Für meine Audiobeispiele habe ich deshalb etwas umständlich eine Kabelschleife über die ADAT-I/Os bilden müssen. 
Was ebenfalls nervt: Wenn man die Effekte ein und ausschaltet, verliert man alle Einstellungen. Etwas störend finde ich auch die die kleine, etwas hakelige GUI des DSP-Mixers. Grundsätzlich ist zwar alles erkennbar, eine Zoom-Funktion hätte aber sicherlich nicht geschadet. 

Fotostrecke: 2 Bilder Die Bedienung des Interfaces aus Cubase heraus.

Kleine Extras

Um das Interface auch für Podcast und ähnliche Live-Übertragung zu nutzen gibt es eine sogenannte Loopback-Funktion, welche die Eingangssignale (Line, Gitarre, Mic usw.) und die softwareseitig wiedergegebenen Audiosignale auf zwei Kanäle im UR824 mischt und dann zurückspielt, sodass der Computer dieses Signal für die Live-Übertragung bereit stellen kann. 

Fazit

Das Steinberg UR824 ist ein solides, gutes Interface mit praxisgerechter Ausstattung und reichlich Preamps. Es ist ein echter Allrounder, die Schwachpunkte kann man in Anbetracht des mittlerweile äußerst günstigen Straßenpreises getrost vernachlässigen. Gerade für Cubase-Anwender ergeben sich gute Synergie-Effekte durch die tiefergehende Einbindung in die DAW. Bessere Interfaces mag es durchaus geben, die sind aber deutlich teurer oder mit deutlich weniger Anschlüssen gesegnet.

Pro
  • Acht gute Vorverstärker
  • Zwei Kopfhörerausgänge
  • DSP-Mixer inkl. Effekte
  • Robuste Verarbeitung
  • Preis-Leistungs-Verhältnis
Contra:
  • Latenz
  • DSP-Mixer-Handling
  • nur ein Monitorpaar definierbar
  • etwas schwacher Kopfhörerverstärker
Features
  • 24 Bit/192 kHz
  • 8 analoge Ein- und Ausgänge
  • 8 Class-A-Mikrofonvorverstärker mit 48-V-Phantomspeisung
  • Latenzfreies, DSP-gestütztes Monitoring mit einem REV-X Reverb und 8 Channelstrips
  • 8 x XLR/Klinke-Kombi-Eingang Mic/Line
  • 2 x Hi-Z-Eingang
  • 8 x Line-Out 6,3-mm-Klinke
  • 2 x ADAT I/O
  • 2 x Kopfhörerausgang
  • Word Clock I/O mit 2 BNC Anschlüssen sowie JetPLL Unterstützung
  • USB 2.0 Anschluss
  • Inkl. Cubase AI6 Software
Preis:
  • 849,- € (UVP)
Unser Fazit:
3,5 / 5
Pro
  • Acht gute Vorverstärker
  • Zwei Kopfhörerausgänge
  • DSP-Mixer inkl. Effekte
  • Robuste Verarbeitung
  • Preis-Leistungs-Verhältnis
Contra
  • Latenz
  • DSP-Mixer-Handling
  • nur ein Monitorpaar definierbar
  • etwas schwacher Kopfhörerverstärker
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Steinberg UR824 Test
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Profilbild von Shane McGill

Shane McGill sagt:

#1 - 29.07.2016 um 15:37 Uhr

0

"Mit +44 dB Gain gehören sie allerdings nicht zum Lautesten am Markt. In Anbetracht des günstigen Preises für das ansonsten ziemlich umfangreich ausgestattete Interface ist das aber okay."44db gain ist in meinem buch ein Riesen Negativ und der Preis ist alles andere als günstig.Man kann diesen testbericht daher als 'gesundbeten' beschreiben.

    Profilbild von Chris Shelby

    Chris Shelby sagt:

    #1.1 - 13.06.2019 um 16:35 Uhr

    0

    Das mit den +44dB hat mich auch gewundert in dem Test. Habe aber mal in den Quick Start Guide, und ins Operation manual geschaut, und siehe da, es stimmt auch nicht: Das max. Gain ist 60dB!(44dB ist nur der Unterschied zwischen der Minimal- und der Maximalstellung des Gain-Reglers, aber bei Minimalstellung hat man halt schon 16dB Gain, wie man auch im Blockdiagramm sieht. All das gilt für Mikrofon (nicht Hi-Z), und ohne Pad natürlich.)Und wer sich für das kleinere UR44 interessiert: Dieses hat 52dB max. Gain, was dann vielleicht schon eher nicht ganz optimal ist.Wäre gut, wenn der Testbericht angepasst werden könnte, weil das UR824 ist ja immer noch aktuell.

    Antwort auf #1 von Shane McGill

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