Native Instruments Maschine+ Test

Maschine+ wurde insgeheim schon lang erwartet – Native Instruments konnte das reale Geheimnis der neuen Stand-alone-Maschine aber ziemlich gut für sich behalten, denn zwischen dem kürzlichen Leak, einer schicken 1:1-Präsentation in den Kung Fu Studios und meinem Test lagen nur wenige Tage. 

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Maschine+ ist nun ein voller Konkurrent zur MPC-Serie, deren Software MPC Beats es mittlerweile sogar kostenlos gibt. Und wenn dies auch kein echter Vergleich werden soll, wollen wir dennoch ein paar grundlegende Unterschiede ansprechen.

Details

What it is

Native Instruments Maschine+ ist die Stand-alone-Version der Maschine MK3 und somit Groovebox, Drum Machine, Sampler und Sequenzer in einem. Maschine+ unterscheidet sich kaum vom Workflow einer Maschine MK3 – abgesehen davon, dass man eben keinen Computer mehr braucht und dadurch auch auf die Unterstützung von großem Bildschirm, Maus und Tastatur verzichten muss – der alte „Controller-Workflow“ wird somit zum Diktat.
Einen Computer gibt es trotzdem, nur eben ins Gehäuse eingebettet. Und darauf läuft “Maschine OS“ bei 44,1 kHz auf einer Quadcore CPU, mit 4 GB Ram sowie 32 GB Flash-Speicher. Als zweiter Festspeicher dient ein SD-Card-Slot inklusive mitgelieferter 64 GB Micro-SD-Card und passendem Adapter – für Content und Co. versteht sich.

Fotostrecke: 2 Bilder NI Maschine+ sieht der MK3 abgesehen vom Metal-Gehäuse – sehr ähnlich…

Solidere Hardware im Vergleich zur MK3

Formfaktor und Layout der neuen Maschine+ sind identisch zur MK3, lediglich winzige Unterschiede wie etwa der grün-rot-orangefarbene Power-Button (FILE/SAVE) und die zusätzliche CLIP Beschriftung unter PATTERN fallen auf. 
Die Displays sind ebenfalls gleich, weiterhin ohne Touch und soweit okay. Das Gehäuse ist nun aber aus Metall, solider sowie hochwertiger und mit 2,5 kg Gesamtgewicht gerade mal 300 g schwerer als die MK3. Die acht Encoder lassen sich wirklich einwandfrei und „smooth“ drehen, lediglich der 4D-Encoder wirkt etwas fragil. Pads und Taster sind identisch.

Leuchtet Power grün läuft Maschine+ standalone, ist die Lampe orange läuft der Controller-Mode.
Leuchtet Power grün läuft Maschine+ standalone, ist die Lampe orange läuft der Controller-Mode.

Ziemlich identische Anschlüsse

Audiomäßig gibt es rückseitig einen Line-Out, einen getrennt adressierbaren Kopfhörerausgang sowie einen Stereo-Line-In mit einfachem Preamp inklusive. Dazu kommen ein Pedal-Anschluss sowie drei Potis: einmal für Kopfhörer, einmal ein Stereo-Out sowie ein Input-Gain. Die Potis sind wie bei der MK3 auf der Rückseite platziert, was das Pegeln etwas umständlich gestaltet. Sie sind zudem leider nicht versenkbar – dafür ist der obligatorische Netzteilanschluss nun verriegelbar.
Zur Synchronisierung stehen ein DIN MIDI-I/O sowie USB-MIDI und Ableton Link zur Verfügung. Darüber hinaus kann Maschine+ als Controller mit integriertem 2-In/4-Out USB- Audiointerface bis 96 kHz verwendet werden – sie verhält sich also exakt wie eine MK3. Die bisher genannten Anschlüsse sind ebenfalls identisch.

Die Audio-Anschlüsse im Detail.
Die Audio-Anschlüsse im Detail.

Maschine+ bietet Erweiterungspotential

Eine Erweiterung mit MIDI-I/Os ist hier via USB-Typ-A möglich, wofür jedes Class-Compliant-MIDI-Interface funktionieren sollte. Maschine+ verfügt ferner über WLAN, worüber Ableton Link sowie auch die Registrierung bzw. Verbindung mit NI Access erfolgt- Damit kann der Content unkompliziert hinzugeladen werden.
Braucht man mehr Audio-I/Os, kann man an den USB aber auch EIN externes Audiointerface anschließen. Aktuell werden nur drei NI Interfaces unterstützt: Komplete Audio 1, Komplete Audio 2 und Komplete Audio 6 (mk2). Die interne Soundcard fällt bei der Nutzung externer Interfaces weg und eine Kombination von Interfaces scheint aktuell nicht möglich. Da die Plus intern bis zu acht Eingänge und 16 Audio-Anschlüssen handeln kann, sollte die Möglichkeit der Unterstützung von Interfaces anderer Hersteller bald folgen.

Der doppelte USB-A-Anschluss könnte noch echte Überraschungen bringen!
Der doppelte USB-A-Anschluss könnte noch echte Überraschungen bringen!

Gute Software, aber nicht viel Neues

Maschine+ kann als Stand-alone keine richtigen „VSTs“ laden, was bedientechnisch auch aber fragwürdig geworden wäre. Stattdessen kann man eine Art Presets ausgewählter NI Synths laden, die via Macro-Control mehr oder minder stark manipulierbar sind. Die Engine hinter dem Sound läuft dabei algorithmisch und kostet je nach Preset etwas an CPU.
Den hauseigenen Minimoog-Clone Monark kann man beispielsweise fast vollständig bedienen, alle Parameter wurden dabei über die acht Pages mit bis zu acht Encodern sinnvoll verteilt. Wenn man den Signalfluss stets vor dem inneren Auge hat, sollte es kein Problem sein, ganz eigene Sounds zu bauen. Alternativ muss man den Rechner bemühen und Presets „zurückspielen“. 

Fotostrecke: 8 Bilder Monark für Maschine+ Parameter Page 1

Mit den „abgespeckten“ Varianten von FM8, Massive, Reaktor, Monark und Prism sowie dem Bass-Synth und den Drum-Synths von Maschine kann man so bereits einiges selbst „erkurbeln“. Wer weiß, welcher Hersteller noch in Zukunft seine VSTs für Maschine+  verfügbar macht?!  
Die „Machines für externe Hardware“ (External MIDI) mit vorgemappten Encodern für neuere Drum Machines und Synths von Korg, Roland, Clavia, Moog, Elektron und Co. gibt es schon seit Maschine 2.6. Bei der jetzigen Stand-alone-Version kann man diese Funktion aber natürlich noch mehr ausreizen. Was ich mir jetzt noch wünschen würde: eine Art Auto-Sampler bzw. Sample-Robot für angeschlossene Klangerzeuger. Behringer-Presets findet man übrigens keine.

Das sind doch schon mal eine Menge wichtiger Hersteller!
Das sind doch schon mal eine Menge wichtiger Hersteller!

Hinzu kommen die bekannten „Brot und Butter“-Maschine-Effekte sowie Raum und Phasis. Die ganzen Sample-Instrumente darf man dabei natürlich nicht vergessen – als da wären: Retro Machines, Maschine Factory, Maschine+ Selection und die Expansions Deep Matter, Lilac Glare, Solar Breeze, True School sowie Velvet Lounge. Weitere „alte“ Kontakt-Instrumente sollen für Maschine+ umgemodelt werden, wann und in welchem Umfang, weiß ich nicht. 

Extras

Gutscheine für zwei zusätzliche Expansions gehören ebenfalls zum Lieferumfang. Neben dem Universal-Netzteil und einem USB-Kabel hat NI außerdem noch einen 6,3/3,5-Adapter für Kopfhörer oder Boomboxen in den Karton gepackt.

Maschine+, Netzteil, USB-Kabel und Klinke-Adapter gehören zum Lieferumfang
Maschine+, Netzteil, USB-Kabel und Klinke-Adapter gehören zum Lieferumfang

Praxis

Fully Stand-alone, really?

Ja, man kann mit Maschine+ standalone vollständige Produktionen fahren, das beweisen allein die Beispielsongs des Lieferzustandes. Die Frage, mit welchem Aufwand – Stichwort Freezing bzw. Re-Recording – das möglich ist, ist eine andere. Darum geht es aber auch nicht. NI selbst sieht die Maschine+ ohnehin als Instrument für „Leute, die spielen können“, im Studio oder eben auf der Bühne. Und das geht definitiv klar!
Externe Synths triggern, sie re-recorden, Samples manipulieren und anschließend neu performen – all das ist ohne Umschweife möglich. Viele gute Kits gibt es ebenfalls  und das Browsen ist dank der vielen Attribute super easy. Auch neue Sounds downloaden und benutzen geht dank WLAN ganz flink. Angesichts der vielen Möglichkeiten ist das insgesamt verhältnismäßig unkompliziert zu bedienen, keine Frage!

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Mehr Informationen

Einen vollständigen Mix macht man sicherlich weiterhin besser am Rechner – das geht entweder über den Stem-Export oder den Projektaustausch von Maschine+ zum Rechner mit installierter Maschine-Software, und zwar ganz unkompliziert. Projekte und Stems werden auf der Speicherkarte gesichert und konnten im Test ohne Probleme am Rechner geöffnet werden. Dazu nutzt man entweder ein zusätzliches Kartenlesegerät oder bootet Maschine+ als Kartenleser – die lässt sich dann aber übrigens nicht mehr anderweitig nutzen. 
Andersherum sieht es mit dem Projektaustausch, allein dem fehlenden VST-Support wegen, ein wenig anders auch. Disk-Streaming Support gibt es auch (noch) nicht, was Bühnenmusiker mit reichlich Playback-Bedarf stören könnte. 

Clicky Click

Für mich als DAW-Kind der ersten Stunde ist es ungewohnt, wie viele Tasten man teilweise drücken muss, um in verschiedenen Menüs rein und raus und so an wichtige Funktionen zu kommen. Alte MPC-User werden an dieser Stelle sicherlich nur müde lachen.

Fotostrecke: 2 Bilder Möchte man die Events konvetionell editieren, wünscht man sich schnell eine Maus zurück!

Den Events Mode beispielsweise, in dem man Noten eines Patterns bearbeiten kann, empfinde ich als rudimentär – zumal man den Rückzug an Rechner und Maus nicht mehr antreten kann. Noten via 4D-Encoder-Doppelklick hinzufügen oder löschen zu können, genauso wie Events auch im Pad-Mode vertikal verschieben zu können – all das wäre für die Zukunft wünschenswert. Der Step-Mode ist dafür keine richtige Alternative, auch wenn er an sich cool ist.
Explizit positiv hervorheben möchte die Tatsache, dass es möglich ist, Events im Pad-Mode transponieren zu können, ohne dass sich deren Position im Grid ändert – für Freunde der melodiösen Kick, Snare und Hi-Hat ein wahrer Segen, da so auch der vertrackteste Beat optisch übersichtlich bleibt. Generell empfinde ich visuelle Rückmeldungen – insbesondere die vielen zusätzlichen Displayinformationen – gut gemacht und übersichtlicher als bei einer der neuen MPCs. Ist aber sicherlich alles auch Gewöhnungs- und Geschmacksache. 

Performance

Das geschlossene System fühlte sich rasch arbeitend an und die Ladezeiten sind nicht anders als bei der Desktop/Controller-Version im Verbund mit einem modernen Rechner und SSDs. Der Boot-Vorgang dauert keine 20 Sekunden! Hier und da hat sich Maschine+ aber auch mal aufgehängt und das Projekt gefressen, typische Kinderkrankheiten halt.

Komplete Kontrol lässt grüßen! Virtuelle Synths auf "standalone" NI Hardware gab es bisher nicht!
Komplete Kontrol lässt grüßen! Virtuelle Synths auf “standalone” NI Hardware gab es bisher nicht!

Ein kurzer Test mit acht Instanzen aus einer Kombination aus Massive, Monark, Reaktor und Prism war performant und eine Notwendigkeit zu rendern bestand nicht. Von dem CPU-Meter sollte man sich nicht täuschen lassen, dessen Informationsgehalt ist nicht wirklich viel wert: Manchmal zeigt es bei nur einem Synth bereits eine fette Auslastung an – und wenn dann doch mal alle Parts voll am Knallen sind, erhöht sich der Load nur sehr wenig. Meine anfängliche Skepsis, dass die Kiste untermotorisiert sei, ist verflogen.
Mit der Funktion “Export Ideas as Audio” kann man “virtuelle” und “externe” Erzeugnisse ohne Probleme auch jederzeit als Audio fixieren, CPU-Power freigeben und wie gewohnt mit Sample-Instanzen weiterarbeiten. Eine explizite Freeze-Funktion gibt es aber nicht. 

Clips und Neues

Maschine+ bringt eine neue Software-Version für die DAW mit, sodass neue Features nicht nur der Hardware sondern auch der Software – und damit Usern alter Controller – zu Gute kommen, darunter beispielsweise die neuen Clips. Dazu sage ich aber nur kurz etwas, weil wir auf solche Features explizit in einem umfangreichen Workshop eingehen werden. 
Also, Clips: Patterns sind im Maschine-Kosmos nur global veränderbar, ändert man beispielsweise in einem Song „Pattern 5“ im Intro, wirkt sich das auch auf „Pattern 5“ im Outro aus. Nicht so mit Clips, da diese für einmalige Ereignisse im Song gedacht sind und den Workflow übersichtlicher halten sollen. Neu ist auch die Anzeige der Clip-Längen via Touchstrip-LEDs bei Maschine+, was mit dem letzten Update auch bei Maschine Mk3 so funktionieren sollte. 

To Akku or not – wer ist die bessere MPC?

Der Formfaktor von Maschine+ und MK3 ist top. Die Dinger nimmt man gern auf Reisen mit. Dass es keinen eingebauten Akku gibt, finde ich nur ein bisschen schade – schlimm ist es nicht. Tatsächlich spricht sogar mehr dagegen als dafür. 

Mit Komplete Audio 6 mk2 kann man bei Bedarf schon mal sechs Einzelausgänge an´s Gerät schrauben – bis zu 16 sollen es in Zukunft werden!
Mit Komplete Audio 6 mk2 kann man bei Bedarf schon mal sechs Einzelausgänge an´s Gerät schrauben – bis zu 16 sollen es in Zukunft werden!

Das liegt u. a. daran, dass Akkus nicht so genormt sind, als dass man auf solide Drittanbieterlösungen zurückgreifen könnte. Das hat zur Folge, dass ein einmal fälliger Wechsel umständlich und wahrscheinlich teuer geworden wäre, vom Brandrisiko ganz abgesehen. Schwerer und größer wird das Ganze dadurch auch. Wer steckdosenbefreit reisen möchte, findet sicherlich gute und günstige Powerbanks mit AC-Anschluss.
CV-Buchsen dürften sich auch einige wünschen – da hat Akai mit seinen MPCs zweifelsohne mehr zu bieten. Aber fängt man mit dem einen an, will der nächste noch mehr … Alles sollte dazu noch komfortabler in die Software eingebunden werden – man denke nur an Ableton Live und die neuen CV-Möglichkeiten. Was ich richtig vermisse, ist ein Phono-Preamp – und sei es mit Adapterkabel. Bei gleichem Preis ist die MPC Live II der Maschine+ damit hardware-feature-mäßig überlegen: Speaker, Akku, Phono-Preamp, zweimal DIN MIDI, viermal CV/Gate, einbaubare SSD, Touch-Screen – all das findet sich auf ihrer Habenseite. Aber am Ende ist der Workflow mehr Argument für eine der beiden Kisten. 
Beispielsweise empfinde ich das Touch-Screen-Konzept der MPC – wenn es an sich auch geiler aussieht als die kleinen, betagten Displays der Maschine+ –  schon auch fummelig und so drückt man gern mal daneben, insbesondere wenn man hart am Grooven ist. Die vielen Tastenklicks der Maschine kann man trainieren und flink werden – nicht, dass ich dafür Geduld hätte, aber nun gut. Die MPC Live II ist außerdem der deutlich unhandlichere Klotz, die Maschine hingegen edel und einfach „slick“.  Die verfügbaren Sample-Packs sind nochmal ein Thema für sich. Und weil man das nicht alles fachgerecht in einem Absatz abhandeln kann, werden wir dazu ebenfalls ein gesondertes Feature bringen.

Die MPC hat per se das bessere Display: Es ist größer und natürlich mit Touch. Damit Events bzw. Noten schnell und präzise zu setzten, ist aber auch gar nicht mal so einfach. Die GUI von NI empfinde ich als funktionaler und auch schöner visualisiert.
Die MPC hat per se das bessere Display: Es ist größer und natürlich mit Touch. Damit Events bzw. Noten schnell und präzise zu setzten, ist aber auch gar nicht mal so einfach. Die GUI von NI empfinde ich als funktionaler und auch schöner visualisiert.

Fazit

Maschine+ ist nun ein ernsthafter Konkurrent zur neuen MPC Serie, kommt im Vergleich hipper und schlanker daher, vermisst aber ein paar Anschlüsse. Das macht sie als Zentrum komplexer Setups nicht so ideal. Sie überzeugt als kreatives, intuitives Instrument – was eigentlich auch gar keine weitere Peripherie benötigt. Falls doch, steht mit externen Audio- und MIDI-Interfaces sowie den coolen External-MIDI-Instruments genügend Spielraum zur Verfügung. Und kommerziellen Content gibt es ganz easy via WLAN. Alles in allem bereits jetzt ein tolles Paket mit noch mehr Potential in der Zukunft!
Weiter Informationen findet ihr auf der Herstellerseite.

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Pro

  • vollständige Produktionsumgebung
  • ohne Computer verwendbar
  • via USB-A erweiterbar
  • schlanker Formfaktor
  • Content via WLAN

Contra

  • Synths nur eingeschränkt bedienbar
  • relativ wenige und alte Effekte
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