21 Jahre nachdem der letzte Minimoog die heiligen Hallen des Synthesizer-Pioniers Robert Moog verlassen hat, erblickte im Jahr 2002 ein neues analoges Flaggschiff das Licht der Welt. Die Mission, die Bühnen und Studios dieser Welt von digitalen Klängen zu befreien, schien in einer Zeit, in der die Software-Synthesizer scheinbar schon die Herrschaft übernommen hatten, ein kühnes Vorhaben zu sein. Was im Endeffekt daraus geworden ist? Formulieren wir es einmal so: heutzutage leben beide Konzepte in friedlicher Eintracht nebeneinander her.
Ob der neue Minimoog Voyager die Klasse seines Vorgängers halten kann, bleibt abzuwarten. Jedenfalls machen die analoge Klangerzeugung, Monophonie und die Moog-typische Optik jedem Synthesizer-Fan ganz viel Lust auf mehr … und den ganzen Rest erfahrt ihr in diesem Test.
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Details
Optik/ Erscheinungsbild Schon beim Auspacken des Voyagers wird einem klar, dass man es hier mit einem echten Schwergewicht zu tun hat, knapp 19 Kilogramm bringt das Gerät auf die Waage. Kein Wunder, denn beim Gehäuse, bei dem der Kunde zwischen drei verschiedenen massiven Holzarten wählen kann, wurde nicht gekleckert.
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Das Bedienfeld lässt sich ganz im Stil des alten Minimoog in verschiedenen Neigungen verstellen. Die Potis und Schalter auf der Bedienoberfläche wurden ebenfalls vom Vorgänger übernommen und sind ein optischer und haptischer Hochgenuss. Auch bei der Tastatur wurde nicht gespart, denn sie bietet auf 44 Tasten feinstes Spielgefühl inklusive Anschlagdynamik und Aftertouch und das, ganz ohne zu klappern. Zusätzlich gibt es noch ein üppiges druckempfindliches Touchpad, mit dem sich Frequenz, Resonanz und Spacing der Filter steuern lassen – doch dazu später mehr. Optische Highlights bei den Bedienelementen sind das Modulations- und das Pitchrad, die in verschieden beleuchteten Variationen erhältlich sind und sich mit einem angenehmen Widerstand butterweich bedienen lassen. Beim Blick auf die Anschlussfelder der Rückseite schlägt das Herz des Synthesizer-Fans höher, laden doch diverse CV-Buchsen zu externen Steuermöglichkeiten ein.
In Sachen Optik geht die erste Runde ganz klar an den Voyager, egal welcher Gegner auch kommen mag!
Anschlüsse Wie schon angedeutet, verbergen sich auf der Rückseite des Voyagers eine Menge hochwertiger Buchsen. Um den Moog zum Leben zu erwecken, bedarf es logischerweise eines Netzanschlusses, den der Hersteller in Form eines Kaltgerätesteckers und eines internen Multinormnetzteils 100-240V eingebaut hat. Der Accessory Port zum Anschluss eines Steuer-Expanders, die Vielzahl an Gate- und CV-Buchsen sowie der External-Audio-Eingang geben einen ersten Hinweis auf schier unendliche Steuer- und Performance-Möglichkeiten. Zeitgemäß findet man neben dem Stereoausgang auch drei MIDI-Buchsen (In/Out/Thru) und, wieder ein praktischer Zusatz, einen 12V Anschluss für die bei einigen Modellen mitgelieferte Schwanenhalsleuchte.
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ANSCHLÜSSE IM ÜBERBLICK:
Multipin Accessory Port zum Anschluss von CV-Expander VX-351 (Erweiterung um 19 CV- und 2 Gate-Ausgänge)
Audio Out L(mono)&R
Mixer-Out/Filter-In (unterbricht die Verbindung zwischen Mixerausgang und Filtereingang zur Nutzung als Effekt-Loop)
Mixer extern in (beliebige Line- oder Instrumentensignale lassen sich hier mit Oszillator- und Noise-Signalen mischen)
Die Oszillatoren Der Voyager verfügt über drei Oszillatoren, die im Vergleich mit den Minimoogs bis Seriennummer 10174 stimmstabil arbeiten, was jeder Keyboarder besonders im Live-Einsatz zu schätzen wissen dürfte. Ich für meinen Fall verlasse mich auf der Bühne zusätzlich auf die Anzeige des ständig angeschlossenen Stimmgeräts, da größere Temperaturschwankungen durch Bühnenscheinwerfer die Stimmung beeinflussen können.
Der Grundsound der Oszillatoren ist mächtig, und schon die Wellenformansicht im Recording-Programm erscheint wie ein Kunstwerk und lässt die virtuell-analogen Geschwister eher niedlich aussehen.
Eine Besonderheit der Oszillatoren stellt die Möglichkeit der stufenlosen Überblendung von Dreieck, Sägezahn, Rechteck und Puls dar, was das Klangspektrum enorm erweitert.
Die Oszillatoren 1 und 2 lassen sich in der üblichen Weise synchronisieren und liefern so Klänge und Klangverläufe, die beim alten Minimoog nicht möglich waren. Oszillator 3 kann als Quelle zur Frequenzmodulation von Oszillator 1 eingesetzt werden und sorgt so für interessante „metallische“ Klänge. Außerdem kann man Oszillator 3 von der Steuerung durch das Keyboard lösen und so sinnvoll als zusätzlichen Steueroszillator verwenden. Die Signale der Oszillatoren sind breit und wuchtig, sodass sie bei entsprechender Einstellung im Mixer das Filter übersteuern können und so Garant für den legendären Moog-Sound sind. Neben dem Lautstärkemischverhältnis der drei Oszillatoren kann man im Mixer ebenfalls den Pegel des Rauschen (Noise) sowie den des extern anliegenden Audiosignals bestimmen. Ich verwende diesen Eingang gerne, um das interne Signal des Instrumentes wieder einzuschleifen und den Sound somit schön zu überfahren – bekanntlich ein alter Minimoog Trick von Manfred Mann und anderen Moog Experten
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Deep & FatDeep Lead GlideLead VariationSoft Lead
Der LFO Die komplett eigenständige LFO-Einheit erzeugt wahlweise Dreieck, Rechteck oder Sample&Hold Steuersignale im Frequenzbereich von 1 bis 50Hz und lässt sich dank MIDI-Clock durch externe Geräte synchronisieren. Per Tastenanschlag oder durch einen externen Gate-Impuls kann der LFO jeweils neu gestartet werden.
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Gurgel LFOFlute Lead LFO
Modulation Jetzt wird es wild! Beim Thema Modulation und Steuermöglichkeiten entpuppt sich der Voyager als echter Könner, denn mit den bereits angesprochenen Pedalanschlüssen oder dem Touchpad kann man unendlich viel Spaß haben. Zwei Modulations-Busse stehen beim LFO zur Verfügung: zum einen zur Steuerung der Modulation über das Handrad, zum anderen für einen fest eingestellten Wert oder per Pedal. Beide Modulationsverfahren beeinflussen entweder Tonhöhen, Schwingungsformen oder Filtereckfrequenz. Dank der „Shaping“-Funktion kann die Modulation durch Filterhüllkurve, Anschlagdynamik oder Aftertouch noch erhöht werden.
Die Filtereinheit Wer von Filtern im Synthesizer spricht, kommt am legendären Moog 24dB Tiefpass-Filter nicht vorbei. Egal wer auch versucht hat, dieses nachzubauen oder virtuell zu imitieren, hatte meiner Meinung nach wenig Erfolg, denn diesen unbeschreibbaren fetten und zugleich wohligen Klang habe ich bisher aus keinem anderen Instrument gehört! Im Voyager befinden sich gleich zwei Filter, die sich auf zwei Arten anordnen lassen. Zum einen kann man beide Filter als Tiefpässe parallel den beiden Ausgängen zuordnen, wobei sich dann mit Spacing-Regler die Bandbreite der beiden Filtereckfrequenzen um +/- 3 Oktaven verstellen lässt, was zu einem zusätzlichen Stereo-Panorama-Effekt führt. Bei mittiger Einstellung des Potis ist die Bandbreite identisch, und man erreicht den Sound des klassischen Moog Filters.
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Die zweite Möglichkeit ist eine Reihenschaltung von Hoch- und Tiefpassfilter. Hier bestimmt der Spacing-Regler die Frequenz des Hochpass-Filters. Bei Rechtsanschlag (+3) erzielt man so einen Bandpass. Natürlich kann man den Tiefpass durch die entsprechende Einstellung am Resonance-Poti in Eigenschwingung versetzen und ihn dadurch auf herrlich analoge Weise „schmatzen“ lassen. Die Klangqualität der Filter sind über jeden Zweifel erhaben, und die Spacing-Möglichkeit stellt bei Soundschraubern einen zusätzlichen Bonus dar. Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, dass das Hochpass-Filter wie in den legendären Moog Modularsystemen über keine Resonanzregelmöglichkeit verfügt.
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Lowpass Reso 0Lowpass Reso 10Fat Bass Filter
Die Hüllkurven Im Gegensatz zum alten Minimoog sind die beiden Hüllkurven (jeweils für VCF und VCA) 4-stufig im ADSR-Format ausgeführt. Ein zusätzlicher Kippschalter schaltet die Release-Funktion auf Wunsch an und aus. Die Zeiten für Attack, Decay und Release liegen zwischen 1ms und 10s, was schöne knackige aber auch langsame ein- und ausklingende Sounds zulässt.
Digitales Innenleben Kommen wir nun zu den digitalen Innereien des Voyagers. 128 Speicherplätze ermöglichen es, die selbst erstellten Sounds zu speichern. Das Display hat eine ordentliche Größe, und dank der Multifunktionalität des External-Mixer-Potis lassen sich die PANEL Presets ab Software Version 3.3 schnell auswählen. Egal welchen Wert man ändert, im Display erscheint neben dem aktuellen immer die ursprüngliche Einstellung, was sich beim Editieren dann als sehr hilfreich erweist. Die Editier- und Einstellmöglichkeiten (PANEL, EDIT, MASTER) sind klar strukturiert und gehen auch ohne Hinzunahme des Handbuchs problemlos vonstatten.
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Der Sound Beim Schrauben sollte man sich ein wenig Zeit nehmen, denn das Moog-Monster ist nicht leicht zu bändigen. Der Grundsound ist analog mächtig bis brachial, für mein Gefühl im Vergleich zum alten Minimoog vielleicht sogar etwas zu brachial. Ich habe manchmal den Eindruck, der Voyager möchte ein bisschen zu viel. Dies wurde mir vor allem wieder klar, als ich für diesen Test einen vor kurzem aufgenommenen Minimoog Sound nachbauen wollte. Der Voyager fasst sich anders an, und die Filter und Hüllkurven reagieren anders, als ich es vom Minimoog und Prodigy gewohnt bin. Ich habe es trotz intensiver Schrauberei nicht geschafft, ihn auf so wohlig-weiche Weise singen zu lassen, wie es sein alter Vorgänger im vorherigen Audiobeispiel tut.
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MinimooogVoyager
Man tut also gut, den Voyager nicht als Minimoog Ersatz, sondern als eigenständiges, modernes Moog Modell zu betrachten, denn so klingt er auch! Ich mache aus diesem Grund den Einsatz sehr stark vom angestrebten Sound der Produktion abhängig. Für einen modern-fetten-komprimierten Sound, bei dem pure Energie und Durchsetzungsvermögen gefragt sind, ist man mit dem Voyager bestens bedient. Wenn es allerdings „alt-rauchig“ klingen soll, greife ich im Studio dann doch lieber zum alten Minimoog.
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Das zu Beginn angesprochene etwas provokante Konkurrenzverhältnis zu seinen digitalen Kollegen besteht natürlich in Wahrheit nur bedingt. Ebenso wie ein Konzertpianist keinen emulierten Steinway spielen wird, greift auch ein echter Fan analoger Synthesizer nur ungern auf einen Software-Ersatz zurück, wenngleich Gewicht und Handhabung durchaus dafür sprechen könnten. Analog bleibt eben analog! Ohne Zweifel ist der Moog Voyager eine Waffe! Die Verarbeitung ist bis ins kleinste Detail exzellent, und die klar strukturierte Bedienoberfläche, eine erstklassige Tastatur und zahlreiche Spielhilfen sorgen für ein ausgezeichnetes Spielgefühl. Dank des robusten Äußeren und der verbesserten Stimmstabilität ist es heutzutage möglich, besten Sound nahezu stressfrei auch in Live-Situation zu nutzen.
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