Auf der Winter Namm 2011 sorgte eine bis dato unbekannte deutsche Firma mit einem innovativen neuen Ampkonzept für Aufsehen. Die Firma heißt Kemper, das Produkt Profiling Amp. Doch obwohl die Marke noch relativ neu am Markt ist, verbirgt sich hinter ihr ein alter Hase, der bisher nur noch nicht im Gitarrenbusiness tätig war: Christoph Kemper.
Keyboarder hingegen werden beim Namen Christoph Kemper sicher hellhörig, schließlich hat seine im Ruhrpott angesiedelte Ideenschmiede die beliebten Access Virus Synthesizer hervorgebracht, die von Keyboardern auf der ganzen Welt wegen ihrer erstklassigen Qualität und ihrer innovativen Sounds geschätzt werden. Jetzt sollen Gitarristen mit dem neu entwickelten Profiling Amplifier von den langjährigen Erfahrungen des Teams profitieren. Nachdem man bereits im Laufe des letzten Jahres die Gerüchteküche mit News-Meldungen und Videoclips am Kochen hielt, hat der Amp jetzt endlich Serienreife erlangt und ist für jedermann erhältlich.
Was ein Profiling Amp genau ist und was man alles damit anstellen kann, das erfahrt ihr im folgenden Testbericht.
DETAILS
Profiling
Profiler, das klingt spannend und sehr verdächtig nach US-Krimi, und spannend ist der brandneue Schuss aus dem Ruhrgebiet definitiv. Nüchtern formuliert kann man das dem Ganzen zugrundeliegende Konzept lapidar als digitalen Amp-Sampler bezeichnen. Allerdings geht der KPA im Vergleich zu den heute erhältlichen Modeling-Amps und Effektgeräten noch eine Ecke weiter. Hier kann der Gitarrist nämlich selbst Hand anlegen und sein Setup klangtechnisch analysieren und im Amp speichern – es also „profilen“ und bei Bedarf mit weiteren internen Bearbeitungsmöglichkeiten verfeinern. Laut Hersteller erlaubt die Profiling-Technologie eine sehr präzise Nachbildung der entsprechenden Signalkette, bestehend aus Effektpedalen, Verstärker, Lautsprecherbox und Abnahmemikrofon.
Schauen wir uns aber zunächst einmal die Bedienoberfläche unseres Testkandidaten an.
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Gehäuse/Optik
Der KPA kommt in einem grünen Metallgehäuse und hat auf den ersten Blick eigentlich nichts, was an einen klassischen Gitarrenamp erinnert. Für die einen sieht er aus wie ein altes Radio in futuristischem Design, für andere wie ein Apparat aus der Intensivstation. Sei’s drum: Auf jeden Fall hat es Style. Die traditionellen Gitarristen werden vielleicht eine gewisse optische Eingewöhnungsphase benötigen, mir persönlich gefällt das Outfit, denn es ist ein klares eigenwilliges Statement. Vor allem sind die Bauteile von guter Qualität, wir bekommen es hier nicht mit dem typischen „Plastik-Fernost-Look“ zu tun. Der Amp (made in Germany) macht einen stabilen und verarbeitungsseitig sehr guten Eindruck.
Auf der Frontseite des KPA befinden sich alle Regelmöglichkeiten, übersichtlich in zwei Hälften aufgeteilt und mit einem 120 x 35 mm großen Display im unteren mittleren Bereich. Der Amp steht rutschfest auf vier großen Gummifüßen und lässt sich mit dem oben angebrachten Tragegurt recht bequem bewegen – bei gerade einmal 5,1 Kilo auch keine große Sache. Mit den Abmessungen 395 x 215 x 165 mm (B x H x T) ist er zudem kleiner als die meisten Amp-Topteile. Die Rückseite ist üppig bestückt mit diversen Anschlussmöglichkeiten, auf die ich gleich noch genauer eingehen werde.
Bedienfeld/Bedienung
Die Frontseite ist vollgepackt mit Reglern, Tastern und einem Display, auf dem die diversen Einstellmöglichkeiten angezeigt werden. Das Ganze wirkt auf den ersten Blick vielleicht etwas unübersichtlich, beschäftigt man sich aber etwas intensiver mit dem Thema, erschließen sich das klare Konzept und der absolut logische Aufbau.
In der oberen Hälfte des Paneels wird die Signalkette dargestellt, die sich in drei Blöcke aufteilt: Stomps, Stack und Effects. Im Abschnitt Stomps hat man die Möglichkeit, vier „Bodentreter“ vor den Amp (Stack) zu schalten, die unter den Bezeichnungen A, B, C, D abgespeichert sind. Durch kurzes Drücken der jeweiligen Taste werden die Effekte aktiviert. Möchte man die Sounds verändern oder einen anderen Effekt anwählen, muss die entsprechende Taste etwas länger gedrückt werden. Im Display erscheinen automatisch die Effekteinstellungen, die dann mit den vier Reglern darunter angepasst werden können. Für die Anwahl eines neuen Effekts ist die rechte Taste über dem Display (Browse) zuständig, das eine Liste bereithält, aus der man sich mithilfe des Browse-Reglers bedienen kann. Das Ganze funktioniert intuitiv und absolut schmerzfrei, im Zeitalter von Smartphones ist das ohne großes Studium der Bedienungsanleitung machbar.
Dieses Bedienkonzept bleibt natürlich für alle anderen Blöcke gleich: Taster auf der oberen Hälfte kurz drücken = ein-/ausschalten. Taster länger drücken = editieren. Im zweiten Block (Stack) dreht sich alles um die unterschiedlichen Einstellungen von Amplifier, EQ und Cabinet. Was dort alles möglich ist, werden wir im Praxisteil noch genauer untersuchen.
Im dritten Block warten die Modulations- und Raumeffekte, die mit X, MOD, DELAY und REVERB vertreten sind. Unter X und MOD kann die Auswahl von Stompboxen auch hinter den Amp geschaltet werden. DELAY und REVERB sind mit diversen Hall- und Echo-Effekten bestückt. Für den schnellen Zugriff auf die wichtigsten Effektparameter von MOD, DELAY und REVERB hat der Hersteller noch sechs separate Regler spendiert, je zwei pro Effekt:
MOD – Rate und Intensity
DELAY – Feedback und Mix
REVERB – Time und Mix
Vor allem durch die On/Off-Taster der Effekte und die separaten Regler lassen sich die Sounds sehr schnell und übersichtlich modifizieren, ohne dass man sich in Menüs auf dem Display verliert. Sehr gut durchdacht!
Rückseite
Während sich die Eingangsbuchse (Input) und der Kopfhöreranschluss (Headphone) praktischerweise auf der Vorderseite befinden, ist der Rest der Anschlussmöglichkeiten des Amps auf der Rückseite untergebracht. Hier gibt es vier Master-Outputs zum Anschluss an ein Mischpult, zwei Klinken- (L, R) und zwei XLR-Buchsen (ebenfalls L, R). Gegen Brummprobleme ist ein Ground Lift-Schalter an Bord und für das Bühnenmonitoring hat der Hersteller dem KPA einen externen Ausgang (Monitor Output) spendiert. Man kann hier wahlweise auch eine Endstufe und Gitarrenbox anschließen und die Speaker-Simulation nur für diesen Ausgang deaktivieren. Der Saalmischer erhält dann das Master-Out-Signal mit Speakersimulation, während der Gitarrist sich auf der Bühne (in Kombination mit einer separaten Endstufe) von seiner 4×12 Box trockenföhnen lassen kann. Auch das ist also sehr praxisnah konzipiert.
Dann wäre da noch ein Effektweg, über dessen Send- und Return-Buchsen sich externe Effekte ins Spiel bringen lassen. Dabei kann der Return Mono und Stereo benutzt werden. Beim Stereobetrieb nimmt man für das zweite Signal aus dem Effektgerät die alternative Input-Buchse hinzu. Diese kann auch als Eingang für das Profiling genutzt werden. Monitor Out, Send und Return haben jeweils eine eigene Ground-Lift-Schaltung, womit auch Brummschleifen durch extern angeschlossene Geräte passé wären.
In der unteren Reihe der Rückseite parken außerdem ein Digital Ein- und Ausgang (S/PDIF), MIDI In, Out und THRU sowie zwei USB-Anschlüsse, um Updates und Sounds in den KPA zuladen. Über zwei Klinkenbuchsen können Fußschalter angeschlossen werden, die dann zugewiesene Funktionen steuern. Weiterhin gibt es einen Netzwerkanschluss, der im Handbuch nicht näher beschrieben wird – ich vermute, dass man hier in naher Zukunft einen Fußschalter anschließen kann.
Frank sagt:
#1 - 29.02.2012 um 14:22 Uhr
Super Test, einladende Gerätschaft.Meine Fragen:1) Wie funktioniert das Einpegeln des Mikrofons beim Profiling?
2) Kann man damit auch Bassverstärker und Effekte profilen? Sind hier der Fantasie Grenzen gesetzt? Ich stelle mir vor damit einen Gitarrenysynthesiser zu basteln. Wäre so was möglich?
3) Livetauglichkeit? (Robustheit/Bedienung per Fussschalter)Danke für Deine Antworten!
Thomas Dill sagt:
#2 - 29.02.2012 um 21:17 Uhr
Hallo Frank,hier die Antworten zu Deinen Fragen:1. Das Einpegeln geht zuerst automatisch, Finetuning zwischen Referenzamp und KPA kann man mit dem "Profiling Return Level" Parameter machen. Funktioniert wirklich schnell und schmerzfrei.2. Bass Amps habe ich zwar noch nicht ausprobiert, aber müsste eigentlich funktionieren. Effekte können nicht geprofiled werden. Der KPA ist erstellt ein Profil eines Ampsounds. Wenn man einen Booster oder Overdrive in der Kette hat, dann misst er diesen Komplettsound aus, kann aber nicht die einzelnen Komponenten trennen. Gitarrensynthesizer geht folglich auch nicht. Wäre auch etwas zu viel des Guten….3. Das Ding ist auf jeden Fall Live tauglich, per MIDI-Fussleiste steuerbar, aber ich kann mir vorstellen, dass da früher oder später noch ein eigener Switcher gefertigt wird.Schöne GrüßeThomas
Olly sagt:
#3 - 01.03.2012 um 23:55 Uhr
...der Hammer wäre natürlich,wenn das Gerät auch als reines Presetgerät a la POD mit Soundlademöglichkeiten zum erträglichen Preis rauskäme...
Depp sagt:
#4 - 02.03.2012 um 03:52 Uhr
An Olly: Wer sich dieses Teil nicht zum derzeitigen Straßenpreis leisten kann/will, der braucht es schlicht und ergreifend nicht. So einfach ist das.
Niklas sagt:
#5 - 02.03.2012 um 04:08 Uhr
Schon ne hammer Geschichte - als ich die allerersten Demovideos gesehen habe (ist ja auch schon ne Weile her) war ich schon baff. Irgendwie dreist, dass das ganze funktioniert =)Könntest du noch ein paar Worte dazu verlieren, was für Profiles da drin sind? Zufällig hab ich zuhause nämlich keinen Haufen geiler Amps rumstehen... ;)
Mibo sagt:
#6 - 03.03.2012 um 04:50 Uhr
Schau einfach mal auf der Website, werksmäßig sind schon jede Menge Profile drin (100 ?) und die Community hat schon über 300 beigesteuert unter denen auch wirklich gute sind. Ich denke die Qual der Wahl ist jetzt schon schwierig.
Ich bin jedenfalls total zufrieden, genau das was ich gesucht habe.
Telekarsten sagt:
#7 - 19.07.2015 um 06:24 Uhr
kann ich kemper amp direkt an 4x12 box anschliessen
Thomas Dill - bonedo sagt:
#8 - 19.07.2015 um 08:53 Uhr
Hallo Telekarsten,
das geht - aber nur wenn Du einen Kemper Profiler mit Endstufe hast (PowerAmp, oder PowerRack).