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Charvel Pro Mod SD1 HH HT SOB Test

Hinter der kryptischen Bezeichnung Charvel Pro Mod SD1 HH HT SOB verbergen sich im Grunde fast die gesamten technischen Daten einer Gitarre, wobei lediglich die Abkürzung RF zu Komplettierung fehlt. Hergestellt wird das Instrument in Mexiko, und es hat neben seiner auffälligen Lackierung durchaus einige weitere bemerkenswerte Eigenschaften.

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Natürlich werden wir den Namen in seine Einzelteile zerlegen und uns das gute Stück im folgenden Test auch sonst aus allen möglichen Perspektiven anschauen.

Details

Optik/Verarbeitung

Kenner der Materie wird es gelungen sein, die Bezeichnung zu entschlüsseln, aber nichtsdestotrotz hier noch einmal im Detail: Bei unserer Testkandidatin handelt es sich um eine Gitarre aus der Charvel San Dimas Serie (SD), Style 1 (1), sie kommt mit zwei Humbuckern (HH), einem festen Steg (HD für Hard Tail) und in der Farbe Satin Orange Blaze (SOB). Die Abkürzung RF, die man unter Umständen zusätzlich im Namen findet, steht für Rosewood Fingerboard, also für ein Palisandergriffbrett. Der aufmerksame Leser wird sich erinnern, dass die San Dimas Serie schon in den 80er Jahren des letzten Jahrtausends gerade unter den Rockgitarristen eine gewisse Aufmerksamkeit erfuhr.

Schauen wir uns das gute Stück etwas genauer an:
Die Gitarre wird im Karton geliefert, in dem sich zusätzlich die entsprechenden Schlüssel finden, mit denen das Instrument eingestellt werden kann. Ich finde, bei einem Verkaufspreis von über 800 Euro könnte zumindest ein Gigbag im Lieferumfang enthalten sein. Auffälligstes Merkmal des Instrumentes ist sicherlich die Lackierung, die auf jeden Fall der Hingucker beim nächsten Gig oder im Proberaum ist. Sie ist tadellos aufgetragen, es finden sich keinerlei Lacknasen oder sonstige Ungleichmäßigkeiten, sehr gut! Wem die Farbe nicht zusagt, kann die Gitarre auch in Weiß, Cobalt Blue, Schwarz Metallic oder mit einer blau gebeizten Wölkchenahorndecke bekommen.

Fotostrecke: 5 Bilder Schon in den 1980er Jahren waren San Dimas Modelle bei Rockern sehr beliebt: und das Finish erinnert stark an diese Zeit

In zwei Ausfräsungen auf dem Erle Body sind weiße Seymour Duncan Humbucker geschraubt, wobei es sich um einen JB am Steg und einen ’59 in der Halsposition handelt. Meiner Meinung nach eine ganz hervorragende Kombination, die ich selbst auch bei diversen Gitarren verwende und mit der ich ausgesprochen zufrieden bin. Die beiden Pickups werden mit einem Dreiweg-Schalter angewählt, wobei in den Positionen 1 und 3 jeweils beide Humbucker im Doppelspulbetrieb zu hören sind, in der Mittelstellung die inneren Spulen der beiden Pickups. Die San Dimas verfügt aber auch über eine Split-Funktion, die durch den Volume-Regler aktiviert wird. Hierbei werden jeweils ausschließlich die äußeren Spulen der Tonabnehmer aktiviert, wie in der Mittelstellung. Ich bin gespannt, wie sich das klanglich auswirkt, aber dazu natürlich mehr im Praxisteil.

Fotostrecke: 7 Bilder Die Gitarre ist mit zwei Seymour Duncan Humbuckern motorisiert

Die Saiten werden auf der Korpusrückseite in schwarze Metallhülsen gefädelt und tauchen auf der Oberseite in einem Hard-Tail 6 Steg wieder auf. Sämtliche Hardware ist übrigens in Schwarz gehalten, was sich auch optisch für meinen Geschmack positiv bemerkbar macht. Die Reiterchen des Stegs lassen sich natürlich horizontal wie auch vertikal einstellen, die passenden Schlüssel liegen ja im Karton bei. Den Volume-Regler hatte ich bereits erwähnt, Charvel hat zudem auch einen No-Load Tone-Regler verbaut. Hierbei handelt es sich um ein Poti, das sich im Bereich von 1-9 ganz herkömmlich verhält, also genau so, wie man es kennt. Wird es jedoch ganz aufgedreht, entfernt es sich aus der Schaltung, im Grunde vergleichbar mit dem True Bypass eines Effektpedals. Eine tolle Idee! Die Potis sind mit schwarzen, geriffelten Metallknöpfen versehen, die ein griffiges Regeln selbst in den schweißtreibendsten Situationen ermöglichen. Zwei Gurtpins dürfen natürlich auch nicht fehlen, diese sind zusätzlich mit schwarzem Filz unterlegt, um die Lackierung nicht zu beschädigen.

Fotostrecke: 5 Bilder Die feststehende Brücke hört auf den Namen Hard-Tail 6 Steg

Wir folgen den Saiten in Richtung Kopfplatte und treffen auf 22 Jumbo-Bünde, die vorbildlich in das Palisandergriffbrett eingesetzt und bearbeitet wurden. Weiße Punkteinlagen an den bekannten Positionen im Griffbrett und an der Halskante sorgen für die nötige Orientierung. Die Mensur beträgt übliche 648 mm, die Sattelbreite liegt mit 43 mm ebenfalls im gewohnten Bereich. Beim Halsprofil hat sich Charvel für die Compound-Variante entschieden. Dabei unterscheiden sich die tieferen Lagen von den höheren, genauer gesagt liegen hier die Werte zwischen 304,8 mm und 406,4 mm, was durchaus spürbar ist, denn der Hals wird in höheren Lagen flacher. Gebaut ist er aus einem Stück Ahorn, das hauchdünn per Hand mit einer Schicht Polyurethan versehen wurde.
Die Kopfplatte ist versetzt angebracht, was dazu führt, dass die Saiten genug Druck auf den Kunststoffsattel legen. Damit h- und hohe e-Saite höhenmäßig auf das Niveau der entsprechenden Mechaniken kommen, laufen sie unter einen schwarzen Saitenniederhalter oder neudeutsch String Tree. Bei den Mechaniken handelt es sich um Locking Tuner in der geschlossen Variante, die mit einem Charvel Logo versehen sind. Wer auch den Zugang des Halsspannstabes hier oben vermutet, liegt leider falsch, denn dieser befindet sich quasi im 23.ten Bund und ist frei zugänglich. Ich persönlich empfinde die Positionierung als ausgesprochen sinnvoll, denn so lässt sich der Halsstab sehr komfortabel einstellen, ohne besondere Schlüssel verwenden zu müssen. Es genügt im Grunde auch ein Schraubenzieher oder ähnliches.

Fotostrecke: 5 Bilder Palisandergriffbrett mit 22 Jumbo-Bünden

Die Verarbeitung des Instrumentes ist insgesamt hochwertig und kann durchaus mit wesentlich teureren Instrumenten mithalten, sehr gut! Ach ja, bevor ich es vergesse: Die Gitarre bringt durchschnittliche 3425 Gramm auf die Waage.

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Praxis

Sound/Bespielbarkeit

Das Instrument tendiert leicht zur Kopflastigkeit, was sich beim Spiel aber nicht weiter störend bemerkbar macht, am Gurt relativiert sich das ebenfalls und fällt nicht weiter auf.
Charvel war und ist bekannt für extrem komfortabel zu bespielende Hälse, da macht unser Testinstrument keine Ausnahme. Schon trocken angespielt zeigt sie sich ausgewogen im Klang, Akkorde stehen wie eine Eins und klingen langsam und gleichmässig aus. Daran hat sicherlich auch der feste Steg schuld, denn mit diesen Systemen wird die Schwingung direkt auf den Korpus weitergeleitet, was sich in einer direkten Ansprache widerspiegelt. Dank des Compound-Shapings des Halses gehen Akkorde in den tiefen Lagen sprichwörtlich leicht von der Hand, in höheren Lagen ändert sich die Stellung der Greifhand, was der an dieser Stelle abgeflachte Hals unterstützt und so ein bespielen jenseits des 12. Bundes erheblich erleichtert.
Generell ist die San Dimas wirklich ausgesprochen gut zu bespielen, die Werkseinstellung ist auf höchsten Niveau!

Los geht es mit dem cleanen Kanal meines Marshall JVM 410, der eine mit Vintage 30 Speakern bestückte Box antreibt. Ich schalte beginnend am Hals alle drei Positionen durch.

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Clean: Alle 3 PU-Positionen

Die San Dimas liefert den von den Pickups gewohnten mittigen Grundsound, in der Zwischenstellung strattelt es dann auch entsprechend und der Sound wird insgesamt dünner.
Im nächsten Beispiel wiederhole ich das Ganze noch einmal, allerdings splitte ich jetzt die Tonabnehmer.

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Clean: Alle 3 PU-Positionen, PUs gesplittet

Und auch hier zeigt sich das gewohnte Klangbild eines gesplitteten Humbuckers, die Mitten treten zurück, dafür kommen hohe Frequenzen hinzu, was der Gitarre zu insgesamt sechs verschiedenen Sounds verhilft und sie somit recht flexibel macht.
Ich schalte nun in den Crunch-Kanal des Marshalls und spiele in den nächsten drei Beispielen die ungesplitteten Positionen.

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Crunch Sound: Hals-Pickup Crunch Sound: MittlererPickup Crunch Sound: Steg-Pickup
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Alle drei machen am zerrenden Amp eine hervorragende Figur und drücken ihm ihren klanglichen Stempel auf. Sämtliche Attacks werden direkt und punchy wiedergegeben, was für eine Menge Spielspaß sorgt.
Im nächsten Beispiel schalte ich die drei gesplitteten Positionen durch, wieder beginne ich mit dem Hals.

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Crunch: Alle 3 PU-Positionen, PUs gesplittet

Auch diese Klangvarianten sorgen für viel Spaß, denn die San Dimas zeigt sich hier von ihrer frechen Seite. Die Höhen kommen schön dreckig aus dem Speaker, drängen sich aber nicht auf, vergleichbar mit denen einer guten Strat, was für eine gelungene Holzauswahl spricht.
Es wird Zeit für den High-Gain-Kanal, dazu stimme ich die tiefe E-Saite hinunter auf D und verwende den Steghumbucker.

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High Gain Sound: Steg-PU, Drop D Tuning

Da ist er, der typische, breite und dicke Heavy-Sound, den man von Gitarren dieser Bauart erwartet. Die Töne stehen felsenfest, dazu kommen fette Attacks und ein endloses Sustain, was zum Rocken geradezu prädestiniert ist und für eine Menge Spaß sorgt, wenn man darauf steht.
Und weil es so schön ist, folgt abschließend ein kleiner Song, um ihre Leadqualitäten mit Hals- und Steghumbucker zu testen. Alle cleanen Gitarren wurden mit der Standard-Zwischenposition eingespielt.

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Songbeispiel: Die San Dimas im Bandkontext

Es verwundert nicht, das die San Dimas hier zu ihrer Höchstform aufläuft und dank ihrer sehr komfortablen Bespielbarkeit zum Solieren geradezu einlädt. Hals- wie Steghumbucker sorgen für langanhaltende, tragende Leadsounds, die sich ohne Wenn und Aber im Bandgefüge hervorragend durchsetzen.

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Fazit

Mit der Pro Mod SD1 HH HT hat Charvel ein weiteres sehr gutes Instrument am Start, das durch seine tolle Bespielbarkeit und einen ebensolchen Klang überzeugen kann. Die in Mexiko gefertigte Gitarre bietet seitens ihrer Verarbeitung keinerlei Anlass zur Kritik und kann locker mit wesentlich teureren Gitarren mithalten. Klanglich fühlt sie sich im verzerrten Kanal des Verstärkers hörbar am wohlsten, aber auch im cleanen Kanal kann sie durchaus punkten. Wem die Lackierung nicht zusagen sollte, kann auf eine etwas unauffälligere Optik zurückgreifen. Das Preis-Leistungsverhältnis ist ausgesprochen ausgewogen.

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • Verarbeitung
  • Sound
  • Bespielbarkeit
Contra
  • keins
Artikelbild
Charvel Pro Mod SD1 HH HT SOB Test
Für 777,00€ bei
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Technische Spezifikationen
  • Hersteller: Charvel
  • Modell: Charvel Pro Mod San Dimas Style1, HH HT SOB
  • Serie: Pro Mod
  • Made in: Mexiko
  • Korpus: Erle
  • Farbe: Satin Orange Blaze
  • Finish: Polyurethan
  • Brücke: Hard Tail 6 Saddle
  • Mensur: 25,5“ (648 mm)
  • Hals: Ahorn, zweiteilig mit Graphit-Verstärkung
  • Halsprofil: Speed Neck Back Shape
  • Griffbrett: Palisander
  • Griffbrettradius: 12“ zu 16“ Compound Radius
  • Halseinlagen: Punkte, weiß
  • Bünde: 22 Jumbo-Bünde
  • Sattel: Kunststoff
  • Sattelbreite: 43 mm
  • Mechaniken: geschlossene Charvel locking
  • Halsplatte: Charvel, vierfach verschraubt
  • Saiten ab Werk: Nickelwound 009 – 042
  • Steg-Pickup: Seymour Duncan JB Humbucker
  • Hals-Pickup: Seymour Duncan ’59 Humbucker
  • Regler: 1 x Volume (push/pull coil-split), 1 x Tone (no load)
  • Pickup-Wahlschalter: Dreifach
  • Gewicht: 3425 Gramm
  • Preis : 824,00 Euro
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Profilbild von Rene

Rene sagt:

#1 - 30.06.2016 um 22:29 Uhr

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Eine Frage zur Anregung für neue Testberichte in Bezug auf Preiswerte bis Höherwertige Gitarrenmodelle. Es gibt die Marken Cort oder Yamaha die angelehnte Les Paul, Stratocaster und Tele Modelle im Sortiment haben. Warum sind wenige bis gar keine Berichte über diese Gitarren hier bei Bonedo zu finden? Es wäre toll etwas über andere Alternativen, die außerhalb von Fender, Gibson und Co. liegen zu erfahren.Gruß Rene.PS: die Charvel Pro Mod SD1 ist schon ein guter Anfang, natürlich auch die Harley Benton Tests

Profilbild von Thomas Dill - bonedo

Thomas Dill - bonedo sagt:

#2 - 01.07.2016 um 08:29 Uhr

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Hallo Rene,
Danke für Deine Anregungen. Wir bemühen uns natürlich immer eine breit gefächerte Auswahl anzubieten, aber bei manchen Vertrieben ist es mitunter schwierig an Testware zu kommen.

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