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Boss Power Stack ST-2 Test

Wenn ein Hersteller sich damit brüsten darf, in seiner Geschichte kaum ein Effektgerät ausgelassen zu haben, dann ist das auf jeden Fall der Ableger des japanischen Elektronikriesen Roland. Wie auch immer der gemeine Gitarrist sein Signal gerne hätte – Boss hat garantiert das Werkzeug dafür in der Schublade. Aber in den letzten Jahren ging es bei der Entwicklung neuer Produkte nicht nur um die Verschönerung des Gitarrentons, sondern um die Kreation desselben.

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Dem Sog des erfolgreichen Modeling-Trends konnte auch Boss nicht widerstehen und gehört seit einigen Jahren zu den Herstellern, deren Produkte auch in diesem Segment immer wieder für Aufmerksamkeit sorgen. So hat man mit FDR-1 und FBM-1 bereits zwei Fender Amps (Deluxe Reverb und Bassman) mithilfe der Modeling-Technologie in kleine Pedale gepresst, und es war nur eine Frage der Zeit, wann die Entwickler im Fernen Osten auch dem britischen Wahrzeichen des Rock´n´Roll Tribut zollen. 
Jetzt ist er da und präsentiert sich unter der Bezeichnung Power Stack ST-2 in gewohntem Boss-Pedalgehäuse. Und wie könnte eine solche Marshall-Simulation anders verpackt sein als im klassischen schwarzen Outfit mit stilecht vergoldetem Bedienfeld. Vor den Amp geschaltet soll die Tretmine den beliebten britischen Ampsound der 60er und 70er erzeugen. Ob das tatsächlich so ist, werdet ihr in diesem Testbericht erfahren.

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Details

Gehäuse/Optik
Beim Gehäuse werden auch bei Boss keine Experimente gemacht – never change a winning team … Seit Jahrzehnten sind die Pedale aus stabilem Gusseisen mit einer großen Schaltfläche, die mit einem schwarzen Gummifeld versehen ist, damit beim Betätigen auch der glatteste Schuh nicht abrutschen kann. Auch die Maße des Power Stacks (73 x 129 x 59 mm – B x T x H) entsprechen den üblichen Boss-Pedalen. Das Bedienfeld ist leicht versenkt, damit die vier Regler auch bei härterer Fußbetätigung keinen Schaden nehmen. An den beiden Seiten finden wir die Anschlüsse, rechts den Eingang (Input), links den Ausgang (Output), beide als 6,3mm Klinkenbuchsen. Das Batteriefach befindet sich unter der Schaltfläche, die mit einer Schraube am unteren Ende des Pedals gelöst werden kann. Auch das eine altbewährte und stabile Konstruktion, die einen schnellen Batteriewechsel ermöglicht. Selbstverständlich kann das Pedal auch mit einer externen Stromversorgung gespeist werden, die Buchse für das optional erhältliche Netzteil befindet sich an der Kopfseite.

Bedienung
Das klangliche Ziel des Power Stacks ist klar und deutlich formuliert, denn der Sound eines Marshall Stacks soll per Modeling-Technik aus dem Pedal kommen. Klares Vorbild war der „Plexi“ Amp, ein Marshall-Topteil ohne Mastervolumen, das unglaublich dynamisch reagierte und in den 60er Jahren gebaut wurde. Hendrix spielte ihn und auch AC/DC hat seinen dreckigen Sound diesem Amp-Modell zu verdanken. Der Boss Power Stack hat im Gegensatz zum Original weniger Regler, hier wird der Klang mit vier Knöpfen eingestellt: Level, Bass, Treble und Sound. Hinter der Bezeichnung Sound verbirgt sich die Einstellung des Verzerrungsgrades. Bei Crunch klingt es leicht angezerrt nach 60ern, mit Drive kommen wir schon mehr zum Siebziger-Rock, und wenn man weiter aufdreht in Richtung Ultra, wird eine Verzerrung erzeugt, die noch mehr Gain hat. Die konnte der Plexi alleine eigentlich gar nicht liefern, sondern nur in Verbindung mit einem Zerr-Pedal. So weit die Aussage des Herstellers. Wir werden das Ganze jetzt mal Stück für Stück im Praxisteil überprüfen.

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Praxis
Ich habe das Power Stack Pedal vor meinen clean eingestellten Sovtek MIG-50 geschaltet, der an eine 4×12 Box (Marshall) angeschlossen ist. Die Klangregelung am Amp wurde komplett neutral (alle Regler auf 12 Uhr Position) eingestellt. Ihr hört erst einmal den Sound ohne Pedal.

Audio Samples
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Dry

Jetzt das Ganze mit dem Power Stack Pedal. Die ersten drei Regler stehen in der Mitte, der Sound-Regler ist komplett auf Linksanschlag in der Position Crunch. Wir erhalten einen dreckigen, aber dennoch sehr klaren, leicht angezerrten Sound.

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Audio Samples
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Crunch

Der Sound-Regler ist zwar primär für den Verzerrungsgrad zuständig, trägt aber seinen Namen zu Recht, denn auch der Klang ändert sich ein wenig, wenn man den Regler weiter aufdreht. Die Höhen werden leicht angehoben und das Kompressionsverhalten nimmt allmählich zu. Man hat tatsächlich in jeder Position einen etwas anderen Sound. Die dynamische Ansprache ist außerordentlich gut, hier werden keine typischen Klangeigenschaften von Gitarre oder Spieler glattgebügelt. Die sehr guten Übertragungsqualitäten des Originals sind hier ebenfalls in guter Qualität nachempfunden. Beim nächsten Beispiel werden die Saiten zuerst leicht mit den Fingern angeschlagen (warmer, bassiger Ton) und dann hart mit dem Pick bearbeitet (mehr Zerre, höhenreicher Klang). So soll’s sein.

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Audio Samples
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Dyna Pick

Wichtig bei der Einstellung des Pedals ist die Arbeitsverteilung zwischen Sound- und Level-Regler. Mit Level auf 12 und Sound auf 7 Uhr (Crunch Position) hatte ich zu Beginn direkt eine gute Anpassung der Lautstärke zwischen normalem Ampsound und dem Klang mit eingeschaltetem Pedal. Wenn man den Soundregler für mehr Verzerrung weiter aufdreht, sollte man Level entsprechend zurücknehmen. Auch mit der Klangregelung ist man in der mittleren Position schon ganz gut bedient und kann ausgehend davon etwas Finetuning vornehmen. Beim nächsten Beispiel habe ich für einen angezerrten Sound á la Rolling Stones die Höhen etwas angehoben.

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Audio Samples
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Stoned Crunch

Wo wir gerade dabei sind, wollen wir einmal die komplette Arbeitsweise der Klangregelung untersuchen. Mal sehen, welche Bandbreite mit den beiden Reglern – bei fehlendem Mittenregler, der ja bei Marshall Sounds nicht verkehrt ist – eingestellt werden kann. Es geht los mit den tiefen Frequenzen, zuerst auf 7, dann 12 und schließlich 17 Uhr. Der Treble-Regler bleibt in mittlerer Position.

GitarreLevelBassTrebleSound
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Audio Samples
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Bass

Hier wird gute Arbeit abgeliefert. Ab 200Hz abwärts wird mit einem guten Wirkungsgrad der Bassbereich geregelt. In der ersten Hälfte passiert am meisten, dann wird es nur noch druckvoller und fetter, aber nie undefiniert. Man kann sehr gut und feinfühlig mit dem Poti umgehen. 

Bei den Höhen geht es ab 2 kHz los und auch hier ist der Wirkungsgrad sehr hoch. Hier ist von muffig bis kratzig alles im Angebot.

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Treble

Die australische Rock-Fraktion wird mit einer Soundeinstellung in der Mitte zwischen Crunch und Drive sehr gut bedient. Hierfür wäre ein Mittenregler zum Finetuning natürlich nicht schlecht, aber das Ergebnis ist auf jeden Fall mehr als zufriedenstellend.

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Down Under

Bei Soundregler-Einstellungen nach 12 Uhr wird der Klang heißer und die Verzerrung auch etwas dichter. Wo vorher sehr dynamisches Zerrverhalten angesagt war, wechselt die Charakteristik jetzt mehr zum härteren und leicht komprimierten Overdrive-Sound. Classic Rock Riffs auf den tiefen Saiten kommen gut, wenn man den Soundregler auf 14 Uhr stellt, der Klang geht dann mehr in Richtung JCM 800.

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Audio Samples
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Rock Riff

Nimmt man eine Humbucker-Gitarre mit hohem Output, gibt es tatsächlich das Gain-Brett, das der normale Plexi nicht liefern kann. Jetzt sind wir schon in dem Klangbereich, der früher mit einem Marshall-Amp und vorgeschaltetem Overdrive erzeugt wurde. Viel Gain, die Kompression wird immer stärker, selbst bei leichtem Anschlag ist ein fetter Sound am Start. Schon fast das Gegenteil zum Klang und Anspracheverhalten bei Einstellungen des Sound-Reglers vor 12 Uhr.

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Powerchord

Man muss bei diesen Einstellungen auch etwas behutsamer mit dem Treble-Regler umgehen, denn je höher der Soundregler, desto bissiger werden die Höhen. Bei maximalem Gain bekommt man einen schönen Leadsound mit viel Sustain, der auch schon bei kleinen Lautstärken zum Feedback anregt.

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Lead

Was mir sehr gut gefällt, ist der transparente Klang trotz hoher Verzerrung. Man hört das gut beim nächsten Beispiel, dem Akkord-Test. Die Akkorde E,G,D,A und E werden nacheinander angeschlagen und sind auch noch klar zu erkennen. Beim letzten Akkord, bei dem ich die Saiten separat angeschlagen habe, hört man jeden einzelnen Anschlag sehr gut, trotz hoher Verzerrung. Das Pedal erzeugt keinen Soundbrei bei hohen Einstellungen.

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Chords

Metal Sounds sind mit weit aufgedrehtem Soundregler gut zu erzeugen, allerdings fehlt mir auch hier eine Regelmöglichkeit der Mitten für den typischen Mid Scoop Klang. Aber mit etwas aufgedrehten Höhen kommt man ganz gut zurecht. Die Durchsetzungskraft ist gut.

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Audio Samples
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Metal
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Ganz schön dreckig klingt der Power Stack von Boss. Wer seinem Sound eine schmutzige Note geben möchte – im positiven Sinne natürlich – der wird mit diesem Pedal seinen Spaß haben. Der Power Stack simuliert den Klang und auch die Ansprache der Marshall Legenden. Entscheidend ist hierbei die Einstellung des Soundreglers, der sowohl die Stärke des Verzerrungsgrads bestimmt als auch über Dynamik und Kompressionsverhalten entscheidet. In der ersten Hälfte (von 7 bis 12 Uhr) kommt eine leichte Verzerrung mit guter dynamischer Ansprache aus der Kiste, in der zweiten Hälfte (ab 12 Uhr) geht es mehr in Richtung Distortion, der Sound wird dichter und komprimiert mehr. So kann man eine große Bandbreite an Zerrsounds erzeugen, die im Klang mit Bass und Treble noch genauer eingestellt werden können. Mir persönlich fehlt bei manchen Sounds der Mittenregler. Einsetzbar ist der Power Stack überall dort, wo ein verzerrter Sound vonnöten ist, egal, ob leicht angezerrt oder volles Brett. Es sollte allerdings klar sein, dass man den Sound und die Ansprache eines guten Marshall Plexi nicht einfach 1:1 durch ein Pedal ersetzen kann, aber mit dem ST-2 ist man dem Original dicht auf den Versen. Und beim Preis gibt’s absolut nichts zu meckern.

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • Preis
  • Dynamische Ansprache bei Soundregler zwischen 7 und 12 Uhr
  • Gute Tonwiedergabe auch bei hohem Gain
  • Verarbeitung, Bühnentauglichkeit
Contra
  • Kein Mittenregler
Artikelbild
Boss Power Stack ST-2 Test
Für 99,00€ bei
Technische Daten Boss ST-2
  • Hersteller: Boss
  • Modell: ST-2
  • Typ: Verzerrer Pedal mit Modeling-Technologie
  • Regler: Level, Bass, Treble, Sound
  • Stromversorgung: 9V-Batterie oder Netzteil
  • Stromverbrauch: 36mA
  • Anschlüsse: Input, Output
  • Maße: 73 x 129 x 59 (B x T x H) mm
  • Gewicht: 0,44 kg
  • Preis: 109,- Euro UVP
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