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ASM Hydrasynth Explorer Test

Mit der Veröffentlichung des DSP-Wavetable-Synthesizers Hydrasynth sorgte die junge chinesische Firma „Ashun Sound Mashines“ 2020 für großes Aufsehen in der Synthesizer-Welt. Die großzügige Ausstattung mit unter anderem drei Oszillatoren, jeweils fünf LFO’s und Hüllkurven sowie einer vierstufigen Effekt-Sektion ließ die Herzen von Sound Designern und Keyboarder*innen höherschlagen. Mittlerweile gibt es den Hydrasynth in vier verschiedenen Ausführungen. Seinerzeit hatten wir die erste Tastatur-Variante des Hydrasynth bereits ausgiebig getestet. Neben der erweiterten Deluxe-Version bietet ASM nun auch die leicht abgespeckte Explorer-Variante an, mit der wir uns hier näher beschäftigten wollen. Da sie technisch und klanglich nahezu identisch zur größeren Keyboard-Version ist, verweise ich für zusätzliche Informationen und Details auf den Test des ASM Hydrasynth Synthesizers. In diesem Artikel beschäftigen wir uns vor allem damit, inwiefern der kleine Explorer sich von seinem großen Bruder unterscheidet und welche Kompromisse oder auch Vorzüge einhergehen. 

ASM Hydrasynth Explorer Test (Foto: Tom Gatza)
ASM Hydrasynth Explorer Test (Foto: Tom Gatza)

Details

Äußere Erscheinung

Mit seinem kompakten Gehäuse, den 37 Medium Size-Tasten und der aufgeräumten Bedienoberfläche erinnert der Explorer rein optisch stark an den virtuell-analogen Korg-Klassiker Microkorg. Die ähnlichen Maße (B x T x H : 554 x 247 x 58 mm) sowie das nur unwesentlich höhere Gewicht (3,46 kg) bestätigen diesen Verdacht. Obwohl es bis auf die Unterseite hauptsächlich aus Plastik gefertigt ist, wirkt das Gehäuse sehr solide und stoßfest. Die Potis fühlen sich mit ihren gummiartigen, geriffelten Außenflächen sehr griffig und präzise an, während die orangefarbene Beschriftung auf schwarzem Untergrund den modernen Charakter des Synths unterstützt. 

Fotostrecke: 3 Bilder ASM Hydrasynth Explorer in der Vorderansicht … (Foto: Tom Gatza)

Explorer vs. Keyboard Edition: Wo liegen die Unterschiede?

Die Gemeinsamkeiten zwischen dem kompakten Explorer und der etwa doppelt so teuren Keyboard-Version des Hydrasynth liegen erfreulicherweise deutlich über den Unterschieden. Die komplette DSP-Engine der Keyboard-Version ist auch im Explorer übernommen worden: Dazu zählen unter anderem die achtstimmige Polyphonie, die drei Wavetable-Oszillatoren sowie die jeweils fünf vielseitig zuweisbaren Hüllkurven und LFO’s. Auch die vier für den Hydrasynth charakteristischen „Mutators“, die sich beispielsweise um FM oder Pulse Width-Modulation kümmern, sind mit von der Partie. Durch die vier unabhängigen Effekt-Slots behält der Hydrasynth auch im kleineren Gewand die Oberhand in Sachen On Board-Effekte. Die wesentlichen Unterschiede zur größeren Keyboard-Version liegen durch das kleinere Gehäuse vor allem im Bereich der Tastatur sowie der Bedienung des Synthesizers.

Tastatur und Bedienung

Statt der 49 Full-Size Tasten des größeren Bruders wurde beim Explorer eine 37 Tasten umfassende Mid-Size-Tastatur verbaut. Das Besondere für eine Tastatur dieses Formats ist, dass die innovative „Polytouch“-Methode vom Geschwisterchen übernommen wurde. So kann jede Taste ein unabhängiges Aftertouch-Event senden, was gerade bei polyphonen Sounds eine riesige Klangvielfalt und Ausdrucksstärke ermöglicht. Der für gleitende Lead-Sounds so prädestinierte Ribbon-Controller hat im kompakten Explorer leider keinen Platz gefunden. Das Gleiche gilt für die Pitch/Mod-Wheels, an deren Stelle sich nun zwei Touch-Slider befinden. Die ausführliche Arpeggiator-Sektion mit dem innovativen Phrase-Modus sind 1:1 von der Keyboard-Edition in den Explorer gewandert. Im Control-Bereich der beiden Multimode-Filter fehlen die Potis zum Envelope 1- sowie für den LFO 1-Amount. Auch bei den variablen Encodern hat ASM auf vier Regler verzichtet, um die Portabilität des Explorers zu gewährleisten. Die „Main Systems“-Sektion liefert mit dem großen Poti zur Preset-Anwahl und dem kompakten Display wie gehabt eine solide Gesamt-Übersicht über die Vorgänge im Hydrasynth. Besonders freue ich mich über die Initialize- und Random-Buttons, die den Workflow erleichtern und die Kreativität fördern.

Fotostrecke: 4 Bilder Die Mid-Size Tastatur mit Polytouch … (Foto: Tom Gatza)

Anschlüsse

Die Full Size Keyboard-Version des Hydrasynth besitzt zusätzlich zu den rückseitigen Anschlüssen vorne links noch zwei 3,5 mm-Klinkenbuchsen samt separatem Volume-Regler für die Kopfhörer-Nutzung. Ein nettes, aber nicht unbedingt lebensnotwendiges Feature, auf welches beim Explorer problemlos verzichtet werden kann. Dafür wurde insgesamt auf die oft kritisierte Einbuchtung auf der Rückseite verzichtet, wodurch sich die Anschlüsse nun mit weniger Handverrenken erreichen lassen. Auf der Rückseite gibt es die ein oder andere Einsparung zu verbuchen. Im Bereich der MIDI-Anschlüsse musste „Thru“ weichen, was aber theoretisch über Umwege mittels USB-MIDI gelöst werden kann. Auch der Expression-Pedal-Anschluss fehlt, hier ist jetzt nur noch ein Sustainpedal anschließbar. Erfreulicherweise wurden die Anschlüsse für CV/Gate-Verbindungen übernommen, auch wenn hier auf die Inputs verzichtet wird und nur Outputs verbaut wurden. Im Hinblick auf die praktische Nutzung der Anschlüsse vermisse ich allerdings kaum etwas im Vergleich zum großen Bruder des Explorer. Im Gegenteil: Für einen Synthesizer von dieser Größe ist der ASM hier erstaunlich gut ausgestattet. Neben dem Betrieb über das mitgelieferte Netzteil ist der Hydrasynth Explorer jetzt auch per Batterie nutzbar, was ihn abermals von seinen Geschwistern abhebt.

Die Rückseite des ASM HydraSynth Explorer mit allen Anschlüssen. (Foto: Tom Gatza)
Die Rückseite des ASM HydraSynth Explorer mit allen Anschlüssen. (Foto: Tom Gatza)
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Praxis

Arbeiten mit Hydrasynth Explorer

Zu den Auffälligkeiten des Explorers, verglichen mit den anderen Ausführungen der Hydrasynth Baureihe, zählt bereits optisch die verbaute die Mid-Size-Tastatur. Mit knapp 9 cm Tasten-Tiefe ist sie nicht nur haptisch, sondern auch in puncto Größe nahezu identisch mit der des Arturia Keystep. Um einen weiteren Vergleich herbeizuziehen: Die Tasten des Korg Minilogue sind mit 11 cm etwas länger und vermitteln den Eindruck einer angenehm weichen Lagerung der Tastatur. Sowohl im Vergleich zum Keystep, als auch zum Minilogue ist die Tastatur des Hydrasynth wesentlich schwerer gewichtet. Das ist für derartige Medium Size-Tastaturen eher unüblich und fühlt sich deshalb beim Spiel zunächst auch etwas ungewohnt an. Für den polyphonen Aftertouch ist diese Gewichtung allerdings hilfreich, denn mit einer leichteren Tastatur ließe sich die Anschlagdynamik womöglich nicht derart akkurat kontrollieren. Außerdem habe ich das Gefühl, dass (durch die höhere Gewichtung?) die Tastatur teilweise etwas klapprig wirkt. Beim Loslassen der Taste ist in der Mechanik auf jeden Fall eine deutlichere mechanische Geräuschentwicklung zu vernehmen, als bei Minilogue und Keystep. Diese Thematik ist jedoch immer sehr subjektiv und ich möchte keineswegs die Wertigkeit und Verarbeitung des Hydrasynth infrage stellen, die ich insgesamt sehr schätze.
Persönlich war ich noch nie ein großer Fan von Ribbon-Slidern zur Kontrolle von Pitchbend und Modulation und werde es auch beim Explorer nicht. Jedoch dürften die beiden Controller die fehlenden, haptisch ansprechenderen Räder ausreichend repräsentieren. Da der Hydrasynth durch seine DSP-Steuerung über eine sehr großzügige Effekt- und Modulationsmatrix verfügt, ist die Abwesenheit von vier variablen Encodern zur Kontrolle derselben durchaus im Workflow spürbar.
 Weil überdies nur ein Widescreen-OLED Display anstelle von vier separaten OLED-Displays verbaut wurde, muss dann doch ein paar Mal mehr der „Page“-Button bedient werden, um zum gewünschten Parameter zu gelangen. Ehrenwert ist es, dass der User trotz des eingeschränkten physischen Platzes auf keinerlei Engine-Leistung im Vergleich zu den größeren Ausführungen verzichten muss. Durch die Anordnung der einzelnen Elemente und ihren Buttons als eine Art Signalweg-Grafik auf der Bedienoberfläche lässt sich außerdem insgesamt das Zusammenspiel der einzelnen Parameter und Sektionen sehr gut überblicken.

Klang

Wie bereits im vorangegangenen Test desASM Hydasynth bescheinigt, sind die klanglichen Möglichkeiten des Synthesizers immens. Umso erfreulicher ist es, dass wir auf diese auch bei der kleineren Explorer-Version keineswegs verzichten müssen. Gerade für vielschichtige Pad-Sounds eignet sich die DSP-Engine hervorragend. Mittels der diversen Mutatoren und Effekte lässt sich der Sound nach dem ganz eigenen Geschmack formen. Zeitweise komme ich mir hierbei tatsächlich so vor, als würde ich gerade vor meinemAbleton-Rechner sitzen und endlosen Klang-Möglichkeiten ins Auge blicken. Ganz abwegig ist dieser Gedanke nicht, denn im Prinzip habe ich gerade einen DSP-Computer vor mir stehen. Durch den Polytouch kann gerade Flächensounds viel zusätzliches Leben eingehaucht werden. Hinzu kommen die diversen Effekte, die allesamt sehr hochwertig klingen und mit vielerlei Parametern umfassend manipuliert werden können. Einen Mod-Regler im Reverb-Bereich hätte ich zwar begrüßt, vermisse ihn aber aufgrund der vielen anderen Möglichkeiten nicht wirklich.

Audio Samples
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Sawpressive GD: SawPad, Polytouch, Reverb Dark Skies: SineWave, Wavestack, Reverb, Polytouch Moon=Mars SCD: Saw, Wavescan, Duotone 5 Oszillator, Variation per Polytouch

Im gut gefüllten Preset-Parkhaus tauchen erstaunlicherweise auch viele Upright/E-Piano-Sounds auf, die ich irgendwie charmant und inspirierend finde. Sogar Upright-Klaviere klingen unerwartet realistisch – wahrscheinlich kommt hier das Wavestack/Detune-Feature zum Tragen.

Audio Samples
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1934 Upright: Square Oszillator, Micoten 5 Oszillator, PW, Wavestack RoadsyPhaze: Sine, Saw, Triangle Oszillator, FM, Phaser

Im Bass-Bereich mag der Explorer nicht unbedingt mit dem reichhaltigen Low-End und Punch eines Moog-Synthesizers mithalten, ist jedoch total brauchbar und erinnert mich phasenweise nicht mehr nur optisch an den Korg Microkorg

Audio Samples
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Mother Bass Go: SineWave OSCs, FM, Chorus, LoFi FX FM Simple Bass: SineWave, FM, Chorus

Dass sich die Oszillatoren, sowie die Noise-Generatoren und Ring-Modulatoren im Mixer-Bereich separat pannen lassen, habe ich persönlich auch noch nie erlebt und bin großer Fan. Auch der Arpeggiator macht mit seinen diversen Modi und den intuitiven Kontroll-Möglichkeiten einen tollen Job.

Audio Samples
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Ribbon FX Arp MP: OSC Saw/Triangle, Reverb, Delay, diverse Arp Modi

ASM Hydrasynth Explorer Sound Demo (no talking)

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Fazit

Der Explorer Edition des ASM Hydrasynth bietet die immense Klangvielfalt der Keyboard-Version in einem wesentlich kleineren Gehäuse und zum halben Preis. Die platzbedingten Kompromisse wie etwa weniger Kontroll-Potis oder der fehlende Ribbon-Streifen lassen sich im Workflow erstaunlich gut verkraften und schränken den Explorer kaum in seiner Leistungsfähigkeit ein. Die etwas klapprig wirkende Mini-Tastatur wird vom erfreulichen Polytouch-Feature übertönt, welches den Hydrasynth als ohnehin schon grandiosen Flächen-Lieferanten zusätzlich ausschmückt. Auch wenn sie angesichts der kompakten Größe erstaunlich übersichtlich organisiert wurden, können die diversen und teilweise unkonventionellen Features für einen Synthesizer-Einsteiger mitunter anfangs etwas überfordernd wirken. Wer als Keyboarder*in nach viel Klang bei gleichzeitiger Portabilität und erschwinglichem Preis sucht, sollte sich die Explorer-Version des ASM Hydrasynth allerdings definitiv einmal zu Gemüte führen.

ASM Hydrasynth Explorer in der Vorderansicht ... (Foto: Tom Gatza)
ASM Hydrasynth Explorer in der Vorderansicht … (Foto: Tom Gatza)
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