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Artec Gainer Boost Test

Das Ende der Suche mit dem Artec Gainer Boost? Weil, wenn wir ehrlich sind, befinden sich die meisten Gitarristen nach wie vor auf der permanenten Suche nach dem optimalen Sound. Und wie dafür nicht selten am Equipment gebastelt wird, erinnert mich an Kumpels aus meiner Jugendzeit, die für zwei Stundenkilometer mehr tagelang an ihren Mofas herumschraubten. Manche verbrachten sogar mehr Zeit mit dem Frisieren ihres Zweirades als mit dem Fahren. Solche Kollegen gibt es auch unter Gitarristen, aber das ist absolut in Ordnung, solange es Spaß macht. Was für den Mofafahrer die Geschwindigkeit und für den Computerschrauber die schnellere Prozessorleistung, das sind für den Gitarristen mehr Gain und Lautstärke. Auch wenn Psychologen das Ganze wahrscheinlich in die Schublade Dominanzverhalten und Drang nach Macht und Überlegenheit stecken würden, geht es im Grunde um nichts anderes als Spaß. Nichts ist nämlich nerviger als ein Amp, der nicht aus den Puschen kommt, ganz gleich, wie sehr man seine Gitarre auch prügelt.

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Zum Glück ist es nicht notwendig, sofort mit Lötkolben und großem Operationsbesteck anzurücken, um seinem Amp etwas mehr Leben einzuhauchen. Sogenannte Booster im Pedalformat können hier wahre Wunder bewirken, ohne dass eine einzige Schraube am Verstärker bewegt werden muss. Diese kleinen Helfer dienen einerseits dazu, einen höheren Pegel an den Verstärker zu schicken, den Amp also etwas „anzublasen“ und dadurch die Vorstufe zu übersteuern. In diesem Fall ist das Ergebnis ein natürlicher Overdrive-Sound, der selbstverständlich am besten mit einem Röhrenverstärker funktioniert. Aber auch als Pegelverstärker für das Solo kann er gute Dienste leisten, sofern er sich dabei klangneutral verhält und das Signal frequenzmäßig unangetastet lässt. Viele dieser Pedale sind daher nur mit minimalen Regelmöglichkeiten ausgestattet, oft nur mit einem einfachen Volume-Regler. Bei unserem Testgerät, dem Gainer Boost vom koreanischen Hersteller Artec, sieht das etwas anders aus. Das Pedal aus der Legend-Reihe kommt recht üppig ausgestattet mit vier Reglern. Was man damit alles anstellen kann, soll der folgende Test zeigen.

DETAILS

Der Gainer Boost kommt optisch im gleichen Outfit wie die übrigen Pedale der Legend-Serie, also im Aluminiumgehäuse, das mit den Maßen 67 x 115 x 43 mm (B x T x H) der üblichen MXR-Pedalgröße entspricht und dadurch auch nur wenig Platz auf dem Pedalboard beansprucht. Das leichte Gehäuse sorgt für ein relativ geringes Gesamtgewicht von 310 Gramm (ohne Batterie), macht aber einen sehr robusten und roadtauglichen Eindruck. Die Anschlüsse findet man wie gewohnt an den Seiten, rechts den Eingang, links den Ausgang zum Verstärker. An die Buchse für ein 9V DC Standardnetzteil an der rechten Seite passen die üblichen Adapter von Boss oder Ibanez. Batteriebetrieb ist auch möglich, allerdings liegt das Batteriefach hinter der Bodenplatte, die mit vier Schrauben gelöst werden muss. True Bypass gehört bei ernstzunehmenden Pedalen inzwischen zur Standardausstattung, auch unser Kandidat kann damit dienen, leitet also das Eingangssignal bei ausgeschaltetem Pedal direkt an den Ausgang weiter. In der exklusiven braunen Papp-Verpackung finden neben einem Putztuch für die Pflege der matt glänzenden Oberfläche auch vier kleine Gummifüße Platz, die bei Bedarf an die Unterseite geklebt werden können und für rutschfesten Stand sorgen.

Alle Bedienelemente sind auf der Oberseite angeordnet, beim Gainer Boost sind das vier Regler in zwei Reihen. In gewohnter Position befindet sich der massive Standard-Metallschalter, mit dem das Gerät aktiviert wird. Im aktiven Modus leuchtet zwischen den oberen Reglern eine blaue LED. Mit Volume und Gain dienen diese zum Einstellen von Lautstärke und Verzerrungsgrad. Verzerrung? Richtig, beim Gainer Boost gibt‘s die im Vergleich zu anderen Boostern gratis dazu. Normalerweise wird mit Volume die Lautstärke so weit angehoben, dass die Vorstufe zu zerren beginnt. Der Gainer Boost ist aber auch selbst in der Lage, Verzerrung zu erzeugen, deren Grad mit dem Gainregler eingestellt werden kann. Die klanglichen Auswirkungen im Wechselspiel mit beiden Reglern werdet ihr im Praxisteil selbstverständlich zu hören bekommen. In der zweiten Reihe ist die Klangregelung mit Bass und Treble zuhause.

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PRAXIS

Zu Beginn werden wir uns wie immer erst einmal ein Bild von der 12-Uhr-Einstellung des Pedals machen. Alle Regler befinden sich in der Mitte, und ihr hört zuerst das normale Ampsignal und direkt danach den Klang mit eingeschaltetem Gainer Boost.

GitarreVolumeGainBassTreble
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Audio Samples
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Boost Flat

Wie man bereits anhand des Hörbeispiels feststellen kann, gehört der Gainer Boost nicht zu den klangneutralen Boostern. Hier werden – bei eingeschaltetem Pedal natürlich – trotz neutraler Einstellung der Klangregelung die unteren Mitten recht deutlich aufgefüttert. Den Lautstärkeunterschied dürfen wir in dieser Einstellung im Vergleich zum puren Ampsignal erst einmal vernachlässigen. Zwar ist der im vorangegangenen Beispiel schon recht hoch, aber das ist in diesem Fall normal, zumal uns ja noch alle Möglichkeiten der Anpassung mit Volume- und Gainregler bleiben. Und mit denen werden wir uns als Nächstes etwas genauer auseinandersetzen.

Gain-Volume
Eine typische Boost-Funktion, bei der man den Amp etwas reizt und eine relativ klangneutrale Pegelanhebung erreicht, kann man erzeugen, wenn der Gain-Regler komplett zurückgenommen wird. Dabei ist die pedaleigene Verzerrung quasi ausgeschaltet, und der Gainer Boost liefert einen höheren Pegel, der Einstellung des Volume-Reglers entsprechend, bei voll aufgedrehtem Volume gut geeignet für Solo-Boosts.

GitarreVolumeGainBassTreble
Telecaster8121212
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Solo Boost

Zieht man nun den Gain-Regler noch mit hinzu, kann wesentlich mehr Verzerrung erzielt werden. Der maximale Zerrgrad liegt aber auch dann immer noch deutlich unter dem von normalen Overdrive-Pedalen wie zum Beispiel dem Tube Screamer oder der Box Of Rock. Wer also eventuell damit liebäugelt, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen und ein Overdrive- und Boost-Pedal in einem zu erhalten, den muss ich leider enttäuschen. Der Gainer Boost liegt ziemlich genau in der Mitte zwischen beiden und liefert mit seiner internen Overdrive-Schaltung zwar mehr Gain als ein normales Boost-Pedal, aber definitiv weniger Zerre als herkömmliche Overdrives. Ihr hört in den nächsten Beispielen vier verschiedene Einstellungen des Gain-Reglers, zuerst 9, dann 12, 15 und 17 Uhr.

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SG129-12-15-171212
Audio Samples
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Gain 9 Gain 12 Gain 15 Gain 17

Wie schon bei den bereits getesteten Legend-Pedalen aus dem Hause Artec muss ich leider auch hier den Schalter bemängeln, der nicht ohne deutliches Knacken arbeitet. Bei einem Pedal für knapp 100 Euro sollte das nicht vorkommen.


Klangregelung
Mit den beiden Klangreglern für Höhen und Bässe ist eine sehr effektive Soundkosmetik möglich, falls man das möchte. Für Single-Note-Gitarren, die etwas Schmutz benötigen, kann ich die mittlere Einstellung von Volume und Gain empfehlen, dazu sollte man die Bässe in dem Maße absenken, wie Höhen dazukommen. Fertig ist ein recht knackiger Sound mit einer leichten Verzerrung, die im Bassbereich sehr transparent und in den Höhen etwas schärfer rüberkommt, ohne im Ohr zu klingeln.

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Stratocaster1212914
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Dirty

Das Pedal ist extrem wandlungsfähig, beim nächsten Beispiel habe ich nicht viel verändert, gleiche Gitarre, gleicher Pickup, auch Gain und Volume bleiben gleich. Lediglich Bass und Treble stehen in entgegengesetzter Richtung wie zuvor. Damit wird die Strat richtig fett gemacht und erhält durch die Höhenabsenkung einen warmen Ton.

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Stratocaster1212159
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Fat

Wer mal eben den Amp von klar auf muffig schalten will, der kann das auch per Pedal erledigen. Sind die Höhen komplett zurückgenommen, wird ein staubtrockener Ton generiert, ideal für richtig weiche Leadsounds oder Stoner-Riffs.

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Les Paul1115147
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Muff

Gainer Boost am verzerrten Amp
Bisher hatte ich den Gainer Boost nur vor einen clean eingestellten Amp (Sovtek MIG 50) geschaltet, aber viele Gitarristen benutzen einen Booster auch, um aus einem schon verzerrten Amp noch etwas mehr Gain zu kitzeln. Das soll natürlich auch getestet werden, weshalb sich der Marshall Plexi bereits warmläuft und auf entsprechende Zerrung eingestellt ist. Beim Hinzuschalten des Gainer Boosts muss man in dieser Disziplin etwas vorsichtiger arbeiten – natürlich immer abhängig von der bereits eingestellten Verzerrung des Amps. Höhere Einstellungen des Gainreglers führen dabei schnell zu einem komprimierten Klang, der dann auch etwas matschig wirkt. Außerdem sollte man etwas mit der Klangregelung gegensteuern, denn die Höhen werden bei höheren Gain-Einstellungen bissig und müssen dann eher zurückgenommen werden. Ihr hört zuerst den normalen Klang des Marshalls.

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Plexi (ohne Artec)

Jetzt kommt die Einstellung, die mir in diesem Kontext am besten gefällt: Gain komplett runter und mit voll aufgedrehtem Volume die Vorstufe härter anfahren. Die Dynamik bleibt gut erhalten und der Klang hat etwas mehr Verzerrung.

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Les Paul1671212
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Plexi Boost 1

Bei Gain auf 9 Uhr wird es schon etwas undefinierter. Der Sound komprimiert mehr und auch das Klangbild ändert sich, weshalb ich die Höhen etwas zurückgenommen habe.

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Les Paul1691210
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Plexi Boost 2
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FAZIT

Wo andere nur mit einem einzigen Volume-Regler bestückt sind, zeigt sich der Gainer Boost mit Volume, Gain, Bass und Treble wesentlich flexibler. Absolute Puristen werden damit nicht unbedingt glücklich sein, denn hier ist der Klang nicht so neutral wie bei manchen Konkurrenzprodukten, aber dafür gibt es Klangvariationen, die mit einem einzelnen Volume-Poti nicht machbar sind. So kann sich eine Strat je nach Bedarf schlanker oder fetter präsentieren, und dazu gibt es von der internen Overdrive-Schaltung noch etwas Gain obendrauf. Zwar ist das nicht so hoch, dass man damit ein Overdrive-Pedal ersetzen könnte, aber vor dem bereits verzerrten Amp trotzdem mit Vorsicht zu genießen. Vor dem clean eingestellten Röhrenamp hat der Booster durchweg eine gute Figur abgegeben, sodass jeder, der für seinen Clean-Kanal eine zusätzliche Crunch-Schaltung sucht oder einfach einen Lead Boost für Solos benötigt, den Gainer Boost von Artec in seine Pedalwahl einschließen sollte.

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Technische Spezifikationen
  • Hersteller: Artec
  • Modell: Gainer Boost
  • Typ: Boost/Overdrive Effektpedal
  • Regler: Volume, Gain, Bass, Treble
  • Anschlüsse: Input, Output, 9V DC
  • Stromverbrauch: 100 mA
  • Spannung: 9V (Batterie oder Netzteil)
  • Maße: 67 x 115 x 43 mm (B x T x H)
  • Gewicht: 310 Gramm
  • Preis: € 98,- (UVP)
Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • Klangvielfalt
  • stabile Bauweise, leicht
  • True Bypass
  • Crunch Sound in Verbindung mit cleanem Amp
Contra
  • komprimiert schnell vor dem verzerrten Amp
  • Schalter nicht knackfrei
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Artec Gainer Boost Test
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