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Yamaha NP-V80 “Piaggero” Test

Der Name „Piaggero“ leitet sich von den Worten „Piano“ und „leggero“ (leicht) ab. Das V im Namen steht dabei für „versatile“ (vielseitig). Ein leichtes, vielseitiges Klavier also. Mit guten 7 kg Gewicht, einer Begleitautomatik, diversen Spielhilfen und 500 Presetsounds erscheint der Name in jedem Fall passend. Das neue E-Klavier von Yamaha richtet sich an alle preisbewussten Anfänger, die neben dem trockenen Klavierlernen von Beginn an Spaß am Instrument haben wollen.

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Die Gefahr, dass Spaß auch in Ablenkung umschlagen kann, ist allerdings groß. Und so werde ich in diesem Test wohl oder übel die Rolle des alten, grummeligen Klavierlehrers übernehmen müssen.

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Details

Mit 7,1 kg ist das Piaggero tatsächlich ein Leichtgewicht. Zwei dunkelbraune, holzartige Seitenteile geben dem ansonsten ganz in klassischem Schwarz gehaltenen Piano das gewisse Wohnzimmer-Digital-Piano-Flair. Das elegante rote Filzband zwischen Gehäuse und Tastatur trägt ebenfalls zu diesem Eindruck bei [Bild: Ya-NP-V80_Bild1]. Die Kunststoff-Tastatur mit 76 Tasten würde ich als halbgewichtet bezeichnen, ein klavierartiges Spielgefühl kommt mit ihr leider nicht auf. Ein kontrolliertes, dynamisches Spiel ist darauf ziemlich schwer zu realisieren. Dass die Tastatur mit Soft Graded Touch ausgestattet ist (die Gewichtung also von tiefen zu hohen Tasten wie bei einem Klavier abnimmt), ist da leider nur Kosmetik. Als Spielhilfe steht der Tastatur links ein Pitch-Wheel zur Verfügung. Zwei 6 Watt Boxen sind jeweils an den Seiten eingelassen. Das Bedienfeld über der Tastatur beginnt auf der linken Seite mit einem Volumen-Poti, dem On/Off-Schalter und einem Taster für die Demo-Songs. Gleich daneben liegen diverse Taster für spezielle Funktionen des NP-V80. So etwa fünf Taster zum Ein- und Ausschalten von Einzelspuren von MIDI-Songs. Außerdem findet man Transporttaster zur Steuerung der Songs und Taster zur Bedienung von diversen Spielhilfen, auf die ich später noch näher eingehen werde 

In der Mitte ist das angenehm große LC-Display angeordnet, welches in mehrere Bereiche unterteilt ist. Neben dem großen Titel des aktuellen Sounds oder Songs, den man spielt, werden unter anderem in einem Notensystem und einer grafischen Tastatur die jeweiligen gespielten Töne angezeigt.
Rechts vom Display liegen die Taster zur Modus-Anwahl, eine „Grand Piano“-Taste, mit der man in jeder Situation schnell einen Klaviersound erreicht, sowie fünf Taster zur Anwahl von gespeicherten Setups. Weiterhin findet man eine Function-Taste, die sich noch als Allrounder entpuppen wird, sowie ein Datenrad und ein Ziffernblock. Ganz rechts vom Bedienfeld befinden sich On/Off-Taster für Arpeggiator, Dual-, Split- und Harmony-Funktion des NP-V80.
Neben der Tastatur wartet auf der rechten Seite ein Anschluss für einen USB-Stick, was schon mal recht vielversprechend aussieht. Auf der Rückseite geht es ziemlich aufgeräumt zu: Hier gibt es einen Stereo-Klinken/Kopfhörer-Ausgang, eine Buchse für ein Sustain-Pedal und einen USB-to-host Anschluss. 
Auf der Unterseite finden wir, als kleine Überraschung, ein Batteriefach! Ja, das NP-V80 ist mit sechs AA Batterien zu betreiben und damit in Anbetracht des geringen Gewichts vollständig mobil einsetzbar. 

Bedienkonzept
Das Piaggero ist in Voice-, Style- und Song-Mode unterteilt. Die Grenzen der drei Modi sind allerdings fließend und in dieser Hinsicht nicht immer leicht zu verstehen. Doch beginnen wir der Reihe nach. Zunächst hat man im Voice-Modus Zugriff auf sämtliche Sounds – und das sind immerhin 500 an der Zahl. Die Voices lassen sich entweder vollständig oder gesplittet über die Tastatur spielen. Der Splitpoint ist dabei wählbar. Auch eine duale Spielweise, also zwei Voices übereinandergelegt, ist vorgesehen. Die Voices sind hintereinander in einer langen Liste angeordnet. Mithilfe der „Category“-Taster kann man aber recht schnell die einzelnen Instrumentengruppen, wie Pianos, Orgeln, Gitarren, Bläser, Streicher, etc. durchblättern und dann mit dem Datenrad das gesuchte Instrument anwählen.

Wichtig bei der Bedienung des NP-V80 ist die Funktionstaste. Sie ist eine Art Menü-Taste für alle Lebenslagen. Unter anderem lassen sich hier der Splitpunkt, die Lautstärke des Metronoms, die Effektanteile der Main-, Split- und Dualvoices, etc. festlegen, außerdem kann man Einstellungen zum Arpeggiator (mit 50 Patterns) vornehmen. Dass alle Funktionen quasi vertikal aufzurufen sind, ist ein wenig unübersichtlich, da man im ungünstigen Fall recht lange durchskippen muss, bis die gesuchte Funktion erscheint.

Die Spezialität des „Piaggero“ ist die umfassende Begleitautomatik. Insgesamt werden 165 Stilistiken mit unterschiedlichen Patterns wie Intro, Main und Ending angeboten. Man kann sich in der „Music Database“ sogar noch einen passenden Sound zum Style der Begleitung raussuchen lassen. Praktisch ist dabei die Möglichkeit des Sync-Starts, bei dem die Begleitung mit der ersten gespielten Taste beginnt. Eine Steuerung über ein Fußpedal ist leider nicht vorgesehen. Es ist sowohl möglich zur reinen Drumspur zu spielen, als auch die Akkorderkennung zu aktivieren, um sich so von einem Bandsound begleiten zu lassen. Die harmonische Begleitung wird dabei entweder durch die vollständig gespielten Akkorde oder durch eine bestimmte Vereinfachung gesteuert. So kann man auf der unteren Hälfte der Tastatur mit nur zwei Fingern ganze Akkorde definieren. Die Tastenkombination „c“ und „h“ beispielsweise ergibt einen dominanten C7-Akkord. Die Kombination „c“ und „b“ einen C-Moll-Akkord. Auf den Kopf gestellte Harmonielehre! Ob diese Vereinfachung pädagogisch sinnvoll ist, wage ich stark zu bezweifeln. Lobenswert hingegen ist das eingebaute Akkordlexikon, mit dem sich ganz einfach herausfinden lässt, aus welchen Tönen ein bestimmter Akkord besteht. Dieser wird dann im Display als Note und auf der grafischen Tastatur dargestellt. Das ist tatsächlich eine hilf- und lehrreiche Zusatzfunktion.

Sämtliche Demo-Songs sowie User- und importierte MIDI-Files lassen sich im Song-Modus hintereinander abspielen. Dabei können das Tempo variiert, einzelne Sektionen mittels „A-B Repeat“-Funktion wiederholt und Spuren gemutet werden. An dieser Stelle muss ich auf die interessante, so genannte „Education Suite“ des NP-V80 eingehen. Dahinter verbergen sich ein paar Funktionen, die das Üben von Stücken erleichtern sollen.
Zunächst können alle Demo-Songs als Übungsstücke benutzt werden. Dabei hat man die Möglichkeit, linke und rechte Hand eines Piano-Parts zu muten, um diese dann selbst zu spielen. Alle Noten dieser Stücke sind übrigens als PDF-Dokumente auf der mitgelieferten CD vorhanden.
Außerdem gibt es drei weitere Funktionen: Zum einen die „Wait-Funktion“, die dafür sorgt, dass die nicht gemutete Keyboardstimme erst weiter spielt, wenn die spielende Hand alle ausstehenden Noten gespielt hat. Die zweite pädagogische Funktion hört auf den Namen „Your Tempo“. Spielt man also ein Stück und macht viele Fehler, reduziert sich automatisch das Tempo, bis man eine Geschwindigkeit erreicht hat, die passend erscheint. Die dritte Funktion nennt sich „Minus one“ und macht nichts anderes, als die Leadstimme aus dem Demosong zu muten, um selber Hand anlegen zu können. (Ein Detail am Rande: Zwar wird die Leadstimme gemutet, die MIDI-Daten inklusive Sustain-Informationen werden dennoch abgerufen. Folglich kommen sich diese Daten und die vom erneut gedrückten Sustain-Pedal in die Quere und sorgen für unkontrollierte, abgedämpfte Noten.) Weiterhin sehr praktisch ist die Möglichkeit, jeweils vier Takte in einer Schleife zu hören und dazu zu spielen. Die Tatsache, dass all diese Funktionen nicht nur auf die internen Stücke, sondern auch auf importierte MIDI-Files anwendbar sind, könnte sie tatsächlich zu praktischen Unterrichts-Optionen machen.

Mit dem integrierten Recorder lassen sich bis zu fünf Songs aufnehmen. Zur Verfügung stehen dabei fünf Spuren für (unterschiedliche) Instrumente und eine Spur, auf der sich Akkorddaten der Begleitautomatik aufzeichnen lassen.

Über den USB-Anschluss an der Vorderseite (USB-Stick) als auch über den Anschluss auf der Rückseite (Computer) können Daten im MIDI-Format und im Yamaha eigenen Song- und Style-Format übertragen werden. Eigene Songs lassen sich extern abspeichern oder wieder neu einladen. Leider kann das NP-V80 nicht direkt vom Stick lesen, sodass die Daten erst eingelesen werden müssen und dabei die fünf User Song Speicherplätze überschrieben werden. Zur Speicherung der Daten auf einem Computer wird eine Software und ein USB-MIDI-Treiber mitgeliefert, die allerdings nur unter Windows laufen.

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Praxis

Die mitgelieferten 500 Sounds bestehen bei genauerer Betrachtung aus 127 Original-Klängen, 12 Drumsets und 361 XG-Sounds (Yamahas erweiterter GM-Standard). Letztere entsprechen qualitativ dem, was man von GM-Sounds gewohnt ist. Deshalb möchte ich mich hier auf die Beschreibung der anderen Voices beschränken, die sich glücklicherweise von den XG-Sounds abheben.

Drei Flügel-Sounds stehen zur Auswahl, die sich sicherlich nicht mit den großen ihrer Zunft messen können. Man könnte sie als passabel bezeichnen, obgleich bei stark angeschlagenen Tasten ein paar sehr unschöne Soundartefakte auftreten.

Audio Samples
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Grand Piano 1 Grand Piano 2

Die E-Pianos und Orgeln klingen ebenfalls durchschnittlich. Immerhin: Man hat auch schon mal Schlechtere gehört – und den Preis darf man ja auch nicht außer Acht lassen. Bei den Streichern ist die Soundqualität recht unterschiedlich. Größere Ensembles klingen wesentlich besser als etwa ein Streichquartett. Die Solo-Streicher hingegen gehen gar nicht.

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Rhodes Orgel Streicher 1 Streicher 2 Cello

Viel besser sieht es da bei den Bläsern aus. Sowohl Blech- als auch Holzbläser überraschen mit realistischem und dynamischem Sound.

Audio Samples
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Sax

Sämtliche Synthie-, Bass- und Chor-Sounds sind absolute Stangenware. Keine Überraschungen – aber immerhin auch nichts Negatives. Die Sounds der Begleitautomatik bedienen nahezu vollständig das Kaufhaus-Musikklischee – um damit zu Hause „rumzuspielen“, reicht es allerdings aus. Und seine Fingerübungen mit einem Drumbeat statt einem Metronom zu unterlegen, kann ja auch mal ganz nett sein.

Audio Samples
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Pop Style Guitar Samba Style Oleo

An Effekten stehen global neun Reverb-, zwei Chorus- und zwei Flanger-Typen zur Auswahl. Per Send-Funktion lässt sich dann den einzelnen Sounds die gewünschte Menge an Effektanteil zufügen. Allerdings ist das Speichersystem sehr verwirrend. So kann man die Einstellungen an den Sounds nicht direkt als neuen Sound speichern. Alle Einstellungen lassen sich nur im so genannten „Registration Memory“ abspeichern. Hier legt man Templates, die das gesamte Keyboard betreffen, fest – beispielsweise auch, wie sich bestimmte Spielhilfen verhalten sollen. Stellt man allerdings für einen gewissen Sound einen Hallanteil ein, speichert diesen im „Registration Memory“, wechselt den Sound und kehrt anschließend zum Ursprungssound zurück, ist die Effekteinstellung dahin. Ruft man dann erneut die richtige „Registration Memory“ auf, sind die Einstellungen wieder da. Das ist ziemlich umständlich.

Es gibt ein paar Spielhilfen, über deren Sinn man sich streiten kann. So passen sich beispielsweise mit Hilfe des „Performance Assistent“ gespielte Noten automatisch den Harmonien des ausgewählten Songs an – das funktioniert bei jedem MIDI-File, das Akkordinformationen enthält. Falsche Töne (oder sagen wir: chromatische Verwandte) werden eliminiert, automatisch zu einem diatonischen Akkordton gepitcht, und alles löst sich in einem Wohlklang auf. Kinder werden es lieben, Pädagogen es zumindest fragwürdig finden.

Zuletzt sei noch die praktische Auto-Power-Off Funktion erwähnt. Sie schaltet das Gerät nach einer gewissen ungenutzten Zeit automatisch ab. Stromsparen im Kinderzimmer leicht gemacht – wunderbar!

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Das Piaggero von Yamaha ist ein leichtes und mobiles E-Piano mit allerlei Sounds und Spielereien unter der Haube. Mit einer halbgewichteten Tastatur und teilweise nur mittelmäßigen Sounds wäre es allerdings nicht meine erste Wahl, wenn es um ein Piano für den Anfänger geht, da gerade dieser an einer vernünftigen Tastatur lernen sollte. In Puncto Preis, Variabilität und Quantität der Klangpalette hat das Piaggero vor der Konkurrenz die Nase vorn. Die Begleitautomatik, diverse Spielhilfen und eingebaute Übungsfunktionen mögen für den einen oder anderen sicher weitere Pluspunkte darstellen. Stundenlanges Training im Übungsraum werden aber auch sie nicht ersetzen können – so ist es halt, wenn man ein Instrument ernsthaft lernen möchte. Dennoch sind einige Funktionen durchaus gelungen und tragen so dazu bei, den Spaß am Lernen zu erhalten.  

NP-V80_1
Unser Fazit:
3,5 / 5
Pro
  • günstiger Preis
  • geringes Gewicht
  • Begleitautomatik und Lernhilfen
Contra
  • keine gewichtete Tastatur
  • mittelmäßige Sounds
Artikelbild
Yamaha NP-V80 “Piaggero” Test
Für 307,00€ bei
Technische Details
  • 76 halbgewichtete Tasten
  • 32-fach polyphon
  • Presets: 127 Panelvoices, 12 Drumsets, 361 XGLite Voices
  • Begleitautomatik mit 165 Styles
  • 30 Preset Songs, 5 User Song Speicherplätze
  • Anschlüsse: Stereo/Kopfhörer-Out, Sustain-Pedal, USB-to-host, USB-to-device
  • Maße: 1264 x 312 x111 (B x T x H in mm)
  • Gewicht: 7,1 kg
  • Preis: UVP: 449 €
  • Straßenpreis: 409 €
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