Ein Gig in der Woche. Sex, Drugs & Rock’n’Roll. Kein Problem. Die Stimme hält. Aber wie sieht’s aus, wenn es 15 Gigs in 20 Tagen zu bewältigen gilt? Oder vielleicht auch nur fünf am Stück?
Es herrscht schon ein Widerspruch zwischen dem Starappeal-Fokus, der auf einem Sänger oder einer Sängerin liegt und der disziplinierten, leicht biederen Realität, die das Tourleben mit sich bringt. Ach ich mag gar nicht weiterschreiben, denn das Folgende hört sich ziemlich langweilig an, gehört aber mehr zur Gesangs-Tour-Routine, je erfolgreicher ihr werdet.
Ihr müsst bedenken: Es ist schon grauenhaft genug mit kaputter Stimme auf die Bühne zu gehen. Aber wenn dazu auch noch der Druck kommt, dass eine ganze Produktion von Euch abhängig ist, wird es echt fies. Jeder Posten in der Band kann bei Krankheit vertreten werden, nur der Frontmann oder die Frontfrau ist nicht austauschbar. Wenn ihr also schlapp macht, steht der komplette Apparat still. Auf einmal spielen Ticketverkäufe, Honorare für die Crew, Knatsch mit den Veranstaltern, verpasste Chancen etc. eine Rolle.
Ich habe in solchen Fällen schon öfter Anrufe von besorgten Managern bekommen, ob ich ihren Sänger oder ihre Sängerin nicht schnell wieder fit machen kann. Kann ich nicht. Oder nur extrem bedingt. Ist die Stimme erst mal richtig hinüber hilft nur noch schweigen, schlafen und abwarten.
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Um es erst gar nicht so weit kommen zu lassen, kommt hier mein Tourknigge
für Sänger und Sängerinnen:
1) Ein diszipliniertes Warm Up ist ein MUSS .
2) Genau so wie ein Warm Down für die Stimme nach dem Gig .
3) Viel Schlaf, auch wenn auf Tour das genaue Gegenteil vorherrscht. Der Gesang geht als erstes ins Bett.
4) Party nur in Dosen, wenig Alkohol, wenig rauchen.
5) Genug Essen. Es mag cool sein sich ums Essen nicht zu kümmern, aber tagelang Hochleistung zu fahren ohne den Körper gut zu versorgen, haut nicht hin. Am besten rechtzeitig (1,5 Stunden) vor dem Gig WARM Essen. Das muss nicht viel sein. Suppe geht auch. Warmes Essen liefert euch zusätzliche Energie.
6) Zwischendurch einfach mal schweigen.
7) Habt eure eigene Tourapotheke am Start. Baut lieber vor als das Nachsehen zu haben. Wenn ihr eine Erkältung nicht vermeiden könnt, müsst ihr sie sofort und konsequent in ihre Schranken verweisen und abfangen.
8) Dazu gehört auch frische Kleidung nach dem Gig und last but not least…
9) …eine gute Setlistplanung. Fragt euch, ob das gesanglich schwierigste Stück wirklich als erstes kommen muss? Plant eure Setlist nicht nur musikalisch dramaturgisch, sondern auch nach Stimmschwierigkeiten durch. So gebt ihr eurer Stimme eine Anlaufphase, verteilt die schwierigsten Songs übers Set und überfordert sie so kräftemäßig nicht.
10) Sollten eure Songs sehr hoch gesetzt sein, spielt sie live einen halben Ton tiefer. Das machen viele Bands. Es ist eben etwas anderes einen sehr hohen Song in aller Ruhe, vielleicht sogar Stück für Stück, im Studio einzusingen, als ihn nach etlichen, vorher gesungenen Titeln abliefern zu müssen. Wenn Gemecker von der Band kommt: Kaum jemand hat ein absolutes Gehör und euer Publikum wird es überhaupt nicht merken, dass der Song in einer anderen Tonart wie auf der CD ist.
Also viel Spaß und Erfolg auf Tour
Eure Catharina
P.S.: Die 10 Punkte oben kommen euch total absurd vor? Dann stellt euch vor, ihr seid Spitzensportler und bereitet euch auf einen wichtigen Wettkampf oder gar Olympia vor. Und schon ergibt das Ganze Sinn.