the t.bone SC 1200 Test

the t.bone SC 1200 ist ein neues Großmembran-Kondensatormikrofon von Thomanns Hausmarke, welches wie die anderen t.bone-Mikros in China hergestellt wird.

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Auffällig ist die Pillenform, ansonsten glänzt es eher durch die Abwesenheit von Features: Es ist nicht umschaltbar, bietet keine Filter oder Besonderheiten.

Details

Formvorbild

Zunächst: the t.bone hat die Gehäuseform natürlich nicht erfunden. Der wohl bekannteste Urahn ist wohl das etwas länglichere Bändchenmikrofon RCA 77DD, dessen Formgebung unter anderm vom MXL R77 und dem Cathedral Pipes Seville nachgeahmt wurde und sich mit R84 und R92 auch in modernen AEA-Mikrofonen wiederfindet. Ein Bügel, der das Stativgewinde im Fuß beinhaltet, greift den eigentlichen Mikrofonkorpus, der sich auf der Achse, die die beiden Verbindungspunkte erzeugen, drehen lässt. Der obere Teil, durch ein Lochblech geschützt, beinhaltet die Kapsel, im unteren Teil ist die Elektronik untergebracht. Dort wird auch das Signale herausgeführt, das man wie üblich per XLR-Kabel zum Preamp leitet. Mit fast einem Kilogramm ist das SC 1200 reichlich schwer. Geliefert wird das Mikrofon im kleinen Koffer mit einem passenden Windschutz und einer separaten Schutztasche.

Fotostrecke: 3 Bilder Großmembran-Kondensatormikrofon in Retro-Gehäuse

Kürzelkritik

Gute Gerätschaften werden ja oft als “Granate” bezeichnet, was bei dieser Formgebung ebenfalls naheliegend ist. Allerdings ist es eher eine Bombe, denn die “SC 1200” war tatsächlich eine Sprengbombe aus dem Zweiten Weltkrieg. Es ist jedoch so gut wie sicher, dass es sich um Zufall handelt, schließlich beginnen viele t.bone-Mikros mit “SC” und lassen eine Zahl folgen. Dennoch musste ich mich vor einigen Jahren über unbewusste oder sogar bewusste (wie bei “Bomblet”!) Produktbezeichnungen echauffieren.

Datendinge

Abgesehen von Äußerlichkeiten ist das the t.bone SC 1200 von einfacher Natur. Die Kapsel ist eine mittenkontaktierte Großemembrankapsel, welche ausschließlich die Richtcharakteristik Niere bereitstellt. Die Elektronik, die sich darunter befindet, ist mit ordentlichen Bauteilen aufgebaut. Natürlich wird die 48V-Phantomspeisung benötigt, um die Apparatur zum Leben zu erwecken. Die Rauschwerte gehören mit 16 dB (A?) nicht zu den besten für ein Mikrofon dieser Bauart, sind aber für viele Anwendungen absolut in Ordnung. Der Grenzschalldruck steht mit einem Pegel von 134 dB im Datenblatt, hier kann von einer THD+N von 0,5% ausgegangen werden, was absolut in Ordnung ist.

Fotostrecke: 3 Bilder Durch das Lochblech ist die mittenkontaktierte Nierenkapsel zu erkennen.

Praxis

Schwer und manchmal unpraktisch

Die Verarbeitung des the t.bone SC 1200 geht in Ordnung, die Rundungen sind recht präzise ausgeführt. Die dunkle Verchromung ist vernünftig ausgeführt, allerdings ist das Mikro dadurch recht empfindlich gegen Fingerabdrücke. Das schwere Mikrofon zu positionieren ist nicht immer einfach. Zunächst bedarf es eines ordentlichen Mikrofonstativs. Besonders bei Galgennutzung benötigt an eigentlich ein wirklich solides. Fun Fact: Im Test hing das Mikrofon an einem Triad-Orbit Starbird – dieser kostet ein Vielfaches des getesteten Mikrofons! Weil man beim Mikrofonieren oft mit Winkeln arbeitet, ist es natürlich begrüßenswert, dass das Mikrofon auf dem Bügel bewegt werden kann. Allerdings macht beim Rückwärtskippen der XLR-Stecker schnell einmal einen Strich durch die Rechnung, selbst dann, wenn es sich um einen gewinkelten handelt. Bei den Bändchenmikrofonen, die dieses Gehäuseform haben, wäre das im Regelfall einfach zu lösen, denn die Richtcharakteristik Acht lässt sich in den meisten Fällen einfach umdrehen und das Signal in der Phase invertieren. Natürlich kann man zum Kippen nach hinten das Kabel abziehen und nach dem Schwenk wieder einstecken, doch sollte dafür zur Sicherheit die Phantomspeisung am Preamp deaktiviert werden.

Das Bild macht deutlich, dass der Spielraum, das Mikrofon zu kippen, in eine Richtung durch den notwendigen XLR-Stecker doch sehr eingeschränkt ist.
Das Bild macht deutlich, dass der Spielraum, das Mikrofon zu kippen, in eine Richtung durch den notwendigen XLR-Stecker doch sehr eingeschränkt ist.

Kann sich mit teureren messen

Was die klanglichen Eigenschaften angeht, zeigt das SC 1200, dass es sich mit teureren Großmembran-Kondensatormikrofonen mit reiner Nierencharakteristik messen kann. Rode NT1-A, Aston Origin oder Lewitt LCT 440 Pure spielen qualitativ in der gleichen Liga, kosten aber (etwas) mehr. Allerdings ist das Rauschen des Rode und des Lewitt geringer, was bei manchen Anwendungen vorteilhaft sein kann, etwa als Raummikrofone. Dennoch: Dass vernünftige Materialien zu einem ordentlichen System zusammengefügtt wurden, ist unter anderem daran erkennbar, dass das Signal recht straff ist, dynamische Feinheiten für diese Preiskategorie gut aufgelöst darstellt und dabei nicht stark “verschmiert”. Im Test musste es sich bezüglich dieser Eigenschaften dem Mojave MA-201FET geschlagen geben, welches allerdings schon mit einem Vielfachen des Preises zu Buche schlägt und ebenfalls viel leistet für’s Geld. Vor allem auf den kurzen Konsonanten fällt auf, dass das 201FET ein wenig trockener und schneller kling. Nicht nur bei Stimmen, auch bei Schlaginstrumenten und Akustikgitarren kann sich das bemerkbar machen.

Audio Samples
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Das 1200 wirkt “vollständig”, ohne auffällige Überbetonungen oder Lücken. Auch im Nahbereich ist die Stimme nicht mumpfig, was daran liegt, dass das Mikrofon recht kräftige Höhen ausgibt. Im Homerecording ist das eine oft willkommene Eigenschaft, bei der Arbeit mit größeren Abständen nehmen dann schnell Raumreflexionen Überhand, wie die Audiobeispiele schon bei 30 Zentimetern Abstand verdeutlichen. Im Schärfebereich der Stimme nimmt das t.bone nicht so viel zurück wie viele andere moderne Großmembraner, allerdings gelingt es trotzdem, ein vernünftiges Stimmensignal einzufangen, ohne direkt stark mit dem EQ eingreifen oder gar einen De-Esser bemühen zu müssen.

Auffallend unanfällig ist das the t.bone SC 1200 gegenüber Wellenfronten, die an anderen Mikrofonen Poppgeräusche auslösen können. In vielen Fällen kann auf ein Poppfilter verzichtet werden. Der Grund für diese positiven Eigenschaften ist vornehmlich in der Form des Mikrofons zu suchen. Allerdings hat diese auch Nachteile, denn der überall gleiche Radius nicht nur des Korbs, sondern des kompletten Mikrofonkorpus’, aber auch das Lochblech mit seinem homogenen Lochmuster tragen zur Bildung von Resonanzen bei, die man im Signal auch schwach erkennen kann. Damit steht das SC 1200 aber nicht alleine, es gibt so einige Mikrofone, bei denen das der Fall ist (und zu den Klangeigenschaften beiträgt).

Akustisch ideal ist diese Formgebung nicht, aber ein Beinbruch ist das ebenfalls nicht.
Akustisch ideal ist diese Formgebung nicht, aber ein Beinbruch ist das ebenfalls nicht.

Fazit

Klanglich kann das t.bone SC 1200 wirklich sehr überzeugen. Es liefert ein klanglich sehr gut nutzbares Signal, das anders als manche anderen Studiomikrofone auch mit geringen Abständen zur Klangquelle sehr gut klarkommt. In einem etwas langweiligeren Gehäuse würde es manche Eigenarten nicht zeigen, jedoch kann man diese meinetwegen unter Charaktereigenschaften verbuchen, unauffällig sind sie zudem. Allerdings ist das Gehäuse ein wenig unpraktisch, weil es schwerer und unhandlicher ist als nötig. Bezieht man den äußerst geringen Preis in die Gesamtkalkulation mit ein, ist das 1200 eine ernsthafte Konkurrenz etwa zum Rode NT1A oder dem Lewitt LCT 440 Pure. Empfehlung für den stil- und preisbewussten Homerecorder!

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • Klangqualität
  • auch bei geringen Abständen nicht mumpfig
  • gefälliges Retro-Design
  • sehr geringer Preis
Contra
  • hohes Gewicht, eingeschränkter Schwenkbereich
Artikelbild
the t.bone SC 1200 Test
Für 119,00€ bei
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Features & Spezifikationen
  • Großmembran-Kondensatormikrofon
  • Richtcharakteristik Niere
  • Grenzschalldruckpegel: 134 dB(A)
  • EIN: 16 dB
  • Lieferumfang: Mikrofon, Koffer, Schutztasche, Windschutz
  • Preis: € 159,– (Straßenpreis am 16.8.2021)
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