Stanton Discmaster V3 Test

Komplett-Tonabnehmer für einen unkomplizierten Plug-&-Play-Einsatz erfreuen sich bei DJs großer Beliebtheit. Das Traditionsunternehmen Stanton hat gleich mehrere Systeme dieses Typs im Sortiment, zum Beispiel den besonders preisgünstigen und mit einer sphärischen Nadel ausgestatteten Discmaster V3.

seite_2

Der Scheibenmeister schlägt in Handel mit einem Preis von 79 Euro zu Buche und lockt mit hohem Output, großer Spurtreue und satten Bässen. Preislich und featuremäßig ist dieses System etwa mit dem Ortofon Concorde Pro-S für 87 Euro, dem Numarks CS-1 für 96 Euro oder dem Shure Whitelabel für 141 Euro vergleichbar. Ist der Discmaster V3 das Rundum-Sorglos-Paket für den Club?

DETAILS

Der Kandidat findet in einer Kunststoffbox seinen Weg ins Studio, die das System stabil und stoßsicher vor äußeren Schadeinwirkungen schützt und sich als ideales Transport-Case zum Club erweist. Den Schutz der Nadel übernimmt eine Kappe aus Plastik. Die englischsprachige Anleitung im Faltblatt-Format liefert alle wichtigen Informationen zur richtigen Montage und gibt Auskunft über technische Daten.  

Die vier SME-Kontakte sind vergoldet und mit einer recht großen, abgerundeten Oberfläche versehen. Dies sorgt für eine störungsarme Weiterleitung der Audiosignale. Am vorderen Ende wurde die Sicht auf die farblich grell markierte Nadel freigelassen. So sind exakte Needle-Drops nach Augenmaß überhaupt kein Problem! Der Tonabnehmer ist solide verarbeitet, hat aber einen ziemlich rutschigen Griff zum Anheben des Tonarms. Glücklicherweise gibt der etwas hervorstehende Stanton-Schriftzug auf der Oberseite dem Ganzen ein wenig mehr Grip. Dennoch sollte hier in meinen Augen nachgebessert werden.

PRAXIS

Beim Schablonen-Test stelle ich fest, dass unser Testkandidat statt der geforderten 52 einen Überhang von 53 Millimetern hat. Mit meinen Technics-Plattenspielern ist er also leider nicht perfekt kompatibel. Allerdings könnte dies durchaus der ideale Wert für Laufwerke anderer Hersteller sein. Dazu bitte in den entsprechenden Handbüchern nachsehen.  
Gut, ich montiere den Tonabnehmer auf meinen SL-1210 MkII, passe die Höhe des Tonarms an und justiere die Auflagekraft. Der Discmaster erlaubt einen Auflagedruck von zwei bis fünf Gramm (nM) und ich beginne mit dem Minimalwert. Mit dieser Einstellung zeigt das geprüfte System bei Basic-Scratches ein wirklich gutes Verhalten. Hier sind auch schnellere Cuts ohne Springen kein Problem. Leider gilt das nicht für Backspins. Während sich langsame Bewegungen problemlos ausführen lassen, verlässt der Diamant bei schnelleren Varianten seine Fahrbahn. Dennoch würde das System für übliche Cue-Vorgänge völlig ausreichen. Schnelle, komplexe Scrachtes und Backspins mit höherer Geschwindigkeit sind erst ab einer Auflagekraft von circa fünf Gramm (nM) möglich. Damit dürfte klar sein, dass der hier geprüfte Abtaster nicht besonders schonend mit dem Vinyl umgeht. Bleibt noch der Test mit einem lauten Tonträger. Also schnell eine Maxsingle auf den Teller gelegt und das Auflagegewicht auf den Wert von zwei Gramm (nM) zurückgedreht. Leider springt die Nadel in dieser Konfiguration aus der Rille. Erst ab 2,8 Gramm (nM) erfolgt die Wiedergabe störungsfrei und ohne Verzerrungen. Wirklich positiv ist die Tatsache, dass der Discmaster beim Bewegen der Platte nur ein marginales Störsignal in den Tiefen erzeugt. 

Klang 
Das obere Frequenzspektrum wirkt leicht muffig und undefiniert. Die Bässe sind zwar durchaus voluminös, die Sub-Anteile werden jedoch etwas verschwommen wiedergegeben. Angenehm warm, aber für mich nicht plastisch genug, zeigen sich die Mitten des Tonabnehmer-Signals. Bei der Erstellung der Soundbeispiele entpuppt sich unser Prüfling als durchaus laut und sichert sich somit insgesamt einen Platz im Mittelfeld.

Oben
Audio Samples
0:00
Stanton Discmaster V3

Zweite Meinung

(Peter Westermeier, Vestax PDX2300 MK2 Pro Turntable, Pioneer-DJM-Mixer) 
Stantons Discmaster V3 wird vom Hersteller als Allroundsystem für den täglichen Arbeitseinsatz beworben und geht im Fachhandel für gut 30 Prozent der Preisempfehlung von 79 Euro über den Tisch. Einmal ausgepackt, fällt mir zunächst der massive dunkelgrau lackierte Nadelträger auf. Das System beansprucht ein Eigengewicht von 18 Gramm und liegt in seiner Breite irgendwo zwischen dem bulligen CS1 und dem schlankeren Concorde. Die Nadel selbst sitzt in gewohnter Stanton-Manier fest in der Aufnahme, sodass man bei einem Austausch schon eine gewisse Kraft (im positiven Sinne) aufbringen muss, um sie zu wechseln. Nur die Schutzabdeckung könnte besser befestigt sein. Ein dicker, hellorangener Punkt auf der Oberfläche nebst angemessener Aussparung sorgt für guten Überblick beim Absetzen des Systems in die Plattenrille. Die Unterseite des Arms ist ein wenig rutschig, allerdings sorgt der hervorstehende Stanton-Schriftzug auf der Oberseite für mehr Griffsicherheit, so dass in meinen Augen einigermaßen gewährleistet ist, dass einem der Tonabnehmer im Eifer des Gefechtes nicht durch die Finger gleitet. Der Diamant ist sphärisch und hoch geschliffen und wird vom Hersteller mit Scratch- und Mix-Tauglichkeit bei guter Audioqualität beworben. 
Zu Beginn des Testlaufs stellte sich leider heraus, dass dieses System nicht auf meinen PDX-Tonarm passt. Das fand ich schon etwas befremdlich, da das vor Ort befindliche ähnlich konstruierte Trackmaster V3 MP4 Duo nicht mit diesem Problem zu kämpfen hatte. Ein Vestax-Ding? Seltsamerweise passt es jedoch in den Belt-Drive Vestax BDT-2000. Schade, damit ist mein erster positiver Eindruck getrübt. 

Seltsam. Beim Vestax PDX2300 MK2 geht nix, beim Vestax BDT2000 schon...
Seltsam. Beim Vestax PDX2300 MK2 geht nix, beim Vestax BDT2000 schon…

Aber ich werfe die Flinte an dieser Stelle nicht ins Korn, respektive den Stanton auf den Technics, sondernd bleibe bei meiner Alternativ-Strategie. Kurzerhand wird ein Numark Turntable der TT-Serie aufgebaut und der Discmaster dort angeschraubt. Der Hersteller empfiehlt einen Auflagedruck von zwei bis fünf Gramm. Den Abspiel-Stresstest mit der engen Ska-Scheibe bei 33 RPM konnte der Discmaster mühelos bewältigen. Ebenso wenig kam er bei der Seven-Inch und der spurbreiten Maxisingle auf 45 Touren ins Schleudern. Mit dem Minimalgewicht bin ich – was Mix- und Cue-Vorgänge angeht – nicht ganz auf der sicheren Seite, da die Nadel sporadisch aus der Rille fliegt. Ab 2,5 Gramm treten diese Probleme nicht mehr auf. Freie Fahrt also für leichte Spins und Laufrichtungsänderungen beim Kickabwurf. Vibrationsstärkere Techniken und heftigere Drehungen benötigen jedoch die doppelte Auflagekraft beim S-Shaped Tonarm. Ob der Discmaster damit erste Wahl im rauen, von Mix- und Kratzeinlagen geprägten Clubeinsatz ist, sollte man daher abhängig von seinen persönlichen Fertigkeiten entscheiden. Mix-DJs können mit den erforderlichen Auflagekräften wahrscheinlich eher leben als die Spezies der fortgeschrittenen Turntablisten.  
In klanglicher Hinsicht kann das System vor allem mit weitgehend ausgeglichenem, druckvollen Sound auftrumpfen, was sich besonders bei dancelastiger Musik und somit auch der Clubnummer mit ihren treibenden Basslinien, den hypnotischen Stimmen, krachenden Beats und Percussion-Einlagen bemerkbar macht. Den Sub-Bässen hätte allerdings ein wenig mehr Durchsetzungskraft gut zu Gesicht gestanden. Die Melancholie der Curtis-Mayfield-Nummer kommt gerade durch den ziemlich warmen Mittenbereich gut rüber, ein wenig mehr Präsenz in den Höhen hätte ich mir hier gewünscht. Beim Einmessen ins DVS zeigt der Discmaster ein recht kräftiges, ausgewogenes Kalibrierungssignal, sodass der Betrieb mit einem digitalen Vinyl-System unter den zuvor geschilderten Auflagekräften alles andere als steinig ist. Betrachtet man zudem noch den Straßenpreis, der deutlich unter einem Ortofon-Concorde liegt, wäre es in meinen Augen absolut zutreffend, den Discmaster als preisgünstigen Allrounder für den semiprofessionellen Einsatz zu bezeichnen. 

FAZIT

Stanton Discmasters V3 zeigt einen hohen Ausgangspegel, gute Scratching-Eigenschaften und ein sehr geringes Störsignal. Der Klang liegt qualitativ im Mittelfeld – daher ist dieses System auch nur mit Einschränkungen für Profis oder den audiophilen Genuss geeignet. Während sich Scratches relativ gut und sicher performen lassen, bleibt bei schnellen Backspins immer ein gewisses Restrisiko, dass der Diamant von der Route abkommt. Turntablists und Scratch-DJs, bei denen die Platten selten mehr als drei Umdrehungen am Stück zurücklegen, sollten auf individuell geeignete Modelle zurückgreifen. Empfehlen kann ich den Discmaster V3 vor allem Einsteigern, die sich hauptsächlich als Mix-DJs verstehen oder Anwendern, die ein Zweit- oder Home-Tonabnehmer-System suchen. Auch der Einsatz in Bars oder Kneipen ist für mich denkbar. Zum Preis: 79 Euro für ein solides Plug-&-Play-System inklusive Transport-Case sind nicht zu hoch angesetzt. 

Unser Fazit:
3,5 / 5
Pro
  • Preisgünstig
  • Inklusive praktisches Transport-Case aus Kunststoff
  • Große, vergoldete Kontakte
  • Gut sichtbare Abtastnadel
  • Gute Scratching-Eigenschaften
  • Sehr geringes Störsignal beim Bewegen der Platte
Contra
  • Leicht muffiger Höhenbereich
  • Rutschiger Griff
  • Überhang nicht optimal auf Technics-Laufwerke abgestimmt
  • Nicht gut für Backspins geeignet
  • Benötigt relativ hohe Auflagekräfte
Artikelbild
Stanton Discmaster V3 Test
Für 49,00€ bei
vorne_1
Features/technische Daten
  • Bauart Komplett-Tonabnehmer mit SME-Bajonettanschluss
  • Tonabnehmer-Prinzip MM
  • Frequenzbereich 20Hz – 17kHz 

  • Ausgangsspannung 5,5 mV 

  • Kanaltrennung >28 dB
  • Kanalbalance
  • Gleichspannungswiderstand 830 Ohm
  • Induktivität 810mH
  • 
Auflagedruck 2 – 5 Gramm 

  • Eigengewicht 18 Gramm

  • Nadelschliff sphärisch, 0,7 mm, Diamant 

  • Ersatznadel NDS3
  • Preis 79,00 Euro UVP
Kommentieren
Schreibe den ersten Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.