Roland GO:LIVECAST Test

Das Roland GO:LIVECAST ist schon eine sehr spezielle Sache. Als Schaltzentrale soll mit ihm das Erstellen von Webcasts einfacher werden, inklusive Audio mixen, Titeleinblendungen machen, zwischen zwei Kameras wechseln oder Sound-FX einarbeiten. Zusätzlich gehört eine App dazu, die den Workflow mit der kreativen Schaltstelle angenehm machen soll. 

Wer also Streaming-Content für Plattformen wie YouTube, Facebook Live oder Twitch produzieren möchte und dabei eine All-in-One-Lösung für einen besonders entspannten Arbeitsablauf sucht, dürfte bei den Features des Roland GO:LIVECAST aufhorchen.

Gut zwei Jahre ist das Gerät nun am Markt, der Hersteller hatte also etwas Zeit für App- und Firmware-Updates. Außerdem kostet das Teil aktuell bei Thomann schlappe 135 Euro (Affilliate Link – Stand 04.07.2022) Wir machen für euch den Statuscheck und sagen, für wen das Teil lohnt und ob man damit Musikdarbietungen, Kochrezept-Streaming, DJ-Sets oder Podcasts gleichermaßen bedienen kann.

Details

Sachlich-praktischer Lieferumfang

Im Karton des Roland GO:LIVECAST befinden sich neben dem eigentlichen Gerät auch drei Kabel. Eines das zur Stromversorgung von Micro-USB auf USB-A wechselt, ein USB-Kabel mit zwei Micro-USB-Steckern sowie ein Micro-USB-Kabel mit USB-C-Stecker am anderen Ende, damit ein beliebiges Android-Smartphone angeschlossen werden kann. Es sorgt dafür, dass ein iPhone mit dem GO:LIVECAST verbunden werden kann.

Darüber hinaus findet sich im Karton eine Karte mit Registrier-Infos, ein technisches Faltblatt mit Sicherheitsinformationen und ein Quick-Start-Guide, der den Downloadlink für die zugehörige kostenlose App enthält, die über 70 MB groß ist. Auf der Rückseite seines Kartons befindet sich ein Schaubild, das verschiedene Anschlussmöglichkeiten aufzeigt. Der Lieferumfang ist also sachlich und praktisch.

Fotostrecke: 5 Bilder Auspackstrecke Roland GO:Livecast

Leichte Bauweise

Erstaunlich ist die Kompaktheit des Roland GO:LIVECAST. Trotz seines Feature-Reichtums misst es nicht einmal die Grundfläche eines DIN-A6-Blattes und wiegt gerade einmal 180g. Die Knöpfe der verbauten Potentiometer machen leider keinen allzu stabilen Eindruck. Und auch der Schiebeschalter zur Aktivierung der Phantomspeisung ist eher filigran. Aber eins nach dem anderen. Schauen wir uns zuerst einmal an, wie das Gerät aufgebaut ist.

Das GO:LIVECAST ist vollständig aus Plastik gefertigt und wirkt deshalb nur bedingt road-tauglich. Wer mit einem mobilen Setup arbeitet, sollte sich Schutz des GO:LIVECAST sicherheitshalber ein kleines Case suchen. Die Bedienoberfläche ist praktischerweise leicht angeschrägt. Das ist bei Desktop-Geräten ein Vorteil, weil man auf sie in den seltensten Fällen im 90-Grad-Winkel von oben auf sie herabschaut, sondern im Blickwinkel um die 45-Grad. Zwei Regler dienen zum Justieren der Summenlautstärke aller sechs Eingänge sowie zum Regeln der Mikrofonlautstärke. Darunter befinden sich zehn Taster, mit denen sich verschiedene Extra-Features abrufen lassen.

Fotostrecke: 3 Bilder Der Mikrofoneingang bietet sogar eine 48V-Phantomspannung.

Anschlussvielfalt

Bei den beiden USB-Ports des GO:LIVECAST handelt es sich um zwei Micro-B-Buchsen, die für die Stromversorgung beziehungsweise für den Anschluss eines Smartphones ausgelegt sind. Überhaupt sind die Anschlussmöglichkeiten des GO:LIVECAST vielfältig. Mit drei Recording- und zwei Playback-Kanälen bietet das Roland GO:LIVECAST genügend Möglichkeiten für die kreative Kombination verschiedener Audioquellen. Gleich drei Mikrofoneingänge befinden sich an Bord.

Dabei handelt es sich zum einen um eine Combo-Buchse für Klinken- und XLR-Stecker. An ihr können dank zuschaltbarer 48V-Phantomspannung auch Kondensatormikrofone werden. Zum anderen ist ein Mikrofon im Gehäuse des GO:LIVECAST integriert, das mit einem Hall-Effekt aufwartet. Und zu guter Letzt kann das Mikrofon eines angeschlossenen Kopfhörer-Headsets genutzt werden. Außerdem verfügt das Mini-Studio über einen Line-Eingang per 3,5mm Stereo-Klinke. Über ihn können sowohl Instrumente als auch kleine Mischpulte oder Audioquellen wie Smartphones, Tablets oder Laptops angeschlossen werden.

Auf Line-Ausgänge müssen Nutzer allerdings ebenso verzichten wie eingangsseitig auf digitale Inputs, wie etwa S/PDIF. Auch am Stereoausgang für Kopfhörer kommt eine 3,5mm-Klinkenbuchse zum Einsatz.

Streaming-Features

Kompatibel ist das Roland GO:LIVECAST mit allen gängigen Streaming-Plattformen, wie Twitch, Facebook Live, YouTube und ähnlichen. Um auf diesen Kanälen variantenreich unterwegs sein zu können, lassen sich mithilfe des GO:LIVECAST verschiedene Kameraperspektiven mühelos kombinieren. Zu diesem Zweck können zwei Smartphones oder Tablets zusammen eingesetzt werden, ohne dass sie aufwändig installiert werden müssten. Hier heißt es stattdessen Plug-and-Play statt komplizierter Einrichtung der Geräte. Aber nicht nur mehrere Videostreams lassen sich mit dem GO:LIVECAST per Tastendruck kombinieren.

Mittels sechs weiterer Pads, denen sich verschiedene Inhalte zuweisen lassen, kann der Nutzer Sound-Effekte und Video-Trailer für seinen Webcast abrufen. Das GO:LIVECAST hilft auch dabei während des Streams Zuschauerkommentare direkt in der App anzeigen zu lassen. Damit das kreative Arbeiten besonders schnell von der Hand geht, können Nutzer auch auf Smartphone-Inhalte und vorinstallierte Clips zurückgreifen.

Praxis

Anschließen und Einrichten

Das Roland GO:LIVECAST ist  bus-powered, es bezieht seine Betriebsspannung also über die USB-Verbindung. Entsprechend wird kein Netzteil benötigt. Das spart beim Transport Platz und vereinfacht den Aufbau. Nach dem Installieren der zugehörigen App auf einem Android-Gerät müssen der App Rechte für den Zugriff auf Mediendateien, für Foto- und Audio-Aufnahmen sowie das Starten und Verwalten von Anrufen eingeräumt werden. Außerdem müssen umfangreiche Nutzungsbedingungen akzeptiert werden, die mehr als drei Bildschirmseiten lang sind. Mithilfe des Schaubildes für die Anschlussmöglichkeiten auf der Rückseite seines Kartons ist es dann ein Kinderspiel alle erforderlichen Verbindungen anzuschließen. Was aber auffällt ist, dass die mitgelieferten Kabel derart kurz sind, dass nahezu ausschließlich eine Verwendung im Zusammenspiel mit Laptops möglich ist. Nutzer von Desktop-PCs oder -Macs werden deshalb in vielen Fällen zumindest ein USB-Verlängerungskabel benötigen.

Fotostrecke: 4 Bilder Eingänge und Mikrofonpegel des GO:LIVECAST sind regelbar.

Handling

Die App-Steuerung ist ein wenig überraschend. Denn eine Software-Navigation per Buttons wird nicht geboten. Deshalb muss hier mit den Software-Buttons des Betriebssystems navigiert werden. Werden diese aber zwischendurch ausgeblendet, erschwert das die Handhabung der App unnötig. Im Hinblick auf die Video-Features ist der Anwender zunächst begeistert. In der App kann zwischen Front- und Back-Kamera gewechselt werden. Das Bild lässt sich außerdem spiegeln.

Ein Verschönerungsmodus für Gesichter ist integriert, der mit einem zugegebenermaßen sehr heftig eingreifenden Weichzeichner arbeitet. Die Belegung der Audioeffekt-Tasten ist ebenfalls über die App möglich. Super-einfach funktioniert die Einbindung des Kamerasignals eines zweiten Smart-Geräts. Im Test habe ich als Hauptgerät ein Android-Smartphone genutzt und als Zweitkamera die integrierte Cam eines iPad Mini verbunden.

Dazu muss lediglich auf beiden Geräten die GO:LIVECAST-App installiert sein und beide Geräte müssen sich im selben WLAN befinden. Auf dem Startbildschirm lässt sich dann auswählen, ob es sich um eine Satelliten-Kamera für ein bestehendes Streaming-Setup handeln soll.

Fotostrecke: 3 Bilder Für YouTube-Videos kann direkt ein Titel und Vedröffentlichungstyp gewählt werden.

Die Buttons des Roland GO:LIVECAST lassen sich zwar ohne Klickgeräusch drücken. Beim Einsatz während eines Livestreams ist ihre Verwendung aber praktisch nur dann möglich, wenn ein externes Mikrofon genutzt wird. Andernfalls ist die Körperschallübertragung auf das integrierte Mikrofon so groß, dass die Hörer/Seher das Nesteln am Gerät klanglich deutlich wahrnehmen können. Die Auswahl der Audio-Effekte ist durch den Umfang der mit der App bereitgestellten Bibliothek nicht nur brauchbar, sondern richtig gut. Was mir sehr gut gefällt, ist die Flexibilität der Buttons. Ihre Funktion ist nicht auf das voreingestellte Feature beschränkt. Vielmehr lassen sich auch andere Audio/Video-Inhalte zuordnen.

Weitere Features

Überhaupt behalten Anwender einen guten Überblick darüber welche Features des GO:LIVECAST sie aktiviert haben. Denn die Symbole auf den Buttons leuchten hell auf, wenn diese aktiv sind. Dazu gehört auch eine Stummschalten-Funktion für den Mikrofonkanal. In zweiter Reihe stehen Buttons bereit, um Trailer- oder Hintergrundmusik, einen Trommelwirbel und Audio-Applaus abzurufen. Außerdem ist hier der Multikamera-Button, mit dem sich zwischen den beiden Kameras umschalten lässt.

Die Buttons der unteren Reihe rufen vorbereitete Video-Einspieler oder ein Testbild ab. Auch das Einblenden eines editierbaren Textes ist möglich. Ein echtes Problem ist aber, dass beim Wechsel vom Hoch- ins Querformat oder andersherum sowohl eingeblendete Video-Trailer als auch Audio-Effekt abrupt unterbrochen werden. Das heißt, dass man sich besser für ein Format entscheidet und dann die Bildschirmausrichtung verriegelt. Andernfals ist ein reibungsloses Arbeiten mit dem GO:LIVECAST ausgeschlossen.

Fotostrecke: 2 Bilder Die Position der Zweitkamera kann verändert werden.

Workflow-Highlights

Die App bietet weitere Workflow-Highlights. So kann etwa eine Szenen-Liste angelegt und als Preset gespeichert werden. Diese Szenen-Presets lassen sich wiederum verschiedenen Buttons zuweisen. Dadurch kann die Arbeit mit dem GO:LIVECAST stark individualisiert werden. Was leider ein Nachteil ist, ist dass das angeschlossene Smart-Device vom Roland GO:LIVECAST nicht geladen werden kann. Hier heißt es also auf der Hut sein und das am Stream beteiligte Smartphones oder Tablet besser im Vorfeld vollständig aufladen, damit der Stream nicht ungewollt unterbrochen wird, weil dem Geräte die Puste ausgeht. Außerdem ist der Einsatz des GO:LIVECAST auf smarte Geräte beschränkt. Das Einbinden von Standalone-Kameras oder Camcordern ist nicht möglich.

Mäßiger Klang

Was sofort auffällt ist das relativ große Eigenrauschen des Mikrofon-Preamps im GO:LIVECAST. Für semi-professionelle Zwecke ist die Qualität zwar ausreichend. Käufer sollten hier aber kein rauschfreies Mikrofonsignal erwarten. Studioqualität klingt jedenfalls deutlich anders. In Verbindung mit einem externen Mikrofon ist das Resultat aber durchaus brauchbar. Der Klang des integrierten Mikrofons ist dagegen von derart schlechter Qualität, dass es an Radioübertragungen der 1940er Jahre erinnert. Wirklich brauchbar ist es deshalb nicht. Der eingebaute Halleffekt bietet via App lediglich eine Pegelanpassung. Weitere Parameter gibt es hier nicht. Und so klingt jeder Sprecher, dessen Stimme mit diesem Effekt versehen wird, als ob er aus einer Kathedrale heraus moderieren würde. Das ist nicht wirklich praxisnah. Eine praktische Einsatzmöglichkeit fällt mir für ihn deshalb partout nicht ein. Gerade klanglich ist das Gerät deshalb insgesamt eher enttäuschend.

Audio Samples
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dynamisches Mikrofon integriertes Mikrofon Effekte, externes Mikrofon Effekte, integriertes Mikrofon Reverb (100%), externes Mikrofon Reverb (100%), integriertes Mikrofon Reverb (moderat), externes Mikrofon

Fazit

Mit dem GO:LIVECAST bieten Roland ein Live-Stream-Tool für Smart-Geräte, das Licht und Schatten hat. Für das Erstellen von Amateur-Webcasts bietet diese Hardware-App-Kombination dank App-Steuerung und beleuchteter Bedienelemente ein kinderleichtes Handling. Auf der Habenseite des GO:LIVECAST steht außerdem die gleichzeitige Verwendung zweier Kameras von Smartphones oder Tablets. Gerade dieser Part ist intuitiv bedienbar. Sehr gut gefallen auch die Trailer- und Audioeffekt-Bibliotheken.

Sie sind breit aufgestellt und ihre Elemente durchweg brauchbar. Dass das Desktop-Gerät kein Netzteil benötigt, sondern bus-powered per USB mit Spannung versorgt wird, ist ein weiteres Plus. Leider sind die mitgelieferten Kabel aber allesamt recht kurz, was die Arbeit mit dem GO:LIVECAST gerade in Sachen Stromversorgung (ohne zusätzliche Kabel) weitgehend auf Laptops beschränkt. Wer eine robuste Bauweise, rauscharme Preamps und ein gutes integriertes Mikrofon benötigt, wird hier leider ebenfalls nicht fündig. Eine weitere Einschränkung im Handling bietet der Umstand, dass ein Wechsel der Bildausrichtung zum Abbruch von Audio und Video-Einspielern führt.

Das Roland GO:LIVECAST ist ein hilfreiches Tool für Einsteiger, die mit wenigen Knopfdrücken ein brauchbares Streaming-Ergebnis erzielen wollen. Eine allzu hohe Audioqualität dürfen sie dabei jedoch nicht erwarten.

Features Roland GO:LIVECAST

  • Mikrofoneingänge: 3
  • integriertes Mikrofon mit Hall-Effekt
  • XLR/TRS Combo-Buchse (+48 V Phantomspeisung schaltbar)
  • Mikrofon des angeschlossenen Kopfhörers
  • Line-Eingang: 3,5mm Stereo-Klinke
  • Kopfhörerausgang: 3,5mm Stereo-Klinke
  • USB-Ports: 2x Micro-B (Stromversorgung + Smartphone)
  • Abmessungen (B x T x H): 107 x 138 x 53 mm
  • Gewicht: 180 g
  • Kompatibilität: Android und iOS
  • *Lieferumfang
  • Roland GO:LIVECAST
  • USB-Kabel (Micro-USB auf USB-A)
  • USB-Kabel (Micro-USB auf Micro-A)
  • Adapter-Kabel (Micro-USB auf Lightning)
  • Quick-Start-Guide
  • Registrierkarte
  • technisches Faltblatt
  • Preis: 135,- Euro
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