Reloop Mixtour Test

Zweikanal DJ-Controller sind ja nun wirklich keine Seltenheit, doch der neue Mixtour von Reloop will nicht nur Steuerbefehlsgeber, sondern auch Soundkarte für alle derzeit am Markt relevanten Betriebssysteme und Endgeräte sein, sprich: MacOS, Windows, iOS und Android. Trotz seines handlichen Barrenformats ist er mit allen notwendigen Bedienelementen bestückt, um einen amtlichen Mix mit EQ-, Filter- und Effekteinsatz abzufeuern. Finden wir heraus, wie sich das kompakte Multitalent im bonedo.de Praxistest bewährt.

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Reloop Mixtour

Details

Der Reloop Mixtour ist ein zweikanaliger DJ-Controller mit integrierter Vierkanal-Soundkarte. Neben einem Standard-USB-Anschluss verfügt er über einen Apple Lightning-kompatiblen Stecker, sodass er sich mit Windows-, Android-, MacOS- und iOS-Geräten versteht. Entsprechend kommt eine Vielzahl von Laptops, Tablets und Handys unterschiedlichster Hersteller als mögliche Anspielstationen in Betracht, wobei natürlich Geräte mit Touch-Funktionalität die erste Wahl sind, denn der Mixtour ist als Mischer ausgelegt und bietet keine Bedienelemente zur Tempoanpassung (vom Sync-Taster mal abgesehen). Gut also, wenn man die Mediensteuerung über die Touch-Oberfläche des Abspielgeräts erledigen kann.

Auspacken

Dem Karton entnehme ich den Mischer selbst, ein externes Netzteil, eine mehrsprachige Kurzbedienungsanleitung, einen Apple-Lightning-Connector (für iOS-Geräte), ein Standard-USB-Kabel (für MacOS- und Windows-Geräte) und einen USB-auf-Micro-USB-Adapter (für Android-Geräte, vornehmlich Mobiltelefone).

Anschlüsse

Hinten findet sich der Einschaltknopf nebst Buchse für das externe Netzteil. Liefert der angeschlossene Rechner ausreichend Spannung auf dem USB-Port, kann der Mixtour auch allein hierüber gespeist werden. Es folgen der Master-Ausgang in Form zweier Cinch-Buchsen, die USB-Buchse und der iOS-Connection-Port, der mittels des beiliegenden Steckers auf den Lightning-Stecker adaptiert wird. Auf der Stirnseite sind eine Miniklinken-Buchse zum Anschließen des Kopfhörers sowie ein Schalter zum Umschalten der beiden LED-Ketten zwischen PFL und Master-Signal angebracht.

Fotostrecke: 6 Bilder Der Reloop in seiner Umverpackung.

Erster Eindruck

Die optische Erstinspektion liefert ein einwandfreies Bild: Der Mixtour ist sachlich und klar designt, ohne irgendwelches albernes Bling-Bling und die mattierte Frontplatte wirkt im Vergleich zu vielen Geräten in diesem Preisbereich, die mit effekthascherischer und dabei schlecht ablesbarer Hochglanzlackierung auftrumpfen wollen, geradezu seriös. Seitlich ist er nach unten leicht angewinkelt, was ihm eine fast schon elegante Silhouette verleiht. An der Unterseite sorgen vier bullige Gummipads für einen sicheren Stand. Die Bohrung in der Mitte des Controllers zum Aufsetzen auf den Pin eines Plattenspielers dürften allerdings nur wenige, mutige Controller-DJs nutzen wollen – lustig ist es irgendwie trotzdem.
Der Griff zu den Bedienelementen bestätigt den guten Eindruck: Die Potis drehen sich einwandfrei auf ihrer Achse, EQ- und Filter sind leicht mittengerastert. Alle Taster verfügen über einen eindeutig fühlbaren Schaltpunkt und sind hintergrundbeleuchtet. Die Fader lassen sich leicht und ohne Widerstandssprünge über ihren Regelweg bewegen. Allein die Rasterung des Encoders zur Trackauswahl hätte ein bisschen strammer justiert sein dürfen. Dass man es hier nicht mit einem Gerät der 2000,- Euro Klasse zu tun hat, fühlt man insgesamt natürlich schon. Für die Preisklasse, in der der Mixtour spielt, macht er jedenfalls (fast) alles richtig.

Fotostrecke: 3 Bilder Die obere Hälfte des Mixtour mit EQ und Funktionstastern.

Aufbau
Der logische Aufbau des Mixtour ist schnell erklärt: Er startet im oben mit Kanal- und Master-Gain-Potis, denen sich nach unten hin pro Deckseite ein Dreiband-EQ und ein FX/Filter-Poti anschließen. Dazwischen sitzen pro Deck vier Taster mit den Primärfunktionen Loop, Sync, Cue und Play. Mit einem darüber liegenden Taster (T/C) aktiviere ich eine zweite Befehlsebene, wo die vier Taster weitere Funktionen übernehmen können (Standard in „Djay Pro“ sind Cue 1-4).Via Shift sind zudem noch die Befehle „Half/Double Loop, Set Grid“ und „Go To Beginning“ abrufbar.
Zwischen den Filter/FX-Potis sitzen zwei kleine Potentiometer. Das linke regelt die Kopfhörerlautstärke, das rechte das Verhältnis zwischen Vorhör- und Mastersignal. Darunter ist ein gerasterter Push-Encoder positioniert, der zur Navigation im Browser dient. Links und rechts davon sitzen Load-Taster, die den gewählten Track in das betreffende Deck befördern und als Zweitfunktion zum Einklopfen des Deck-Tempos dienen. Zwei Vorhör- und ein Back-Taster zur Dateinavigation schließen die Sektion nach unten ab. Es folgen zwei 45 Millimeter lange Linefader, zwischen denen sich zwei LED-Ketten mit fünf Segmenten befinden. Den Abschluss nach unten bildet der leichtgängige 45-Millimeter-Crossfader.

Fotostrecke: 2 Bilder Gain-, EQ- und Funktionstaster im Detail.

Praxis

Als universeller MIDI-Controller und Soundkarte bieten sich verschiedene Szenarien an, um den Mixtour zum Einsatz zu bringen. Als denkbare Software eignet sich eigentlich alles, was sich über MIDI-Learn ansprechen lässt. Reloop verweisen in ihrer Anleitung auf Djay 2 und Djay Pro von Algoriddim als primär adressierte Software, zudem halten sie auf ihrer Website ein Mapping für Traktor zum Download bereit.
Dass Reloop dem Mixtour keine Lizenz für Algoriddim beigelegt haben, mag auf den ersten Blick vielleicht nicht ganz elegant wirken, lässt sich aber in Anbetracht der Vielzahl an möglichen Endgeräten und Distributionswegen verstehen: Der eine nutzt den Apple App-Store, der andere Google-Play, der nächste verwendet den direkten Download von der Herstellerseite auf seinen Rechner. Es ist also nahezu unmöglich, hier für jeden Fall einen Download-Coupon bereit zu halten. Insofern sei das entschuldigt und vor dem Hintergrund, dass die absolut brauchbare „Djay 2“-Version im App-Store gerade mal fünf Euro kostet, ist das auch vertretbar.
Ich habe mich also zunächst einmal mit der Inbetriebnahme an verschiedenen Hardware-Plattformen beschäftigt. Um es kurz zu machen: Der Mixtour wurde an allen von mir angeschlossenen Geräten (Windows-/MacOS-Laptop, Android Samsung-S6-Handy, iOS-iPhone 5, iOS-iPad Pro) anstandslos als Soundkarte und MIDI-Controller erkannt. Bis auf eine Ausnahme: iPads mit 30-Pin-Anschluss, also alles was älter ist als Generation 4, verweigern die Zusammenarbeit mit dem Mixtour. Schade, aber in Anbetracht der Tatsache, dass die dritte Generation im Jahr 2012 ausgelaufen ist, will ich das fairerweise nicht als Minuspunkt werten.
Nächste Teststation: Die DJ-Software. Hier bin ich zunächst einmal Reloops Empfehlung gefolgt und habe Djay 2 und Djay Pro auf meinem iPad Pro gestartet. Die Verbindung des Mixtour mit dem iPad Pro gestaltet sich unproblematisch. Allein das Kabel ist ein bisschen kurz bemessen. Gut dagegen: Das Apple-Tablet wird über das Kabel auch direkt noch geladen. Beide Djay-Versionen verstehen sich auf Anhieb blendend mit dem Mixtour und ohne die Notwenigkeit irgendwas zu mappen, finden alle Bedienelemente des Controllers ihre Entsprechung in der Software.
Was die beiden Versionen von Algoriddims Software angeht, möchte ich auf unsere Einzeltests verweisen, die ihr hier (Djay 2) und hier (Djay Pro) findet. Kurz gesagt ist Djay 2 eine Dual-Deck-Lösung, die Pro-Version kann mit vier Decks aufwarten und bietet zudem noch die Möglichkeit, Video zu mixen.
Gut arbeiten lässt sich mit beiden und das sage ich als jemand, der aktiv (und gerne) mit beiden Versionen auflegt. Meistens nutze ich sogar bevorzugt die Djay 2, weil sie sich als ausgesprochen performant und funktional übersichtlich herausgestellt hat. Es macht einfach sehr viel Spaß, mit dieser kleinen, schlanken App zu arbeiten. Auch und gerade da in der neuen Version die nahtlose Spotify-Integration hinzugekommen ist, die ich als massive Erleichterung beim Management meiner Tracks empfinde. Noch größer wird der Spaß, wenn der Mixtour dazu kommt, denn er arbeitet absolut nahtlos und responsiv mit der Software von Algoriddim zusammen: Tracks über den Encoder auswählen, mit dem Load-Taster ins Deck befördern, Cuepoint setzen, am Touch-Display noch feintunen, abfeuern und via EQ und Filter den Übergang gestalten, in Breaks noch ein bisschen mit den Effekten rumspielen – fertig.

Audio Samples
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Kanalfilter Delay und Filter Bitcrusher und Filter

Dabei bietet der Reloop genau die Bedienelemente, die man bei der Touch-Bedienung vermisst: Denn während sich die Wellenform wunderbar mit dem Finger verschieben lässt, macht es einfach viel mehr Spaß und fühlt sich ungleich besser an, Bedienelemente wie den Crossfader oder EQ- und Filter-Poti als physisches Element unter den Fingern zu haben. Das funktioniert auch mit dem iPhone blendend, wobei man hier natürlich bei weitem nicht so viel visuelle und haptische Arbeitsfläche hat wie beim iPad und warum ich diese Lösung nur für den Privatgebrauch nutzen würde. Dabei kann auch die Audioqualität, die der Mixtour am Kopfhörer- und Master-Ausgang liefert, voll überzeugen. Entsprechend hochwertige Audiodateien vorausgesetzt, ist er meiner Meinung nach auch für den Clubbetrieb geeignet. An diesem Punkt setze ich ein Zwischenfazit, das lautet: Algoriddim Djay 2, iPad Pro und Mixtour sind im Zusammenspiel eine extrem schlanke und gut funktionierende Kombination, die professionelles Auflegen mit zwei Decks ermöglicht.

Fotostrecke: 2 Bilder Algoriddim Djay Pro, hier in der iPad-Version mit zwei Decks.

Ich wechsle vom iPad auf mein MacBook und starte Traktor inklusive Mapping von der Reloop-Seite. Nachdem der Mixtour und die Software miteinander bekannt gemacht sind, gilt es noch, die richtigen Audioausgänge zu wählen und schon kann es losgehen. Reloop haben beim Erstellen der Mapping-Datei gute Arbeit geleistet und decken sämtliche Funktionen des Mixtour vollständig in der Software ab, inklusive beleuchteter Taster, wenn beispielsweise ein Cue-Punkt gesetzt ist. Eine kleine Unlogik am Rande: Die hinteren Cinch-Ausgänge heißen in Traktor „Front Left/Right“, während der Kopfhörerausgang über „Back Left/Right“ angesprochen wird. Prinzip bedingt muss man hierbei auf die Decksteuerung verzichten und sich auf Sync-Sets beschränken, es sei denn, man stellt dem Arrangement noch einen weiteren Controller daneben.
Wo ich schon mal bei NI bin, interessiert mich natürlich auch, ob sich Traktor DJ auf dem iPad vom Mixtour beeinflussen lässt. Erwartungsgemäß zeigt sich die NI-Software aber unwillig und akzeptiert lediglich die vom Mixtour angebotenen Audioausgänge, nicht aber die Controller-Funktionen. Andere iPad-Apps mit MIDI-Learn-Funktion wie beispielsweise iMect DJ Player arbeiten problemlos mit dem Mixtour zusammen.

Fotostrecke: 3 Bilder Das Traktor-Mapping ist fehlerfrei und unterstützt alle Hardwarefunktionen des Mixtour.

Bleibt als letzte Kombination noch die Verbindung meines Samsung S6 (Android) mit der Djay 2 App und dem Mixtour. Hierzu adaptiere ich mit dem beiliegenden Stecker von Standard-USB auf Micro-USB. Hier wird das Handy allerdings nicht geladen, daher sollte man vor Antritt des DJ-Sets tunlichst auf einen vollen Akku achten. Ohnehin möchte ich aber von der Verwendung von Android für professionelle Audioanwendungen abraten. Denn auch wenn erstaunlicherweise alle Funktionen des Mixtour im Zusammenspiel mit der Djay-App funktionieren und es sich irgendwie wie Zauberei anfühlt, wenn das kleine Handy plötzlich zum DJ-Player wird, hat man es hier mit einer deutlich fühlbaren Latenz zu tun. Sowohl was die Bildschirmausgabe angeht als auch die Umsetzung von Controller-Bewegungen innerhalb der App: Alles ist fühl- und hörbar zäh. Das liegt wohlgemerkt nicht am Mixtour, sondern an dem unklugerweise nie für Multi-IO-Audioanwendungen ausgelegten Betriebssystem von Google. Vergessen wir also diesen Exkurs ganz schnell wieder und kommen zum Fazit.

Fotostrecke: 2 Bilder Beim Einstöpseln des Mixtour erkundigt sich Djay automatisch, ob es die Standard-App sein soll.

Fazit

Reloop Mixtour ist ein preiswerter und pfiffiger Controller, der eine ausgesprochen interessante Marktlücke füllt: Eine Steuer- und Audiolösung für DJs zu sein, die auf ein Smartphone/Tablet als Player zurückgreifen, die Mediensteuerung am Gerät selbst erledigen und dabei bevorzugt eine der beiden Versionen von Algoriddims Djay-App oder eine anlernfähige DJ-Software zum Einsatz bringen. Dabei versteht sich der Mixtour mit beiden Versionen der Algoriddim-App auf Anhieb blendend und kann, ohne ein einziges Kommando zu mappen, sofort zum Einsatz gebracht werden. Nicht so gut klappt die Kommunikation mit Android-Geräten. Hier hat man es mit deutlich wahrnehmbaren Latenzen zu tun, was allerdings nicht das Verschulden des Mixtour ist, sondern an der mangelhaften Implementierung von Multi-IO-Streaming seitens Google liegt. Wer mit einem iOS-Gerät nebst Lightning-Anschluss unterwegs ist oder eine einfache Möglichkeit sucht, sein Windows oder Apple Notebook und die darauf befindliche DJ-Software mit einer schlanken Soundkarten/Controller-Lösung auszustatten, findet in Reloops Mixtour eine wirklich ausgezeichnetes Produkt, um ein preisgünstiges und extrem portables DJ-Setup zu realisieren.

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • Gutes Konzept und stimmige Umsetzung
  • Gute Audioqualität
  • Mapping für Djay weitgehend optimal
  • Günstiger Preis
Contra
  • Latenz unter Android (kein Fehler des Mixtour)
Artikelbild
Reloop Mixtour Test
Für 199,00€ bei
Reloop Mixtour
Reloop Mixtour
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Mauricio sagt:

#1 - 04.09.2023 um 09:06 Uhr

0

hat sich da eigentlich was getan, was Traktor auf dem Ipad angeht? Funktioniert das mittlerweile mit dem Controller?

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