Nach dem Malevolent bringt der Hersteller PWM einen zweiten Synthesizer heraus: Der PWM Mantis ist ein Hybrid-Synthesizer mit digitalen Oszillatoren inklusive Wavetable und einer analogen Filtersektion, die sehr vielfältig ausfällt und zum brachialen Sound des PWM Mantis beiträgt. Er arbeitet duophon mit zwei analogen Signalwegen und bietet Reverb und Chorus als digitale Effekte. Ich spreche schon jetzt von einer britischen Charakter-Maschine mit viel Licht und Schatten. Der Mantis kostet rund 1.600 Euro und ist somit deutlich teurer als der Malevolent. In diesem Kurztest klären wir die wichtigsten Fakten und liefern euch rund 30 Audio-Demos. So findet ihr schnell heraus, ob ihr den PWM Mantis einmal selber anspielen solltet.
Der hybride PWM Mantis ist das letzte Werk von Entwickler Chris Huggett. Er holt praktisch die beiden Vintage-Synthesizer Wasp und OSCar in die Gegenwart.
PWM Mantis – das Wichtigste in Kürze
Hybrider duophoner Synthesizer, basierend auf dem Design von Chris Huggett
Zwei digitale Oszillatoren inklusive Wavetable, Noise und Ringmodulator
Der PWM Mantis ist keine absolute Neuerfindung. Er hat eine Vorgeschichte. Mit ihm realisierte der 2020 verstorbene Entwickler Chris Huggett seinen letzten hybriden Synthesizer. Huggett ist verantwortlich für den EDP Wasp von 1978 und entwarf in den frühen 80er Jahren den hybriden Synthesizer namens OSCar. Er war beim Sampler Akai S1000 beteiligt, damals ein Industrie-Standard, und gründete die Firma Novation, die erfolgreiche Produkte wie Bass Station, Peak und Summit hervorbrachte. In der Synthesizer-Branche hat der Brite also Spuren hinterlassen. Paul Whittington von PWM kooperierte mit ihm und präsentierte den Mantis erstmals auf der Superbooth 2023. Er soll Teilkonzepte der bisherigen Synthesizer Wasp und Oscar kombinieren.
PWM Mantis: Kompakter Synth mit Full-Size-Tasten
Ausgepackt ist der PWM Mantis ein ziemlich kompakter Synthesizer mit abnehmbaren Seitenteilen. Die nicht gerade hochwertige Verarbeitung lässt auf eine Fertigung in China schließen. Bei einer Summe von 1.600 Euro empfinde ich dies zunächst als ernüchternd. Auf dem Panel liegen zahlreiche kleinere Potis, die anfänglich etwas mehr Fingerkraft einfordern. Nach einer Weile fühlt man sich wohl, sofern man keine Pranken hat.
Kompakt und gut bestückt: Das Panel des PWM Mantis ermöglicht intuitives Klangschrauben.
Die Tastatur stammt zwar nicht von Fatar, lässt sich aber überraschend gut spielen und reagiert auf Aftertouch. Etwas gewöhnungsbedürftig finde ich den Multifunktions-Joystick. Bewegt man ihn nach unten, aktiviert sich die Hold-Funktion. Auf dieses Performance-Feature muss man sich einstellen.
Die musikalische Performance gestaltet sich mit der Tastatur des PWM Mantis gut. Weniger überzeugt der multifunktionale Joystick.
Auf der Rückseite liegen ein Stereo-Ausgang, Kopfhörer-Anschluss, MIDI-Trio, USB-MIDI-Port, Sustain- und Pedal-Buchse sowie der Anschluss für das externe Netzteil.
Auf der Rückseite befinden sich alle Anschlüsse, die man bei einem solchen Synthesizer erwartet.
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Hybride Klangerzeugung des PWM Mantis
Der PWM Mantis basiert auf einem ST Microprozessor und verwendet analoge Signalwege für VCA und Filter. Es gibt zwei digitale Oszillatoren mit den Wellenformen Sine, Triangle, Saw und Pulse, einem Organ-Tone sowie einem Wavetable mit sieben Segmenten. User Waves lassen sich nicht importieren. Per Shape und Shape Mod sind spektrale Veränderungen möglich. Der zweite Oszillator wartet noch mit dem Density-Feature für dichte, schwebende Klänge auf.
Der PWM Mantis kombiniert eine digitale Voice- und Effektsektion mit analogem Filter- und VCA-Block.
Es muss nicht bei duophonen Klängen bleiben. Im Quad-Mode sind bis zu vierstimmige Akkorde spiel- und auch per Voice Spread im Stereofeld verteilbar. Eine Unisono-Funktion und Oszillator-Synchronisation sind leider nicht vorhanden. Das Osc Drift finde ich klanglich gut umgesetzt. Natürlich gibt es zwei ADSR-Hüllkurven inklusive Sustain Fall und Repeat sowie zwei LFOs mit vier klassischen Wellenformen.
Leider sind die Effekte des PWM Mantis keine Offenbarung. Der Mono-Reverb (Schroder-Typ mit Tief/Bandpass-Filter) sagt mir kaum zu, mit dem Chorus kann ich mich anfreunden. Zwei Klangbeispiele geben ein konkretes Bild von den Qualitäten der Effekte. Der Chorus-Block umfasst vier Modes, die nacheinander demonstriert werden.
Die Dual-Filtersektion á la OSCar ist wiederum ein Aushängeschild des PWM Mantis. Im Angebot sind bis zu acht Filtertypen. Darunter finden sich übliche Filter wie LP, BP, HP mit 12 dB Flankensteilheit oder seriell verschaltet mit 24 dB Flankensteilheit. Besonders angetan bin ich von speziellen Filtern wie Wide Band, Tief- und Hochpass kombiniert, oder Wide Notch mit zwei parallel geschalteten Filtern. Keine Sorge, das analoge Multimode-Filter des PWM Mantis erschließt sich in der Praxis einfach.
Die analoge Filtersektion des PWM Mantis ist eine Klasse für sich – superb!
Ich bin mir sicher, dass der Besitzer eines Mantis viele kostbare Stunden mit diesem Dual-Filter verbringen wird. Einige Filtertypen stelle im Audio-Demos vor. Der Drive- und Resonanz-Regler stehen in der Mitte, bei laufendem Arpeggiator drehe ich am Cutoff- und Width-Poti.
Der PWM Mantis zeigt sich trotz seiner Kompaktheit sehr zugänglich. Das Panel stellt die allermeisten Parameter und Funktionen dar. Nur für manche Extra-Features sind Tasten-Kombinationen nötig, so z.B. „Shift plus Noise“ fürs Verändern der Noise Density. Der Arpeggiator inklusive Swing-Feature und die beiden LFOs laufen tempo-synchron zur DAW, wenn man es möchte. Eigene Patches lassen sich via SysEx Dump exportieren.
Mit einem Init Patch starten und seine eigenen Kreationen speichern – das gelingt auch ohne Display.
Das Manual (PDF) könnte gern ausführlicher sein. Zum Glück ist der erfahrene Synth User nicht darauf angewiesen. Übrigens ist die MIDI-Kontrolle gut, der PWM Mantis sendet und empfängt CC/NRPN. Er lässt sich also gut ins Studio-Setup integrieren.
Leider nur wenig Modulationsmöglichkeiten
Modulativ ist der PWM Mantis nicht. Er bietet nur sechs Parameter, die sich jeweils einzeln adressieren lassen: OSC1 Shape, OSC1 Pitch, Filter Cutoff, OSC2 Shape, OSC2 Pitch, Filter Width. Tatsächlich ist es nicht möglich, etwa das OSC Shape gleichzeitig per LFO und Hüllkurve zu verändern. Effekte oder Arpeggiator sind auch nicht modulierbar.
So präsent klingen die Factory Presets des PWM Mantis
Ab Werk kommt der PWM Mantis mit 100 Presets, die seinen starken Charakter aufzeigen: Er klingt hart, rau, brachial, aggressiv und schmutzig. Im Fokus stehen die klassischen Synthesizer-Wellenformen, der Wavetable-Einsatz ist eher eine Option. Für seidige Pads und bunte Wavetable-Collagen ist er überhaupt nichts. Umso mehr behauptet er sich bei mono- oder duophonen Sounds, die es im Sequencer-Arrangement richtig krachen lassen.
Mehr als ein Dutzend der Factory Patches habe ich live angespielt. Die Audio-Demos zeigen deutlich, wie präsent, bissig und rabiat der PWM Mantis zur Sache kommt. Ich bin mir sicher, dass man noch originellere Patches hinbekommt und die 100 User Speicherplätze auffüllen kann. Das Sounddesign würde allerdings mit einer guten Effektsektion und weiteren Modulationsmöglichkeiten noch viel mehr Spaß machen.
In der Preisklasse zwischen 1.500 und 2.000 Euro bekommt ihr einige hochkarätige Synthesizer. Allen voran nenne ich den Oberheim TEO-5, der ebenfalls in diesem Jahr erschien und im Bonedo-Test brilliert. Anschauen sollte man sich auch den Sequential Take 5 sowie den Moog Sub 37 beziehungsweise Subsequent 37. Wer etwas mehr als 2.000 Euro investieren kann, bekommt mit dem Sequential Pro 3 ein fantastisches Instrument mit Wavetables und Multimode-Filter.
All diese Synthesizer klingen sehr verschieden. Sie haben nicht diese klanglich positive Brutalität des PWM Mantis. So macht es auch keinen Sinn, sie tabellarisch miteinander zu vergleichen. Geht es speziell um diesen rabiaten Sound, kommt ihr mit einem PWM Malevolent oder Behringer K-2 MKII preiswerter davon. Auch unter den Plugins finden sich Alternativen zum PWM Mantis. Probieren solltet ihr den GForce ImpOSCar 3 und den Cherry Audio Atomika.
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PWM Mantis Test: Fazit
Der PWM Mantis hinterlässt im Test einen ambivalenten Eindruck. Auf der einen Seite fehlen Standard-Features wie Step-Sequenzer, Effektsektion inklusive guter Delays und Reverbs, ein Display sowie eine umfangreichere Modulationsmatrix, auf der anderen Seite besticht dieser Synthesizer mit einem sehr rauen, aggressiven und dominanten Sound – eine wahre Charakter-Maschine.
Mit dem Mantis bietet PWM einen charismatischen und simpel programmierbaren Synthesizer, der vorrangig mit seinem prägnanten Vintage-Sound punktet. Hier gibt es endlich etwas anderes als den japanischen oder amerikanischen Mainstream. Allerdings ist der PWM Mantis nicht ein Liebling für alle. Ihr solltet schon brachiale Synth-Patches für eure Tracks benötigen. Für Ausstattung und Hardware gibt es drei Sterne, der unikate Klang des PWM Mantis reicht an fünf Sterne heran.
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