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Polyend Perc Drumming Machine Test

Die Polyend Perc Drumming Machine ist keine Beatbox im herkömmlichen Sinne. Die Perc Drumming Machine überträgt virtuelle Schlagzeugnoten in die reale Welt, präzise, mit minimalster Latenz. Über eine simple Lernfunktion wird eine Note via MIDI oder CV/Gate definiert, der „Beater“ genannte Drumstick so akkurat wie möglich am zu betrommelnden Objekt befestigt, und fortan spielt der Laptop oder die Drummachine elektromechanisch echte Schlaginstrumente.

Polyend Perc Drumming Machine Test. (Foto: Christine Mangels)

Details

Entwicklung

Schon während der Superbooth16 stellten Polyend mit dem Perc Pro ein ähnliches System vor. Seinerzeit eine Moduleinheit mit drei anschlussfähigen Klöppeln, kommt nun die weiterentwickelte Polyend Perc Drumming Machine als Einzelmodul in die Läden.
Natürlich können beliebig viele Module gemeinsam trommeln und jedes Modul kann individuell angesteuert werden, nun auch via CV/Gate. Gerade das ist toll und sehr direkt. Erinnerungen werden wach an die letzte Superbooth auf der Frankfurter Musikmesse 2015, wo Bastl Instruments ein sehr abgefahrenes Modularsystem zeigten, das über motorgetriebene Module Drumsticks oder drehende Räder triggerte, die allesamt physikalische Ereignisse auslösten: Eine Plastikflasche anschlagen, eine Schüssel mit raschelndem Inhalt anstubsen, ein Becken spielen. All diese Ereignisse formten einen Rhythmus, nur gesteuert von einem Modularsystem. Cool!

Hit me with your rhythm stick: Der „Beater“ der Polyend Perc Drumming Machine setzt MIDI-und-CV/Gate-programmierte virtuelle Schläge in reale Schläge um. (Foto: Christine Mangels)

Polyend setzten mit deren ersten Perc-System noch einiges drauf: Robuste Hardware für den Betrieb an einem richtigen Schlagzeug, feinaufgelöste Anschlagsdynamik für nuanciertes Spiel und natürlich MIDI und USB. Auf der Superbooth17 spielten sie mit ‚Perc‘ Schlagzeug, wie von Geisterhand, nur getriggert durch MIDI-Noten aus Ableton Live. Entsprechend gespannt war ich also, als jetzt die Polyend Perc Drumming Machine Module angekündigt wurden. Begeisterte Testimonials von legendären Artists wie Aphex Twin taten ihr Übriges, um meine Neugier zu steigern.

Aphex Twin ist ein Fan der Polyend Perc Drumming Machine. (Foto: Polyend Website)

Lieferumfang

Die Polyend Perc Drumming Machine besteht aus insgesamt vier Komponenten: Dem Drumschläger nebst Kabel, einem Kontrollmodul, einer Klemmvorrichtung und dem Netzteil samt Kaltgerätekabel. Geliefert wird alles in einem schlichten braunen Karton. Gut gepolstert finden darin außerdem noch eine Anleitung und ein USB-Kabel Platz.

Fotostrecke: 2 Bilder Ein Karton voller Perc Drumming Machine Einzelteile. Quasi modularer Inhalt. (Foto: Christine Mangels)

Das Kontrollmodul sieht auf den ersten Blick aus wie ein sehr schlichtes Bodeneffektgerät. Auf der Oberfläche des schwarzen Metallkästchens befindet sich ein stabiler Schaltknopf aus Metall, der per Fuß oder Hand gleichermaßen gut zu bedienen ist. Dieser dient nicht zum Ein-und Ausschalten eines Effekts, sondern lediglich zum „Lernen“ der Note, mit der das Modul getriggert wird. Noten können via USB, MIDI und CV/Gate zugeführt werden, die entsprechenden Eingänge befinden sich links am Gerät. Auf der rechten Seite gibt es einen MIDI-Ausgang, über den ein weiteres Modul angesteuert werden kann.

Fotostrecke: 5 Bilder Das Kontrollmodul sieht aus wie ein Gitarrenbodeneffekt. (Foto: Christine Mangels)

Aufbau

Der sogenannte „Beater“ besteht aus einer ca. zwei Kilogramm schweren Metallkugel mit sieben Zentimeter Durchmesser und einem 21,5 Zentimeter langen Ausleger aus Metall, der mit einer ebenfalls mitgelieferten Klemme an einem handelsüblichen Schlagzeugständer angeschraubt wird. Der schwere Drumstick selbst ist damit also fest am Ständer befestigt.
Der eigentliche Schlagimpuls kommt von einem kleinen runden Holzzylinder, der bis zu einem halben Zentimeter weit anschlagsdynamisch aus der Metallkugel heraus schnellt. Ein sehr robustes 270 Zentimeter langes, und mit festem Textil umwickeltes Kabel ist fest mit dem Beater verbunden und wird per 5-Pin XLR-Stecker an das Steuermodul angeschlossen. Jetzt muss ‚Perc‘ nur noch die Note lernen, auf die er reagieren soll.

Modulare postmoderne Drummachine: Die Technik des Polyend Perc überträgt MIDI, USB-und Triggersignale in die reale Welt. (Foto: Christine Mangels)
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Praxis

Inbetriebnahme

Um mit der Perc Drumming Machine zu arbeiten, muss man den Schalter auf dem Kontrollmodul drücken, bis die weiße LED auf der Rückseite blinkt. Danach die gewünschte Note eingeben und schon ist der Trigger programmiert. Die Note bleibt auch nach dem Ausschalten erhalten, so lange, bis ein neuer Trigger angelernt wird. Wird nun die programmierte Note gesendet, schnellt der kleine Holzzylinder je nach Anschlagsdynamik mal mehr und mal weniger weit aus dem Beater. Der maximale Hub beträgt ca. fünf Millimeter. Nun braucht man nur noch einen stabilen Schlagzeugständer, aus nicht zu dünnen Rohren gefertigt, um die ‚Perc‘-Halterung anzubringen. Die richtige Justierung entscheidet hier maßgeblich über die Qualität des getriggerten Spiels.

Fotostrecke: 2 Bilder Der Polyend Perc-Beater mit eingefahrenem Holzzylinder. (Foto: Christine Mangels)

Klang

Die Nuancierungen der Anschlagsdynamik sollte man sich nicht so fein aufgelöst vorstellen, wie bei gesampelten Drums in der DAW. Wie das folgende Video und die Audiobeispiele zeigen, liegt die Stärke des Perc-Systems in der Verkörperlichung von MIDI-Signalen. Plötzlich kann der Produzent einen Schlagzeug-Rhythmus programmiert vom Computer abspielen lassen und muss nicht darauf hoffen, dass der Session-Drummer tight und exakt genau das spielt, was er soll.
Für ein authentisches Klangbild müssen auch nicht zwangsläufig alle Drum-Instrumente von ‚Perc‘ gespielt werden. Eine Snare mit viel „Bleed“ allein bringt schon sehr viel Authentizität in einen Computer-Groove. Dennoch klingt ein sich kontinuierlich steigerndes Snare-Crescendo im Bereich von 0 bis 127 Velocityschritte schon anders, als von der DAW mit dem Sample-Drummer abgespielt.

Polyend Perc Drumming Machine spielt echte Snare zu einem Computergroove.

Die folgenden Audiobeispiele lassen das Potenzial der Polyend Perc Drumming Machine gut erahnen.

Audio Samples
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Audio aus Videobeispiel mit Polyend Perc Audio aus Videobeispiel mit gesampleter Snare Snare-Crescendo gespielt von Polyend Perc Snare-Crescendo gespielt von gesampelter Snare Polyend Perc spielt Snare Polyend Perc spielt Plastikdose Polyend Perc spielt Cowbell
Crescendo: Mit diesem MIDI-Snarewirbel wurde die Polyend Perc Drumming Machine in Audiobeispiel 03 angesteuert. Ganz so feinauflösend – von 0 auf 127 – wie die Snare von der DAW in Audiobeispiel 04 ist ‚Perc‘ nicht, dafür aber viel lebendiger. (Bild: Mijk van Dijk)

Da wir nur ein Testgerät zur Verfügung hatten, bleiben einige Fragen ungeklärt. So müsste es beim MIDI-Daisy-Chaining mehrerer in Reihe geschalteter Module theoretisch einen sehr geringen Zeitversatz geben, da MIDI eine serielle Schnittstelle ist. Beim Einsatz mehrerer Module via MIDI, wäre also eine MIDI-Thru-Box empfehlenswert, um die Module parallel zu beschicken, und um damit eventuelle Latenzen auszuschließen.

Einsatz als USB/MIDI-Interface?

Als USB/MIDI-Interface lässt sich ‚Perc‘ auch bedingt nutzen. Ich habe ihn via USB vom Laptop aus angesteuert und meinen Waldorf Rocket einwandfrei über den MIDI-Out des Perc spielen können. Die einzelnen Drums der Korg Electribe ER-1 ließen sich von der DAW aus anspielen, aber sie empfing keine MIDI-Clock. Die Roland AIRA TB-3 dagegen empfing nicht zuverlässig Noten, produzierte Notenhänger und empfing ebenfalls keine MIDI-Clock.

Fotostrecke: 3 Bilder Das Polyend Perc Kontrollmodul kann u00fcber USB, MIDI oder Trigger angesteuert werden. (Foto: Christine Mangels)

Neue Möglichkeiten mit der Polyend Perc Drumming Machine

Schon als die heute legendäre Linndrum in den 1980er Jahren in den Markt kam, bangten viele Schlagzeuger um ihren Job, denn sie klang „echt“, zumindest in den Ohren vieler Produzenten und Konsumenten, und prägte auch klangtechnisch eine Ära. Die Musik von damals ist noch immer großartig, eine Linndrum klingt aber tatsächlich nur wie eine Linndrum, und nicht wie ein echter Schlagzeuger. ‚Perc‘ jedoch spielt ein echtes Drumkit, und wie dieses Video zeigt, eröffnen sich dadurch auch für Schlagzeuger völlig neue kreative Möglichkeiten.

Fotostrecke: 2 Bilder Der Beater ist etwa so grou00df wie eine Billiardkugel. (Foto: Christine Mangels)

Im folgenden Video mit mehreren Perc-Beatern kommt noch der alte Perc Pro mit drei Beatern zum Einsatz.

Polyend Perc Drumming Machine Sound Demo (no talking)

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Video: Drummer mit Polyend Perc Pro Drumming (Polyend Perc Quick Guide)

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Vor allem ist ‚Perc‘ aber eine geniale Erweiterung der kreativen Möglichkeiten. Denn mit simpler Schlagzeugtrommelei ist bei der Perc Drumming Machine noch lange nicht Schluss. Weitere Einsatzmöglichkeiten sehe ich nicht nur in kreativen Bespielen interessant klingender Objekte, sondern auch im Theater- und Performancebereich. Schon mal daran gedacht, mit dem ‚Perc‘ das Frühstücksei aufzuklopfen, oder per MIDI-Keyboard Trigger-Impulse zum Abfeuern von Billardkugeln zu geben? Natürlich kann ‚Perc‘ auch andere Schlaginstrumente anspielen, wie hier im Video eine Handpan, die auf einem Plattenteller rotiert. Randomness in analog: Durch die Rotation entstehen melodische Zufälligkeiten.

Video: Polyend Perc Pro spielt rotierende Handpan (Binkbeats meets Polyend Perc)

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Ich kann mir ‚Perc‘ auch sehr gut als Impulsgeber im Theater, bei Installationen auf Kunstausstellungen und vielen weiteren „musik-fernen“ Veranstaltungen vorstellen. Natürlich summiert sich beim Einsatz mehrerer Perc Drumming Machines der Preis eines solchen Systems recht schnell in mittlere Tausenderregionen. Wenn man aber davon absieht, begrenzt nur die eigene Fantasie das Einsatzspektrum der Perc Drumming Machine. Von welchen, und wie vielen anderen Instrumenten kann man das schon behaupten?

Fotostrecke: 2 Bilder Mittels dieser mitgelieferten Klemme wird der Beater am nicht mitgelieferten Stu00e4nder befestigt. (Foto: Christine Mangels)
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Fazit

Die Perc Drumming Machine ist eine wirklich geniale und inspirierende Möglichkeit, echte Drums und andere Objekte per USB, MIDI oder Trigger zu spielen. Das grundlegende Prinzip ist wirklich simpel, lediglich der Aufbau benötigt etwas Präzision. Mit ein paar Handgriffen und dem richtigen Ständermaterial lässt sich der Roboter-Drummer von jedem Laien installieren, um virtuelle Drumgrooves in die reale Welt umzusetzen. Die Nutzungsmöglichkeiten sind schier unbegrenzt.
Der geforderte Preis für ein größeres Setup ist etwas für Profis. Ein einziger ‚Perc‘ kostet etwa. 450 €. Möchte man ein komplettes Schlagzeug bestücken, ist man schnell ein paar Tausender los. Aber gut umgesetzte innovative Konzepte sind am Anfang fast immer etwas teurer. Mit der Polyend Perc Drumming Machine investiert man in ein hochwertiges und höchst flexibles System und mit schon einem ‚Perc‘-Modul lässt sich bereits verdammt viel anfangen. Bahnbrechend, revolutionär und – es funktioniert. Ausprobieren lohnt sich!

PRO
  • Innovatives und inspirierendes Konzept
  • Sehr einfache Handhabung
  • Robuste professionelle Bauweise
  • Plug-and-Play out of the box
CONTRA
  • Preis
Polyend Perc Drumming Machine Test. (Foto: Christine Mangels)

Weitere Informationen zu diesem Produkt gibt es auf der Webseite des Herstellers.

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