Ocean Audio 500 EQ Test

Von Ocean Audio ist neben dem 500 Mic Pre auch der EQ 500 verfügbar: Da die Ocean-Audio-Module ihren Ursprung in Mischpult-Schaltungen von MTA haben, verwundert es nicht, dass der Hersteller eine Equalizer-Kassette anbietet – umfassen diese beiden Einheiten doch für gewöhnlich einen Mischpult-Eingangskanal.

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Malcolm Tofts EQ-Schaltungen rangieren anno 2013 in einer fast atemberaubenden Ahnenreihe, angefangen mit der diskreten Über-Legende, dem Trident A-Range-Kanalzug, über den Series-80B-Channelstrip bis hin zu den Input-Kanälen der MTA-Konsole (Malcolm Toft Associates), die der britische Ingenieur und Designer Anfang der 90er-Jahre nach seinem Ausstieg bei Trident auf den Markt brachte. Zu den Kunden gehörte damals neben vielen Studios und anderen Institutionen auch die Band Radiohead, über die berichtet wird, dass sie ihren Klassiker „OK Computer“ mit einer MTA-Konsole produziert hätten.

Details

Besonders auffällig: der günstige Preis

Als Weiterentwicklung des klassischen 80B-EQs, der ganzen Generationen von Rock-Produktionen seinen klanglichen Stempel aufdrücken konnte, lässt Ocean Audio nun den MTA-EQ in einer 500-Kassette wiederaufleben. Mit seinem Zuschnitt als semiparametrisches Design rangiert der Ocean Audio 500 EQ in einem funktionalen Segment, in dem der Markt für 500-Module mittlerweile einiges zu bieten hat. Lang etablierte Module wie der Great River Harrison 32EQ oder der auch noch recht neue SSL 611EQ bieten Ähnliches, kosten aber beide deutlich mehr: Ein weiterer Punkt, der uns neugierig auf die Details blicken lässt…

Kein HPF und LPF

Als semiparametrischer Vierband-EQ bietet der 500 EQ eine vollgepackte Frontplatte, die aber trotzdem einen noch gut bedienbaren Eindruck macht. Da der EQ keine zusätzlichen Cut-Filter bereitstellt, kommt er im Gegensatz zu der genannten Konkurrenz von SSL und Great River mit acht Potis aus, die folglich mit größeren Abständen zwischeneinander montiert werden konnten.

Fotostrecke: 3 Bilder Mit vier semiparametrischen Filterbändern bietet sich der 500 EQ für alle Mix-Aufgaben an

Keine Fixfrequenzen

Im Gegensatz zum Trident-80B-EQ lassen sich die Eckfrequenzen aller Bänder vollständig sweepen, was insbesondere in den Bässen und Höhen die Flexibilität erhöht. Jedes Band bietet dabei eine maximale Amplitude von ±15 dB, was in der Praxis mehr als genug sein dürfte. Die Eckfrequenzen sind dabei wie folgt aufgeteilt: 40-650 Hz (LF), 0,1-1,5 kHz (LMF), 0,7-10 kHz (HMF) sowie 1-15 kHz (HF). Mit deartig weit überlappenden Bändern sind auch extremsten Filterkurven keine Grenzen gesetzt. Mit einem Q-Faktor von 1,2 beziehungsweise einer Flankensteilheit von 6 dB pro Oktave sind die Filter sehr breit und gemütlich abgestimmt – ganz so, wie sich das für einen klassischen, britischen Konsolen-EQ gehört, auch wenn die MTA-Konsolen am jüngeren Ende des Spektrums stehen, dessen Fundamente Hersteller wie Neve (oder aber die hauseigenen Designabteilungen der EMI) bereits zur Mitte der 60er-Jahre legten.

Außenbänder umschaltbar

Die beiden äußeren Bänder können wahlweise im Peaking- und Shelving-Modus betrieben werden, was die Flexibilität weiter erhöht. Mit solch einem Feature-Set zählt der Ocean Audio 500 EQ eindeutig zur aktuellsten Generation der Mischpultkonsolen-EQs. „Alte“ Klassiker wie der API 550a oder gar der Electrodyne 511 müssen mit deutlich weniger Funktionalität auskommen. Zusätzlich verfügt das Modul über einen EQ-In-Schalter, welcher die EQ-Schaltungen komplett aus dem Signalweg nimmt, nicht aber die Symmetrierstufen an den Ein- und Ausgängen. Eine rote LED zeigt den Status an, und eine weitere LED warnt vor übersteuerten Pegelspitzen.

Fotostrecke: 3 Bilder Ocean Audio 500 EQ: sauberer intener Aufbau

Alte Bekannte auf der Platine – aber keine Übertrager

Wie alle Ocean-Audio-Module kommt der EQ als offenes Modul, das einen freien Blick auf die Schaltkreise erlaubt. Sowohl die aktiven RC-Filterbänder als auch die Ein- und Ausgangsstufen basieren auf TL072-OpAmps, die Toft bereits in den Trident-Kanälen verwendete. Eigene Audio-Übertrager besitzt der EQ hingegen nicht, und das ist auch kein Wunder: Im Pult bildeten Preamp und EQ eine Einheit und waren (wie allgemein üblich) zusammen auf einer Karte untergebracht, so dass abgesehen vom Eingangsübertrager keine weiteren solchen Bauteile vonnöten waren. Dies hat Ocean Audio bei den 500-Modulen beibehalten; nicht zuletzt wohl auch deswegen, um den äußerst konkurrenzfähigen Preispunkt nicht hochschrauben zu müssen. Als Kritikpunkt soll das aber keineswegs verstanden werden, denn auch wenn Audio-Übertrager (beispielsweise bei Neve) den Sound entscheidend prägen können, sind sie doch kein sakrosanktes Allheilmittel. Im Gegenteil: Viele Schaltungen klingen insgesamt sauberer und knackiger, wenn die Ein- und Ausgänge elektronisch (oder gleich gar nicht!) symmetriert werden.

Made In… England!

Die Fertigung erfolgte wie bei allen Ocean-Audio-Geräten in England und kann sich im Ergebnis mehr als sehen lassen. Das Modul hinterlässt einen ausgesprochen sauberen und aufgeräumten Eindruck. Ocean Audio verzichtet komplett auf SMD-Bauteile, die Geräte können also unkompliziert repariert werden, falls das jemals nötig sein sollte. Die ICs sitzen allesamt in Sockeln, können also ebenfalls leicht ausgetauscht werden. Da die Gain-Potis in der Neutralstellung einrasten, können einzelne Bänder zudem ohne große Ratespielchen aus dem Geschehen genommen werden.

Praxis

Ein waschechter Konsolen-EQ darf definitionsgemäß keine wirklichen Vorlieben haben, denn er muss ja – zumindest in der Theorie – in jedem Mischpultkanal mit jedem erdenklichen Eingangssignal ansprechende Resultate liefern. Aus diesem Grunde haben wir es bei diesen EQs, zumindest wenn sie nicht in der Ära vor Mitte der 70er-Jahre designt wurden, in der Regel nicht mit ausgewiesenen Charaktertieren zu tun. Weder ein unflexibles Filterlayout noch eine ganz speziell klingende Audioschaltung machen hier übermäßige Vorgaben – das gilt etwa für den SSL-EQ genau so wie für den MTA-/Ocean-Audio-Entzerrer, den wir hier unter die Lupe nehmen.

Die Filterbänder des Ocean-EQs erlauben maximale Amplituden von ±15 dB
Die Filterbänder des Ocean-EQs erlauben maximale Amplituden von ±15 dB

In der Praxis löst Malcolm Tofts jüngster EQ die Gedanken, die wir hier soeben umrissen haben, mit durchweg guten Qualitäten ein. Im Detail heißt das beispielsweise, dass der eher drahtig-schlanke Sound des Ocean-Audio-Preamps mittels des EQs schön angedickt werden kann, was Gesangsaufnahmen den nötigen Bauch und die „Autorität“ verleiht, die eine Performance noch überzeugender wirken lassen. Ebenso lässt sich im Air-Band auch noch ein Glanzhäubchen aufsetzen, wobei der EQ aber stets seine etwas nüchtern-zrückhaltende Form wahrt; seidig-weiches Pultec-Schmeicheln oder sämige Neve-Höhen darf man nicht erwarten, aber angesichts der eben beschriebenen Ingredienzien der EQ-Schaltung käme man wohl eh nicht auf diesen Gedanken.

Audio Samples
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Vocals original Vocals Shelf-Boost bei 7 kHz, Peak-Boost bei 180 Hz

Auch andere Aufgaben bringen den 500 EQ nicht aus der Fassung. So lassen sich Instrumente gut in den Mix einpassen, gleich, ob das nun etwas mehr Biss in den Präsenzen erfordert oder ein bisschen Aufräumen in den Tiefmitten. Auch Bassfundament gehört zu den Jobs, die der 500 EQ überzeugend anbieten kann. Da lässt sich durchaus einiger Wumms herauskitzeln, wobei man bei größeren Anhebungen den Headroom im Auge behalten sollte.

Audio Samples
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Gitarre original Gitarre Peak-Boost bei 3 kHz Moog original Moog Peak-Boost bei 40 Hz Moog Peak-Boost bei 40 Hz, Low-Mid-Sweep

Erfreulich bleibt in jedem Fall die übersichtliche Bedienung. Aufgrund der ausreichend bemessenen Abstände zwischen den Potis sind auch unbeabsichtigte Fehlbedienungen nahezu ausgeschlossen.

Fazit

Der Ocean Audio 500 EQ muss zwar auf Cut-Filter verzichten, gewinnt aber den direkten Vergleich beispielsweise mit dem SSL 611EQ durch einen günstigeren Preis und einer angenehmeren Bedienung. Hochwertige EQs in dieser Preisklasse sind im 500-Metier nicht unbedingt breit gestreut, die allseits beliebten Platzhirsche kosten teilweise mehr als das Doppelte der Summe, bei der sich der Straßenpreis des 500 EQ einpendeln wird – entweder knapp ober- oder knapp unterhalb der 500-Euro-Schallmauer. Das geht für einen guten, flexiblen EQ sehr in Ordnung!

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • Preis-Leistungsverhältnis
  • Klangeigenschaften
  • einfache Bedienung
  • Peak-LED
Contra
Artikelbild
Ocean Audio 500 EQ Test
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Technische Spezifikationen
  • semiparametrischer EQ mit 4 Bändern
  • wahlweise Peaking- und Shelving-Charakteristik im Bass- und Höhenband
  • Filter mit überlappenden Frequenzbereichen
  • Eckfrequenzen stufenlos durchstimmbar
  • Peak- und Bypass-LEDs
  • Preis: € 534,- (UVP)
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Profilbild von Alex Abedi

Alex Abedi sagt:

#1 - 28.04.2017 um 05:43 Uhr

0

"Im direkten Vergleich mit dem SSL 611EQ muss der Ocean Audio 500 EQ auf die Cut-Filter verzichten, macht dies aber mit einem günstigeren Preis und einer angenehmeren Bedienung mehr als wett."Aha, wäre toll wenn das echt so wäre, nur leider hat der ssl eq irgendwelche cutfilter.

    Profilbild von Nick (Redaktion Recording)

    Nick (Redaktion Recording) sagt:

    #1.1 - 02.05.2017 um 06:32 Uhr

    0

    Hi Alex,der SSL 611EQ kommt ebenfalls ohne Hochpass- und Tiefpassfilter, mir ist auch nicht klar, wo da der Knoten war. Habe ich geändert, merci.Grüße, Nick (Redaktion Recording)

    Antwort auf #1 von Alex Abedi

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