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MFB Microzwerg Test

Und hier ist mal wieder ein weiteres Exemplar aus der Zwergserie der fleißigen Berliner Konstrukteure: der Microzwerg. Er fügt sich nahtlos in die Gruppe seiner fünf Brüder Nanozwerg, Megazwerg, Schlagzwerg, Urzwerg und Kraftzwerg ein. Der Zwerg Nr. 7, „Urzwerg Pro“ wird er heißen, ist schon angekündigt, aber noch in Arbeit. Fehlt nur Schneewittchen. Aber mal ganz im Ernst: so niedlich die Namensgebung und das Design dieser Desktopsynthesizer auch sein mag, es handelt sich hierbei nicht um Spielzeug oder Spaß-Musikinstrumente. Das Gegenteil ist der Fall!

Das Kürzel MFB steht für Manfred Fricke Berlin. Hier begann man in den 70er Jahren mit Videospielen für Spielautomaten. In den 80ern feiert man dann mit dem Drumcomputer MFB-501 einen großen Erfolg, später folgten Sequencer, diverse Synthesizer-Module, MIDI/CV-Interfaces und auch Geräte aus dem Bereich der Videotechnik. In den letzten Jahren hat MFB eine ganze Armada an Desktopsynthesizern herausgebracht, begonnen mit dem MFB-Synth im Jahre 1997. Das Markenzeichen aller MFB-Synthesizer liest sich wie folgt: monophon und analog, kleine Gehäuse mit unverwechselbarem Design, kleine Preise und ausschließlich Miniklinkenbuchsen. Meist wird neben MIDI auch CV-Steuerung geboten.

Jeder Business-Coach würde bei so vielen Alleinstellungsmerkmalen in die Hände klatschen. Wir bei bonedo legen die Messlatte da eher bei Klang, Verarbeitung und Benutzerfreundlichkeit an. Und mal sehen, vielleicht applaudieren wir am Ende dieses Tests ja ebenfalls…

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Details

Der MFB Microzwerg ist ein monophoner, halbmodularer Desktopsynthesizer mit zwei VCOs und Dual-Multimodefilter, der auf MIDI- oder CV-Befehle hört. Halbmodular deswegen, weil er aufgrund seiner Patchbay viele Modulationsmöglichkeiten bietet. Ein grundsätzlicher Signalfluss ist aber intern voreingestellt, sodass man für die Basisklänge keine Patchkabel benötigt. Das zu Grunde liegende Prinzip der Klangerzeugung ist die subtraktive Synthese: VCO-VCF-VCA. Darüber hinaus gesellen sich viele Modulationsquellen und Möglichkeiten, per CV-Steuerspannungen externe Geräte in die Klangschöpfung mit einzubeziehen. Sogar als Filterbank für externe Audiosignale kann der Microzwerg genutzt werden.

VCO
Am Anfang des Signalflusses stehen zwei Oszillatoren mit den Wellenformen Dreieck, Sägezahn und Puls (mit fester Breite) in den Oktaven 16’, 8’, 4’ und 2’ bereit. VCO1 bietet zusätzlich die Option „Ringmodulation“, VCO2 verfügt über einen stufenlosen Intervall-Regler für Verstimmungen bis zu ca. +/- 1 Oktave und kann auch als Rauschgenerator genutzt werden. Ein globales Tune-Poti fürs globale Finetuning beider Oszillatoren steht ebenfalls bereit. Pulsweitenmodulation ist mittels Patchbay möglich, auch kann mit entsprechenden Steckverbindungen der VCO2 zum VCO1 synchronisiert werden, sofern für VCO1 Pulswelle gewählt ist. Glide (Portamento) ist stufenlos anwendbar. Ein Warmlaufen von 5-10 Minuten wird empfohlen, um die Stabilität der Stimmung zu garantieren. Wir sind hier bei einem durch und durch analogen Synthesizer, kurze Aufwärmzeiten sind in diesem Genre ganz normal.

Mixer
Hier werden die Lautstärkeverhältnisse der beiden VCOs vorgenommen.

VCF
Zwei grundsätzlich seriell angeordnete 12dB-Filter mit regelbarer Filterresonanz „schleifen“ den Klang der (zuvor im Mixer gemischten) VCOs. Die Filter können in den Modi Lowpass, Bandpass, Notch oder Highpass arbeiten und wahlweise von der Keyboard-Velocity oder dem Modulationsrad gesteuert werden. Mit Hilfe der Patchbay lassen sich die zwei Filter aber auch parallel betreiben, sodass jedes Filter für jeweils einen VCO zuständig ist. Hier ein Beispiel, wie sich eine serielle und parallele Filteranordnung im Klang unterscheidet.

Audio Samples
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Filteranordnung 1. Seriell, 2. Parallel

Direkte Modulationsquellen des Filters können die Tonhöhe (Key Follow), Hüllkurve (Contour) oder die Oszillatoren sein (Mod1). Über die Patchbay ergeben sich noch viele weitere Möglichkeiten. Interessant ist der Parameter „Space“, mit dem man die Cutoff-Frequenz von VCF1 im Verhältnis zu der von VCF2 ändern kann. Gerade wenn man für die beiden Filter unterschiedliche Modi wählt, entstehen hierbei interessante Klänge, bei viel Filterresonanz ermöglicht es „Space“, den oft schrillen Klang zu entschärfen.

Hier zwei Beispiele mit Reglerfahrten des Space-Potis. Zunächst mit den Filtermodi Lowpass/Highpass, darauf folgend dann Bandpass/Notch:

Audio Samples
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Space LP/HP und BP/Notch

VCA
Am Ende es Signalflusses steht der Ausgangsverstärker, der VCA. Er „entscheidet“ per Gate-Öffnung, ob und wie lange ein Ton wiedergegeben wird. Kontrolliert man den VCA zusätzlich mit Keyboard-Velocity, ist er auch für die individuelle Lautstärke von Tönen zuständig. Am Microzwerg ist für den VCA keine Modulationsquelle voreingestellt – will man diesen von der Hüllkurve steuern lassen, um dynamische Verläufe zu realisieren, muss man zum Patchkabel greifen. Der VCA lässt sich sowohl durch die Keyboard-Velocity als auch wahlweise durch das Modulationsrad steuern, die Patchbay ermöglicht noch viele weitere Modulationen.

ADSR-Hüllkurve und LFOs
Zum Modulieren von VCOs, VCFs und VCA stehen eine Hüllkurve mit den Parametern Attack, Decay, Sustain und Release sowie zwei LFOs bereit. Die LFOs können die Wellenformen Dreieck, Sägezahn und Rechteck erzeugen, LFO1 zusätzlich die Wellenform Ramp, LFO2 eine Zufallswelle. Sie arbeiten in der Voreinstellung unabhängig voneinander, ihre Frequenzbereiche liegen zwischen ca. 10 und 100 Hz. Per externer CV-Spannung kann LFO2 jedoch auch zum dritten Oszillator werden und bis zu 3kHz schnell schwingen. Auch die LFOs können in ihrer Geschwindigkeit wahlweise auf Keyboard-Velocity oder das Modulationsrad eines Keyboards reagieren. Ein Feature der LFOs ist ihre „One Shot“-Funktion, mit der man sie zu einfachen Hüllkurven machen kann. Entsprechend der gewählten Wellenform wird dann bei jedem Notenbefehl eine „LFO-Hüllkurve“ gestartet.

Grundsätzlich können über die Patchbay immer auch externe Steuerspannungen zu Modulationszwecken herangezogen werden (Mod1 und Mod2), ebenfalls kann der Microzwerg CV-Spannungen an andere externe Instrumente senden. Aus gleichem Hause gibt es dafür beispielsweise einiges…

MIDI
Auf der Rückseite findet man den fünfpoligen MIDI-Anschluss, der MIDI-Notenbefehle, Pitch-, Modwheel- sowie Keyboardvelocity-Daten empfangen kann, jedoch keine sonstigen MIDI-Controller. Der MIDI-Kanal kann frei gewählt werden, MIDI-Out oder -Thru gibt es nicht.

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Praxis

Der kleine Tischsynthesizer mit dunkelblauer Frontplatte und Gehäuse aus schwarzem, robustem Kunststoff ist sehr leicht und sieht bei aller Unscheinbarkeit – wie ich finde – ganz schick aus. Die kleinen Potis sind eher leichtgängig, ihre Regelwege meist gut gewählt, bisweilen etwas kurz. Bei Tuning und Intervall muss man beispielsweise schon ziemlich genau zielen. Die „richtige“ Einstellung liegt hier oft im gefühlten Nanometerbereich. Wie bei MFB üblich, sind auf wenig Platz viele Armaturen untergebracht und ein unachtsamer Finger kann hier im Eifer des Gefechts schnell auch mal etwas ungewollt verstellen. Das ist sicherlich nur eine Gewöhnungssache, aber Musiker, die Instrumente in normaler Größe gewohnt sind, müssen sich hier etwas umstellen. Im Lieferumfang sind vier Patchkabel, ein Netzteil und das Handbuch enthalten. 

Um etwas hören zu können, muss ich mein „MFB-Spezialkabel“ herauskramen, das ich mir extra mal für die Synthies dieser Marke zugelegt habe: ein Miniklinke-auf-6,3mm-Klinke-Kabel. Erst so kann ich den Microzwerg an meine Abhöre bzw. meinen Preamp anschließen.

Die Oberfläche des Microzwergs gestaltet sich zunächst recht übersichtlich, die einzelnen Sektionen der Klangerzeugung sind gut zu erkennen, und ein einfacher Sound ist dem Kleinwüchsigen schnell entlockt. Will man hier jedoch etwas tiefer in die Materie einsteigen, muss man das Manual zur Hand nehmen. Hierin wird man u.a. über wichtige Grundeinstellungen des Synths, Shift/Doppelfunktionen einiger Taster und Bedeutungen der CV-Patchbuchsen aufgeklärt.

Hier nun eine Session, in der man ausschließlich Klänge des Microzwergs hört. Die Drumsounds sind Einzelsamples aus dem Microzwerg, die ich mit meiner DAW und mit Hilfe neu zu einem Beat zusammengesetzt habe. Dabei kamen die üblichen Dynamikprozessoren zu Einsatz, um den Drums noch zu etwas mehr Punch zu verhelfen.

Audio Samples
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Microzwerg Session Bassline Rechteck, erst 1 VCO, dann 2 VCOs Bassline Sägezahn, erst 1 VCO, dann 2 VCOs Drums Noisy Tones

Wie man hören kann, bietet der Microzwerg eine große Palette an Klängen. Das Filter klingt rau, seine Filterresonanz versetzt es ab ca. 60% des Regelwegs in Eigenschwingung. Der Regler „Space“ lässt Sounddesignerherzen höher schlagen und ist der Freund aller, die auf resonierende, aber nicht kreischende Filterresonanzklänge stehen. Die schnelle Hüllkurve ermöglicht ohne Probleme gute, perkussive Klänge, wie das Audiobeispiel „Drums“ oben belegt. Manchmal wünscht man sich einen Regler für die Gesamtlautstärke dazu. Aber so lange der Preamp in Reichweite steht, kann man dieses kleine Manko auch mit dessen Input-Regler kompensieren.

Von der Bedienung her gibt es eigentlich nur positives zu berichten, außer dass der interessierte Leser wissen sollte, dass hier für den Tastsinn alles eine Nummer kleiner ausfällt. Die Potis sind nicht gerade bombenfest verankert, sie haben etwas Spiel. (Es sind übrigens die gleichen Gummiknöpfe, die auch Clavia verwendet. Dort baut man die Potis nur wesentlich stabiler). Und auch die Doppelfunktionen, die man mit der Shift-Taste aufruft, sind nicht so ganz nach meinem Geschmack. Da vertut man sich schon mal schnell. Aber angesichts des Mini-Konzepts und des kleinen Preises von 380.- Euro sollen diese Kritikpunkte hier nicht zu schwer wiegen.

Störender empfand ich ein Phänomen, das auch schon beim Test des „MFB Nanozwerg“ auftrat: beim Spielen von verschiedenen Oktavlagen sind leider kleine Unsauberkeiten bei der Stimmung zu hören. Mein Stimmgerät hat Schwankungen im Bereich von +/- 40 Cent gemessen. Hier muss man ggf. mit dem Tune-Poti nachregeln. Nun folgen zwei Audiobeispiele dazu, im Beispiel „Tutti“ habe ich den Ton C aus fünf Oktaven übereinander gelegt und etwas “auseinandergepant”:

Audio Samples
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Tuning Einzeltöne Tuning u201eTuttiu201c

Hier noch ein Beispiel des Filters mit und ohne Velocity-Steuerung sowie ein Zweiklang, den man mit dem Intervall-Regler des VCO2 erreicht:

Audio Samples
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Velocity Filter Zweiklang
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Um den Bogen zum Intro des Tests zu spannen: Ja, wir von bonedo applaudieren, weil man bei so viel Klang für so wenig Geld gar nicht anders kann! Der Microzwerg ist ein Tausendsassa, klingt ausgesprochen gut und macht Spaß. Sein raues Filter verleiht ihm einen aggressiven Grundklang, seine schnelle Hüllkurve erlaubt gute perkussive Klänge, und mit zahlreichen Modulationsmöglichkeiten ist er ein gefundenes Fressen für Sounddesigner. Aber ein kleiner, unschöner Nachgeschmack bleibt: die Stimmungsunreinheiten bei weiten Lagen – Nachmessen und Nachregeln des Tunings stört den musikalischen Fluss auf die Dauer. Schade, ist dies wohl weniger ein Konstruktionsfehler als eine nachlässige Kalibrierung, die sich sicherlich vermeiden ließe. Für drückende Basslinien, hämmernde Patterns und alles, was tendenziell auf weite Lagen verzichtet oder eines sauberen Tunings bedarf, ist der Microzwerg wärmstens zu empfehlen.

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • Guter und sehr vielseitiger Klang
  • CV Steuerung
  • Kleiner Preis
Contra
  • Leichte Tuning-Unsauberkeiten bei weiten Lagen
  • Kein Regler für die Gesamtlautstärke
Artikelbild
MFB Microzwerg Test
Für 369,00€ bei
Technische Details
  • 2 VCOs mit regelbarem Glide und Intervall Tuning, Osc-Sync und Ringmodulation, vier wählbare Fußlagen
  • 2 12dB Multimode Filter mit Keyboardtracking, Space und Filterresonanz, wahlweise parallel oder seriell angeordnet
  • Filtereingang für externe Audiosignale
  • VCA
  • 1 ADSR-Hüllkurve
  • 2 LFOs mit Oneshot Funktion
  • Patchbay ermöglicht viele Modulationen
  • Keyboardvelocity von Filter, VCA und LFO nutzbar
  • MIDI In
  • Diverse CV Ein- und Ausgänge
  • Sämtliche Ein- und Ausgänge im Miniklinke Format
  • Externes 9V Netzteil
  • Größe: 17,5 x 12,5 x 7,2 cm
  • Gewicht: ca. 0.4 Kg
  • UVP: 380,- Euro
  • Straßenpreis: 369,- Euro
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