Grinsend hält mir der Mann mit der gelben Mütze das kleine Paket entgegen. „Na dann – viel Spaß damit“. Nur wenige Sekunden später ist der vom japanischen Hersteller Korg als Performance-Wunder angepriesene und in China gefertigte Korg Kaossilator aus seinem Karton befreit. Ich bin gespannt, was sich wohl hinter diesem neuartigen Konzept eines „Dynamic Phrase Synthesizers“ verbergen mag. Die Jungs mit dem Bandbus werden gleich da sein, und 450 km Autobahn warten darauf, von uns bezwungen zu werden. Heute soll die weite Reise zum Gig für mich jedoch kurzweilig werden, dank des fünfstündigen Batteriebetriebs des Kaossilators und einem Paar Mini-Kopfhörer, das ich noch schnell aus der Schublade krame…
Der Kaossilator ist der dritte Vertreter der Korg Kaoss-Serie neben dem Kaoss-Pad 3 und seinem kleinen Bruder, dem Mini-Kaoss Pad. Diese Geräte aus Korgs „Producing Tools“-Serie erfreuen sich schon länger einer größeren Fangemeinde aus Djs, Musikern und Produzenten. Und eben an diese Gruppe, aber auch an musikalische Neulinge richtet sich nun auch der jüngste Korg-Kaot. Der kleine Synthesizer verfügt über 100 Klangprogramme kombiniert mit Effekten der Kaoss-Serie, einem Gate-Arpeggiator und einem Loop-Recorder.
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DETAILS
Mit einer Größe von knapp 140 Quadratzentimetern und einem Gesamtgewicht von etwa 250 Gramm inklusive Batterien können wir dem Gerät getrost das Attribut „handlich“ verleihen. Im quietschgelben Plastikgehäuse kommt es daher, mit den gleichen Bedienelementen wie das Mini-Kaoss Pad. Man fühlt sich spontan an eine fernöstliche tragbare Spielkonsole aus den Achtzigern erinnert.
Den größten Teil des Platzes nimmt das vorderseitige Touch-Pad ein, mit dem sowohl die Tonhöhe als auch die Effektparameter der Sounds verändert werden können – dazu später mehr. Optisch gleicht es den Mausprothesen, die in Notebooks unterhalb der Tastatur verbaut werden. Oberhalb des Touchpads prangt mittig der Programm / Value-Knopf, ein etwas klapprig wirkender Endlospoti aus grauem Kunststoff, rechts daneben warten drei gelbe Taster, links ein dreistelliges Display.
Auf der Stirnseite befindet sich ein Stereoausgang in Form zweier Cinch-Buchsen und ein Netzteil-Anschluss. Allerdings ist der dafür vorgesehene 4,5 Volt Netzadapter nicht im Lieferumfang enthalten.
Deshalb ist zuerst einmal Batteriebetrieb angesagt und so nehmen die vier mitgelieferten AA Energiespender ihren Platz auf der Rückseite des Gerätes ein. Weiter beherbergt das Gehäuse noch einen Miniklinke-Kopfhöreranschluss mit benachbartem Lautstärkeregler. Für einen stabilen und rutschfreien Stand sorgen vier kleine Gummifüße. Alles in Allem also ein durchaus Road-taugliches Gerät, das bei pfleglicher Handhabung eine lange Lebensdauer gewährleisten sollte. Einen Stereoeingang wie bei den Kaoss-Geschwistern sucht man hier allerdings vergebens, da der Kaossilator keine externen Audiosignale verarbeiten kann.
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PRAXIS Die Klangerzeugung des Kaossilators entstammt Korgs Multi Modeling Technology, die auch im Korg Radias Anwendung findet.
Die Sounds werden in die Kategorien Lead, Acoustic, Bass, Chord, Special Effects, Drum und Drum Pattern unterteilt. Die Klangqualität der Presets ist (fast) ausnahmslos gut und liefert Produzenten von elektronischer Musik eine überschaubare Palette an kreativem Ausgangsmaterial: Fette Synthleads, knarzende Bässe, druckvolle Electrodrums und schwebende Flächen.
Besonders gut gelungen ist die SFX-Abteilung, mit der sich abgefahrene Übergänge leicht bewerkstelligen lassen. Lediglich die Akustik-Kategorie schwächelt für meinen Geschmack erheblich, und mir erschließt sich bis heute nicht, wie der Hersteller in seiner Produktinformation von „überzeugenden Nachbildungen von Instrumenten wie Klavier, Gitarre oder Trompete“ sprechen kann.
Die Y-Achse des Pads steuert verschiedene vordefinierte Modulationsparameter wie beispielsweise Cutoff, Decay, Resonanz, LFO-Geschwindigkeit, Delay-Anteil oder anderes.
Heißt also, Finger nach rechts oder links verändert die Tonhöhe – Finger nach oben oder unten beeinflusst den Klang. Leider beschränkt sich die Editierbarkeit der Sounds auf das bloße Aufrufen des Presets, der Tonart und der Skala. Eine weitere Einflussnahme auf die Klang- und Effektparameter ist beim Kaossilator nicht möglich. Man muss also mit den Vorgaben der Programmierer leben.Da das Touch-Pad nur eine Breite von 6,5 cm hat und die Tonhöhe sich immer über zwei Oktaven erstreckt, gestaltet sich das Spielen einer präzisen Melodie nicht gerade einfach. Dennoch ist dies die einzige Möglichkeit, dem Kistchen einen Klang zu entlocken Da der Kassiolator über keine Midi-Schnittstelle verfügt, entfällt auch die Kommunikation mit externen Sequenzern oder anderen Geräten. Der Absicht mit dem Kaossilator eine bestimmte Melodielinie zu kreieren folgt schnell Frustration. Zufällige Linien kann man mit dem Teil hingegen zuhauf generieren.
GATE-ARPEGGIATOR Eine weitere Möglichkeit die Klänge zu beeinflussen, bietet der Einsatz des Gate Arpeggiators mit 49 unterschiedlichen Patterns. Dabei werden die Sounds nach einem wählbaren Muster rhythmisch „zerhackt“. Das gewünschte Songtempo lässt sich mittels des Tempo Tasters in einem Bereich zwischen 30 und 300 bpm definieren oder einfach eintappen.
Die Patterns sind zwischen einem und vier Takten lang und in unterschiedlichen Metren in gerader oder swingender Quantisierung zu haben. Eine ausführliche Übersicht aller Arpeggio-Patterns und der verschiedenen Skalentypen zeigt eine mitgelieferte kleine Papp-Tabelle, die aufgrund ihrer Robustheit wohl dafür gedacht ist, immer “am Mann” mitgeführt zu werden.
LOOP-RECORDER Zum Festhalten der gespielten Phrasen hat Korg dem Kaossilator einen Loop-Recorder spendiert. Dieser bietet die Möglichkeit, eine Aufnahme der kreativen Ergüsse in einer Länge von bis zu zwei Takten zu erstellen. Dabei kann man im Overdub-Verfahren beliebig viele Aufnahmen übereinander schichten und somit recht schnell neue Beats oder Klangkaskaden erzeugen. Allerdings gibt es keine Chance, die so erstellten Aufnahmen zu konservieren. Und ist der Kaossilator erst einmal ausgeschaltet, ist auch die Arbeit futsch. Beim Erstellen eines neuen Loops sollte man am Besten mit dem Arpeggiator ein rhythmisches Motiv erzeugen, da der Recorder über kein eigenes Metronom verfügt. Hat man sich so zu einer Orientierung im Looptempo verholfen, können weitere Phrasen hinzugefügt werden. Geht mal was daneben, lässt sich mittels der Cancel-Funktion die letzte Aufnahme rückgängig machen. Auf die darunter liegenden Klangschichten hat man jedoch keinen Zugriff mehr, und auch die Lautstärke der einzelnen Phrasen kann nicht mehr verändert werden. Grundsätzlich erfordert die Bedienung des Kasiolators etwas Geschick, da viele Funktionen durch Halten zweier Taster aktiviert und mittels des Value-Knopfs ausgewählt werden müssen.
Um euch die Möglichkeiten des Koassilator intensiver vorzustellen, habe jetzt noch ein etwas längeres Hörbeispiel anzubieten.
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Kaoss Nights
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FAZIT Keine Frage, der Kaossilator bietet tolle Klangqualität und einen hohen Spaßfaktor. Und das für gerade einmal 150 Euro. Für Neu-Einsteiger sind Erfolgserlebnisse im wahrsten Sinne des Wortes vorprogrammiert, denn der Umgang mit dem Gerät ist unkompliziert und führt schnell zu guten Klangergebnissen. Auch wird man als Novize die Einschränkungen, die ein Gerät dieser Preiskategorie naturgemäß mit sich bringt, eher in Kauf nehmen oder sogar nicht einmal als nachteilig empfinden. Und auch die Tatsache, dass es durchaus etwas Übung braucht, bis sich das Spielen einer bestimmten Melodie auf dem kleinen Touchpad weniger umständlich gestaltet, wird ein Anfänger eher als Herausforderung betrachten.
Allerdings hat auch mir der Sound dieses Zwergs so gut gefallen, dass ich während der Fahrt im Bus ernsthaft darüber nachgedacht habe, wie ich den Kaossilator wohl am Besten in mein Live-Setup integrieren könnte. Hier und da mal eine tiefe Bassdrohne abfeuern oder einen Sound der Effekteabteilung für geschmeidige Übergänge zu spielen, würde sich schon anbieten. Es darf halt nicht zu tonal werden, denn wegen der Touchpad-Bedienung stößt man hier schnell an seine Grenzen. Oder Produzenten: Sie könnten den Kleinen als zusätzliche Klangquelle nutzen, die Signale in ihrem Audiosequenzer einzeln aufzeichnen und so den eingeschränkten Möglichkeiten des Loop-Rekorders entgehen. Dass es aus dieser Perspektive naturgemäß einige Einschränkungen gibt, die den Kaossilator für den Einsatz im professionellen Setup eher weniger geeignet machen, ist einleuchtend. So wird auch die Scalefunktion kaum dabei helfen, sinnvolle Melodien zu erzeugen, geschweige denn sie zu reproduzieren. Auch bietet das Gerät weder einen Zugriff auf die Klang- und Effektparameter der Presets, noch eine Midi-Schnittstelle zum Anschluss einer externen Tastatur. Und für den DJ gibt es keine Möglichkeit, externe Audiosignale zu bearbeiten – eine Funktion, die das Kaoss Pad 3 oder das Mini-Kaoss Pad allerdings zum etwa gleichen Preis bieten.
Nichtsdestotrotz: Wir werden mit unserem Bandbus gleich am Ziel ankommen, und die Beschäftigung mit dem Kaossilator war für mich auf jeden Fall eine nette Abwechslung.
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