Extinct Audio BM9 und Black Ops Test

Extinct Audio aus England hat mit den Bändchenmikrofonen BM9 „The Viking“ und dem eng verwandten Black Ops für Aufsehen in der Audiowelt gesorgt. Das ist ein Grund, sich Exemplare für einen Test kommen zu lassen.

Black Ops und Viking Ribbon Mics

Für dieses Review sind zwei Extinct BM9 sowie ein einzelnes Extinct Black Ops eingetroffen. Die BM9 sind auch in einer Stereoversion als Extinct Valkyr Stereo verfügbar. Wie auch bei anderen Stereo-Ribbons sind diese für die spezielle XY-Variante Blumlein oder – entsprechende Ausrichtung und spätere Dematritzierung vorausgesetzt – für MS-Stereo geeignet. 

Quick Facts zu Extinct BM9 und Black Ops

  • Bändchenmikrofone nach Art der alten Bang & Olufsen
  • Black Ops verträgt hohen Schalldruck

Details

Roy & Olufsen

Wer beim Anblick der Extinct-Ribbons „Royer!“ geschrien hat, hat Recht und Unrecht zugleich. Denn eigentlich müsste man „Bang & Olufsen!“ schreien, auch wenn das nicht ganz so flüssig von den Lippen geht. Doch Moment: Bang & Olufsen? „Echt jetzt?“ Ganz recht: Der skandinavische Hersteller von Consumer-Audioequipment mit einem Faible für markantes Design hat vor einem halben Jahrhundert Bändchenmikrofone gebaut. Und genau jenen sind die Extinct nachempfunden. Das erklärt auch das Kürzel BM9, denn BM1 bis BM8 gab es von den Dänen. 

Schalleintrittsöffnungen
Die Schalleintrittsöffnungen sind weniger aus Design- denn aus Akustikgründen so geformt. Und hier erkennt man auch schon einen Unterschied der beiden Extinct-Mikros.

Der wichtigste Punkt sei einmal direkt verraten, denn der gilt auch unter ausgewiesenen Freunden der B&O-Ribbons als Makel: Die Reinkarnationen rauschen deutlich weniger, vor allem durch die nun alterungsbeständigen und die Eigenschaften über die Zeit beibehaltenden, starken Magneten. Die Form der Öffnugen ist übrigens beileibe keine reine Design-Entscheidung: Die vertikalen Riffel unterschiedlicher Größe helfen dabei. den Schalleintrag auf das ebenfalls vertikale Bändchen konstant zu halten und die Richtcharakteristik der Acht bis in den höheren Kilohertzbereich konstant zu halten. Laut Polardiagramm gelingt das auch. 

Extinct Audio BM9 Viking: Das „normale“.

Extinct Audio setzt ein 1,8 Micron dünnes Aluminiumbändchen im BM9 ein. Das des Black Ops ist dicker – natürlich hat das einen Grund. Das Viking sollte mit der typischen Vorsicht behandelt werden, also beispielsweise niemals im Luftzug stehen. 

Extinc BM9 The Viking, liegend
Rotes Badge, recht transparentes Schutzgitter: Das unterscheidet das BM9 vom Black Ops.

Custom-Übertrager – im wahrsten Sinne des Wortes

Die „Flügelchen“ an den Flanken eines schmal gebauten Bändchenmikrofons sind die beiden Magnetteile. Weil heute stärkere Magneten zur Verfügung stehen, kann schon vom Motor mehr Pegel zum Übertrager wandern. Hinter diesem Übertrager liegt für das BM9 der Feldleerlauf-Übertragungsfaktor bei 2,23 mV/Pa. Besagter Übertrager wird nicht wie so oft zugekauft, sondern von Extinct hergestellt. Die Standard-Impedanz von 300 Ohm kann daher auch anders geordert werden. Dafür verlangt der Hersteller keinen Aufpreis. Wo gibt es das noch?

Seriennummern
Im Inneren dieser Röhren – hier der Blick auf die fortlaufenden Seriennummern des BM9-Pärchens – arbeitet ein in-house gebauter Übertrager, der überdies noch nach Wunsch ausgelegt werden kann.

Black Ops für’s Gröbere

In ein Bändchen zum Test hinein zu pusten ist eine schlechte Idee. Bändchen können sich längen oder sogar reißen. Vor dem ultralauten Amp, an Brass und Bassdrum stellt man „normale“ Ribbons sehr ungern auf. Auch die Tricks wie das Einwinkeln können manchmal nicht funktionieren und eine Beschädigung oder einen Defekt mit sich bringen.

Aus diesem Grund gibt es robustere Ribbon-Mikrofone. Diese sind keine Erfindung von Extinct, sondern auch beispielsweise bei Royer eine Option. Das Extinct Black Ops kommt mit einem stärkeren Bändchen (2,5 Micron), auch ist der Korb geschützter. Solche „Sicherung“ kommt üblicherweise zu einem Preis, nämlich etwas schwächere Höhen und etwas weniger Agilität. Ein nicht unerheblicher Anteil an der höheren Pegelverträglichkeit des Black Ops ist im höheren Eisenanteil des dort verwendeten Übertragers zu suchen. Außerdem besitzt er eine geringere Induktivität. Weniger Henry bedeutet einen geringeren Nahbesprechungseffekt. Das Extinct Black Ops kann also näher an der Schallquelle zu sein, ohne dass das Signal verbasst und Details verloren gehen. 

Black Ops vs. BM9
“Schwarz” wie “schwer laut”. Oder so.

Rebellion Extinction

Es freut mich zu sehen und zu lesen, dass Extinct auf Verpackungen ohne Plastik und sonstige vermeidbare Müllmaterialien setzt. Auch das Mikrofon selbst besteht fast ausschließlich aus Metall und ist somit gut zu recylen. Aber Recycling wird wohl so schnell nicht notwendig sein: Das beste Gear ist jenes, welches annähernd ewig hält und geserviced werden kann. Und es scheint der Fall zu sein, dass die Mikros noch leben, wenn Extinct selbst schon „extinct“ ist – Paradoxon hin oder her. 

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Holzkiste für Mikrofone
Holzbox des Stereopärchens BM9

In einer wundervollen Holzbox kommt jedes Extinct-Mikrofon – Stereopärchen teilen sich eine. Die elastische Halterung „Fenrir“ gehört nicht zum Lieferumfang. Sie muss extra gekauft werden und ist nicht unbedingt preiswert. Aber sie ist funktionell der Spinne ähnlich, die Shioto Okiwa für das Audio-Technica 5045 entwickelt hat. 

Extinct Audio: From Britain with love

Den drei Bändchenmikros im Test, also den beiden Extinct Audio BM9 und dem Black Ops, ist anzumerken, dass sie mit hoher Präzision hergestellt wurden. Und – auch wenn das eine träumerische Unterstellung sein mag – mit „Liebe“. 

Stereopaar mit Zetteln der Qualitätskontrolle
Stereopärchen BM9 mit Papierwerk

Detailreich

Das Extinct BM9 präsentiert sich wundervoll ausgewogen. Wie man es von Bändchen erwartet, sind sie nicht nur natürlich klingend, sondern man hat fast den Eindruck, dass sie „natürlichisierend“ sind. Kondenser klingen im Vergleich schnell eckig, staksig, ungelenk, Tauchspulen färbend und verändernd. 

Audio Samples
0:00
Extinct BM9, 30 cm Extinct BM9, 10 cm Extinct BM9, 70 cm Extinct BM9, 30 cm, 45m Grad Extinct Black Ops, 30 cm Coles 4038, 30 cm Beyerdynamic M 160, 30 cm AEA R84, 30 cm Stager SR-2N, 30 cm

In den Mitten zeigt sich viel Detail im Signal, die Transientenübersetzung erfolgt unaufgeregt, aber auch ungebremst. Schön ist ganz besonders der Umgang mit tiefen Frequenzen. Das Viking überträgt bis in den Subbass zwar wuchtig, aber gleichzeitig trocken. Es färbt in den Tiefen deutlich weniger als beispielsweise ein Coles 4038. Auch in den Höhen kann das Mikrofon brillieren, obwohl „brillieren“ vielleicht das falsche Wort ist. Im Kilohertzbereich bleibt es detailliert und klar, der Höhenabfall geschieht nur moderat. Dadurch sind Signale nicht „muffled“, sondern können noch frei atmen. Ein wenig anders sieht das bei geringen Abständen aus. Wenn der Bass überbordent wird, sind Hochmitten und Höhen schnell zerdrückt – fas hat man den Eindruck, also würde dieser Teil des Spektrums dann im Übertrager „zermahlen“. Die mit Gesang durchgeführten Audiobeispiele verdeutlichen das. Aber für geringere Abstände gibt es ja das Black Ops…

Richtcharakteristik des Extinct BM9 auch für Stereoanwendungen hervorragend

Die Richtcharakteristik ist klar abgezeichnet, in den Höhen verringern sich Richtwirkung und Seitendämpfung. Allerdings passiert das – und das ist die wichtige Auskunft! – schön flüssig, ohne abrupte Änderungen. Diese Eigenschaften sind im Stereobetrieb von Vorteil: Im Blumlein-Verfahren mit zwei Achten mit 90° Versatzwinkel war eine schön klare Darstellung möglich. 

Stereopaar BM9
Diese beiden Mikros gibt es ja auch zu einem Stereomikrofon verschmolzen, als Extinct Audio Valkyr. So ist man aber flexibler.

Black Ops hält, was es verspricht

Das Black Ops konnte ich an diversen wirklich lauten Quellen benutzen. Hiwatt DR504 mit WEM-Box, Trompete, Bassdrum, Snare… ich hatte nie das Gefühl, dem Bändchen gerade zu viel zuzumuten. Und ich hatte keine übermäßigen Harmonischen zu verzeichnen. Besonders gefallen hat eine oft zu „dengelige“ Hi-Hat, die etwas besänftigt wurde, durch den nicht so starken Nahbesprechungseffekt konnte ein nicht zu großer Abstand gewählt werden. Die Acht konnte dabei vor allem die Snare gut ausnullen. Ganz besonders gut gefallen hat mir das Black Ops tatsächlich als Vocal-Mic, nicht zuletzt wegen des etwas klareren Klangbilds durch den geringeren Nahbesprechungseffekt. Ein passender Windschutz wäre toll, aber ein normaler Studio-Poppschutz tut’s natürlich auch. 

Black Ops mit Halter
Ohne schlechtes Gewissen oder gar Angst an die richtig lauten Quellen: Das geht mit dem Extinct Black Ops-

Fazit

Als „Contra“ für die Pro-/Con-Liste fiele mir höchstens ein: „Ich habe schon mehr als genug Bändchenmikros.“, aber das gilt ja nur für mich, da können diese feinen Mikrofone ja nichts für. Und fein sind sie! Extinct Audio können uneingeschränkt empfohlen werden. Sie sind die Quintessenz von guten Bändchenmikrofonen. Das Viking BM9 ist ein klassisches Bändchenmikrofon, das fast alle Signale angenehmer klingen lässt, nie „falsch“ klingt oder etwas vermissen lässt – außer natürlich, ein Bändchen ist hier fehl am Platz. Mein Liebling ist jedoch das Extinct Black Ops, dem man auch wirklich laute Signale um die Ohren hauen kann. Auch bei geringen Abständen und hohen Pegeln bleibt das Signal kontrolliert und detailliert. Nicht nur an Schlaginstrumenten und Cabinets, sondern sogar selbst an nahen Vocals (Poppschutz oder geschickten Winkel vorausgesetzt) kann es glänzen. 

BM9 und Black Ops
Beide Ribbons haben ihre Vorzüge. Das Black Ops ist jedoch “besonders besonders”.
  • passive Bändchenmikrofone
  • BM9 Viking: normale Version mit 1,8-µ-Ribbon
  • Black Ops: “rugged”-Version mit 2,8-µ-Ribbon und anderem Übertrager
  • Richtcharakteristik: Acht
  • Gewicht: 355 Gramm
  • Webseites: extinctaudio.co.uk, Showroom in Deutschland bei Echoschall
  • hergestellt in: England
  • Preis BM9: € 942,– (25.10.2022)
  • Preis Black Ops: € 942,– (25.10.2022)
  • Preis Valkyr: € 2050,– (25.10.2022)

Alternativen zum Extinct BM9 und Extinct Black Ops

  • Eine Alternative zum BM9 ist das Black Ops, zum Black Ops das BM9 – je nach gewünschter „Ruggedness“ und typischem Abstand.
  • Das Beyerdynamic M 130 ist ebenfalls klein und natürlich. Das M 160 wäre sogar stärker richtend
  • Alte B&O rauschen stärker, verfügen über schwammigeren Bass und weniger Höhen.
  • Das Royer Labs R-121 ist ähnlich, aber deutlich teurer. Das R-10 ist klanglich schwächer. 
Unser Fazit:
5 / 5
Pro
  • satter, trockener Bass
  • feine Details bis in die Höhen
  • pegelfest (Black Ops)
  • moderater Preis
  • Ausgangsimpedanz nach Wunsch ohne Aufpreis
Contra
  • -
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Extinct Audio BM9 und Black Ops Test
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