DBX 160A Test

Der DBX 160A im bonedo-Test: Studiostandards gibt es nicht nur in der Premiumklasse. DBX hat seit vielen Jahren Geräte im Angebot, die sich in der Praxis in den verschiedensten Situationen bewähren. Ein solches Allzweckwerkzeug ist der 160A. Ist dieser Monokompressor Hans Dampf in allen Gassen oder Kompromiss?

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Es gibt eine Welt für Dynamiktools jenseits von High-End-Kompressoren für Goldohren. Wo Musik gemacht wird, wird an irgendeinem Punkt auch Kompression nötig sein. Aber in vielen Fällen besteht gar nicht der Bedarf nach filigransten Spezialkompressoren, mit denen man im Mastering das letzte Quäntchen Qualität herausholen kann. Vielmehr gibt es auch ganz andere Kriterien: Das Teil soll robust sein, einfach zu bedienen, kaum „Fehler“ produzieren und bitteschön auch nicht zu teuer sein. Wenn das Ganze dann auch noch für einen riesigen Strauß möglicher Anwendungsfälle von Beschallung über Aufnahme- bis Rundfunkstudio taugen soll, hat eine mögliche Antwort einen Namen mit vier Zeichen: 160A.
Der DBX-Kompressor tritt an, um all das eben Beschriebene zu leisten. Die Interessante Frage dabei lautet: Liegt da irgendwo der Hund begraben? Kann es sein, dass ein Gerät – noch dazu zu diesem Preis – diese Aufgaben allesamt mit links erledigt? Wir werden sehen…

Details

Voltage Controlled Amplifier

Wie für DBX typisch handelt es sich auch beim 160A um einen VCA-Kompressor. Kaum ein andere Name im Pro-Audio-Segment ist so sehr mit diesem Bauteil als Kompressor-Element verbunden wie eben DBX. Allerdings findet man beim 160A nur drei Potenziometer, Einstellmöglichkeiten für Attack und Release sind – anders als normalerweise bei Kompressoren dieses Typs – nicht vorhanden. Die Idee dahinter: Ein möglichst einfaches und vor Fehlbedienungen sicheres Interface bereitstellen, damit das passende Setting nicht zur Fummelei ausartet.

„Negative“ Kompression

Neben Potis für Threshold (+20 bis -40 dBu) und Ausgangspegel (± 20 dB) dient ein weiterer Drehregler der Einstellung der Kompressionsrate. Möglich sind hier stufenlos durchstimmbar Kompressionsraten von 1:1 bis ∞:1, doch damit hat sich das Spektrum des Gerätes noch nicht erschöpft. Interessanterweise findet sich hier nämlich ein sehr seltenes Feature. Dreht man das Poti über die ∞:1-Position hinaus, so kann man sogenannte negative Kompressionsraten einstellen, und zwar zwischen -5:1 bis -1:1. Mit einer solchen Übertragungsfunktion kann man – zumindest in der Theorie – die Dynamik eines Signals gewissermaßen auf den Kopf stellen. Je lauter das Eingangssignal wird, desto leiser wird das Ausgangssignal (und umgekehrt). Damit sind allerlei abgefahrene Sounds bis hin zu „Rückwärtseffekten“ möglich. In der Praxis hängt das Endergebnis vom Charakter des VCA-Elementes ab, denn eine Audioschaltung ist ja keine reine Mathematik, sondern ein System mit einem gewissen Eigenleben. So drastisch wie am rechnerischen Reißbrett werden die Ergebnisse nicht ausfallen, aber es sind allenfalls sehr ungewöhnliche bis geradezu seltsame Effekte drin, die sich mit nur wenig anderen Geräten, wie etwa dem Mpressor von Elysia, in ähnlicher Form realisieren lassen.

Fotostrecke: 3 Bilder Bunter 70er-Jahre-Look: DBX 160A

„Over Easy“ = Softknee

Die Betriebsart des 160A lässt sich zwischen Hardknee- und Softknee-Kompression einstellen, wobei letztere Variante bei DBX traditionell „Overeasy“ genannt wird. Drei LEDs zeigen an, ob sich das Eingangssignal über oder unter dem Threshold oder im Bereich der Softknee-Kurve befindet. Damit kann man (zumindest fast…) die Kompression einstellen, ohne überhaupt hinzuhören; ein weiteres sehr schönes Feature, das DBX auch bei vielen anderen Modellen traditionell anbietet. Die Attack- und Release-Parameter können manuell nicht eingstellt werden. Sie arbeiten automatisch programmadaptiv, und zwar im Wertebereich 3-15 ms (Attack) und 8-400 ms (Release).

Umfangreiches Metering

Der 160A verfügt über einen Bypass-Schalter, und dazu können zwei Einheiten verkoppelt werden, wobei eine dann als Master und die andere als Slave fungiert. Eine Besonderheit des Gerätes sind die beiden üppig ausgestatteten Pegelanzeigen. Fein aufgelöst und mit einer schönen, sehr praxisnahen Ballistik, die von Peak– ein bisschen in Richtung VU-Anzeige tendiert, hat man den DBX 160A optisch stets voll im Griff. Während die untere LED-Kette die Pegelreduktion abbildet, kann die obere zwischen der Anzeige von Ein- und Ausgangspegel umgeschaltet werden.

Der DBX 160A verfügt über zwei fein aufgelöste LED-Ketten für Ausgangspegel und Pegelreduktion.
Der DBX 160A verfügt über zwei fein aufgelöste LED-Ketten für Ausgangspegel und Pegelreduktion.

Kein Netzschalter

Über einen Netzschalter verfügt das Gerät nicht: Wird das Kaltgerätekabel eingesteckt, steht der 160A unter Strom. Bei einer Leistungsaufnahme von schmalen 15 Watt ist das nicht übermäßig verwerflich, aber zeitgemäß wäre ein Betriebsschalter schon. Die Gehäuserückseite hingegen kann mit zahlreichen Features punkten: So verfügt der DBX 160A nicht nur gleichermaßen über symmetrische und unsymmetrische Anschlüsse samt Groundliftschalter, seine Sidechain lässt sich auch mit einem externen Signal füttern.

Fotostrecke: 5 Bilder Üppig bestückte Rückseite: Der DBX 160A kann mit symmetrischen und unsymmetrischen Anschlüssen punkten; dazu gesellen sich Anschlüsse für Stereoverkopplung und ein externes Sidechain-Signal.

Fertigungstechnisch gibt es nichts zu meckern. Das Gerät präsentiert sich in gewohnter DBX-Qualität, und noch dazu sieht es bei aller Industrie-Schlichtheit einfach gut aus. Auf der konventionell bestückten Platine arbeiten Standard-OpAmps wie der 5532 ebenso wie DBX’ eigener RMS1-Baustein. Das ist keine luxuriöse Technik, aber doch allemal gehobener Industriestandard, zumal der Netztrafo recht großzügig dimensioniert scheint.

Praxis

Mit seinen Einstellmöglichkeiten soll der 160A einen Kompromiss finden zwischen größtmöglicher Flexibilität und einfachster Bedienung. Das klingt nicht nur nach einer Quadratur des Kreises, das ist auch eine. In anderen Worten: Irgendwo müssen die Resultate Federn lassen, denn beide Kriterien lassen sich nicht bis ins letzte Detail vereinen.
Doch werfen wir erst einmal einen Blick auf die positiven Aspekte: Man fühlt sich mit dem 160A auf Anhieb wohl. Die Frontplatte mit den 70er-Jahre-Bonbonfarben sieht gleichermaßen schlicht wie edel aus, man findet sich im Handumdrehen zurecht. Die gewünschte Kompression lässt sich schnell einstellen, gerade auch dank der üppigen LED-Anzeigen, die optisch ziemlich was her machen und dabei keineswegs reines „Bling-Bling“ darstellen, sondern einen absolut feinfühlig und voll praxistauglich an die Hand nehmen. Bei solchen Details zeigt sich dann, dass ein Hersteller wie DBX eben doch einiges an kollektiver, in Jahrzehnten am Markt gesammelter Erfahrung auf dem Kerbholz hat.

DBX 160A: Studiostandard unter den Mittelklasse-Kompressoren
DBX 160A: Studiostandard unter den Mittelklasse-Kompressoren

Mit den pegelabhängigen Zeitkonstanten beschreibt der 160A einen Mittelweg. Sie sind generell lang genug, um ein Signal nicht gnadenlos plattzuwalzen und kurz genug, um Transienten einigermaßen zuverlässig zu halten. Es gibt immer wieder Situationen, wo man sich andere Werte wünschen würde, aber das ist eben der Kompromiss, den man hier zugunsten der einfachen Bedienung eingehen muss. In seltenen Fällen sorgt der 160A für unschönes Pumpen, aber es gibt doch eine ganze Reihe von Signalen, bei denen er sehr gut funktioniert. Sprache bzw. Gesang gehört zu den Stärken des DBX-Kompressors. Hier arbeitet er in der Regel recht dick und sehr zuverlässig, somit bietet sich das Gerät gerade auch für die Sprach- bzw. Gesangskompression in Beschallungsanlagen an. Bei sehr transientenbetontem Material wie etwa Drums funktioniert der 160A immer dann gut, wenn man zusätzlichen Punch benötigt, den man mit den eher langen Attackwerten gut erzielen kann. Zusammenstauchen à la 1176LN oder Distressor ist mit dem 160A allerdings so gut wir gar nicht möglich, hier wären wesentlich schnellere Ansprechzeiten vonnöten.

Audio Samples
0:00
Drums Original Drums Ratio 10:1 Drums Ratio -1:1 Bass Original Bass Ratio 4:1 Bass Ratio 4:1, Overeasy Vocals Original Vocals Ratio 3:1 Vocals Ratio 3:1, Overeasy

Interessant ist, dass sich der 160A im Overeasy-Modus eher als Lautmacher einsetzen lässt als bei Hardknee-Kompression; ich hätte hier eher das Gegenteil erwartet. Aber das macht ja nichts, entscheidend ist, dass man gerade auf Gesangssignalen im Overeasy-Modus eine schöne Dichte erzielen kann.
Etwas exotisch wirken im Zusammenhang des „Fail-safe“-Konzeptes des 160A die negativen Ratios. Zweifelsohne verbergen sich hier sehr interessante Effekte, die sich gerade bei der Bearbeitung von Loops aller Art gut machen können. „Idiotensicher“ ist das allerdings keineswegs, zumal dieser Einstellbereich beim Ratio-Poti nur Millimeter von den Standardwerten entfernt ist. Den Alltags-Praxiswert des Gerätes hätte eine Umschaltmöglichkeit zwischen langsamen und schnellen Zeitkonstanten jedenfalls erheblich mehr gesteigert als diese doch eher spezielle Sounddesign-Funktion.

Fazit

Wer einen Allroundkompressor mit einfach(st)er Bedienung sucht, der wird beim DBX 160A auf jeden Fall fündig. Gerade in Live-Situationen, in denen es auf schnelle, sichere Bedienung ankommt und das letzte Quäntchen Wohlklang nicht so entscheidend ist, kann sich das robuste Gerät bewähren. Auch im Studio erfüllt es seinen Zweck, wobei der 160A hier durchaus Konkurrenz durch das immer besser werden Plug-In-Angebot bekommt, welches im ähnlichen Preisbereich teilweise klangliche Top-Ergebnisse liefert. Als durchaus hochwertig designtes und gefertigtes Hardwareteil kann der 160A aber in vielen Fällen seinen Mann stehen, wo eben ein Dynamiktool aus Fleisch und Blut… äh: Stahlblech und Silizium erforderlich ist. Ob man mit den Zeitkonstanten leben kann muss jeder selbst entscheiden; bei einem Straßenpreis von unter 400 Euro darf der eine oder andere Kompromiss aber gerne drin sein.

Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • unkomplizierte Bedienung
  • Klangeigenschaften bei bestimmten Signalen
  • gut aufgelöste Pegelanzeigen mit hervorragender Ballistik
Contra
  • Auto-Zeitkonstanten nicht für jedes Audiomaterial passend
  • kein Netzschalter
Artikelbild
DBX 160A Test
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Der DBX 160A überzeugt mit einfacher Bedienung.
Der DBX 160A überzeugt mit einfacher Bedienung.
Spezifikationen
  • VCA-Kompressor
  • mehr als 60 dB Pegelreduktion
  • Overeasy-Schaltung (Softknee-Kompression)
  • Auto-Modus für Attack und Release
  • fein aufgelöste Pegelanzeigen
  • symmetrische und unsymmetrische Anschlüsse
  • negative Ratio-Werte für Spezialeffekte
  • Preis: € 506,– (UVP)
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