Der Cherry Audio Chroma weckt den analogen Vintage Synthesizer Rhodes Chroma aus dem Dornröschenschlaf. Ursprünglich erblickte er 1982 das Licht der Welt. In limitierter Stückzahl war er vor allem Promis wie Herbie Hancock oder Joe Zawinul vorbehalten. Die britische Band Spandau Ballet verewigte den Rhodes Chroma 1983 auf ihrem Album „True“, einem Zeitdokument der Popmusik.
Von Cherry Audio kennen wir bislang großartige Emulationen zu kleinen Preisen. Um es gleich vorwegzunehmen: Auch beim virtuellen Rhodes Chroma ist das nicht anders. Für deutlich unter 100 Euro bekommt ihr hiermit einen Synthesizer, dessen Original-Hardware man allenfalls mit extrem viel Glück mal in den Kleinanzeigen findet. Der Schatz kostet mehr als ein gesamtes DAW-Studio. Unter 7.000 Euro ist nichts zu wollen.
Der Cherry Audio Chroma spricht eine klare Zielgruppe an: Wer bei einer US-Firma bleiben möchte, zu Oberheim, Sequential oder Moog aber eine inspirierende Abwechslung sucht, liegt mit dem Cherry Audio Chroma ziemlich richtig. In diesem Kurztest erfahrt ihr, was dieses Plugin kann, und vor allem, wie es klingt.
Checkliste zum Kauf von Cherry Audio Chroma Test
- Emulation des Rhodes Chroma von 1982
- Virtuell-analoger Synth mit 16 Oszillatoren und Stimmen
- Vorkonfigurierte Setups für OSC, Filter, LFO etc.
- Zusätzliches Chroma-Expander-Modul
- Weitreichende Modulationsmöglichkeiten
- Integrierte Effektsektion
- 700 Factory Presets, 700 Factory Presets
DETAILS & PRAXIS
Die Zahl 16 beim Cherry Audio Chroma
Wie beim historischen Vorbild dreht sich auch bei unserer Version hier einiges um die Zahl 16. So bietet der Cherry Audio Chroma insgesamt 16 Oszillatoren, Filter, VCAs und LFOs. Hinzu kommen zweimal 16 Hüllkurven. Praktisch sind auch die 16 vorkonfigurierten Signalwege.
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Beliebte Kombinationen aus Oszillatoren, Filtern und VCAs müssen nicht selbst programmiert werden, sondern man kann sie direkt aufrufen. Oszillator-Sync, Filter FM oder Ringmodulation sind im Nu erstellt. Übrigens, Clavia hält solche fertigen Konstellationen beim Nord Lead A1 bereit. Um bei uns und unserer Zahl 16 zu bleiben: Richtig, das Plugin ist 16-stimmig spielbar. Dabei stehen Poly Unison, Poly Chord und Mono-Modes zur Auswahl. Schließlich reagiert es auch auf einfachen Aftertouch.
Cherry Audio Chroma mit Expander und Effekten
Den originalen Chroma gab es auch als tastaturlose Variante – und eben diesen Expander hat Cherry Audio auch gleich integriert. So könnt ihr neben einfachen poly- und monofonen Klängen auch Kreationen im Layer- und Split-Mode erstellen. Falls gewünscht, könnt ihr die Effekte für Chroma und Expander jeweils separat justieren. Je nach Patch- und Layer-Einstellungen hat der Chroma bis zu vier unabhängige Voice-Pfade. Wer komplexere Synthese-Setups sucht, findet sie in diesem Plugin.
Anders als der Vintage Synth enthält die Emulation auch eine FX-Sektion. Insgesamt befinden sich darin sieben Effekte. Distortion, Phaser, Flanger/Chorus, Delay und Reverb sowie einen Master-EQ und -Limiter. Der Testerdaumen geht langsam, aber sicher nach oben.
Modulation, Spielhilfen und Arpeggiator
Neben seinem großartigen Signal Routing und Layering ist der Rhodes Chroma auch für seine Modulationsmöglichkeiten bekannt. Erst der Oberheim Xpander, der 1984 erschien, konnte ihm Paroli bieten. Natürlich finden wir diese Raffinessen auch beim Cherry Audio Chroma. Anders als bei einem klassischen Modularsynthesizer, der per „Strippenziehen“ funktioniert, gelangt man bei der Emulation via Pop-up-Menüs zu aufwändigen Modulationsverknüpfungen.
Auf der linken Seite (Left Hand Control) bekommt man ein Pitch und ein Mod Paddle sowie zwei programmierbare Slider. Mit dem Aux Pedal könnt ihr Akkorde einspeisen, das Glissando (de)aktivieren und weitere Dinge anstellen. Der Arpeggiator beherrscht das klassische Up/Down/Random und verfügt noch über ein paar Eigenheiten. Komplexere, rhythmische und tonale Phrasen realisiert man damit aber nicht.
Akzeptable Bedienung
Gemessen an seinen etlichen Programmiermöglichkeiten ist der Cherry Audio Chroma mit seinem skalierbaren GUI relativ ganz gut bedienbar. Cherry Audio hat sich eine bessere Parameter-Navigation als die damaligen Entwickler einfallen lassen. Wer aber die klassische Synthesizer-Oberfläche sucht, wird etwas frustriert sein. Ein paar Regler für den schnellen Spaß gibt es nicht. Hier waltet leider das 80er „Single-Slider-Controlling-Many-Parameters“-Konzept. Man darf schon sein Köpfchen anstrengen. Tatsächlich ist bei diesem Plugin das Zoom-in-Feature von Cherry Audio sinnvoll. Dieser Software-Synth fordert Kenner heraus und ist nichts für Einsteiger, was das Programming betrifft.
Cherry Audio Chroma mit XL-Library
Der SysEx-Import ist eher eine nette Geste. In der Praxis wird man die Sounddaten seines MIDI-fizierten Chroma oder Chroma Expander kaum einlesen. Die eigentliche Attraktion ist natürlich die sehr ausführlich gewordene Factory Library des Cherry Audio Chroma. Sie umfasst nicht weniger als 700 Presets. Darunter finden sich auch die 250 originalen Sounds der Hardware. Als wäre dieser Aufschlag nicht üppig genug: Mit dem Pack „Chroma Classics Preset Pack“ liefert Cherry Audio direkt einen kostenpflichtigen Nachschlag.
Wir spielen die Presets quer durch alle Sparten. Öfter schmeicheln sie den Ohren. Fans von Synthwave, Synthpop und anderen Spielarten der 80er Jahre geht ebenfalls das Herz auf. Die Sounds des Cherry Audio Chroma entwickeln mächtig Druck und fallen, sofern man das möchte, komplex und modulativ aus. Im Layer-Modus bauen sich zusammen mit den internen Effekten geradezu bombastische Klangwelten auf. Unsere live eingespielte Auswahl mit 20 Demos sollte genügen, um dem Sound des Cherry Audio Chroma auf die Spur zu kommen. Wie gesagt, es klingt schon etwas anders als bei einem Prophet, OB oder Minimoog.
FAZIT
Für die allermeisten Musiker ist der Cherry Audio Chroma die einzige Chance, um jemals mit einem Rhodes Chroma in Kontakt zu kommen. Natürlich ersetzt er das Original mit dem immens hohen Sammlerwert nicht, dafür fügt er sich beim Produzieren mit der DAW viel aber besser und eröffnet eine schiere Menge an individuellen klanglichen Möglichkeiten. Ein Step-Sequenzer, natürlich mit 16 Schritten, wäre noch die Krönung. Das GUI erinnert zwar sehr an den Oldtimer, ist fürs Programmieren neuer Sounds aber weniger praktisch. Mit dem Studieren der über 700 Presets ist man ohnehin schon für eine ganze Weile beschäftigt.
- Bisher beste Emulation des Rhodes Chroma
- Layer/Splits per Expander Module
- Zahlreiche Modulationsmöglichkeiten
- Integrierte Effektsektion
- Umfangreiche Preset Library
- Günstiger Preis