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Casio PX-S1100 Test

Über die Jahre haben wir gelernt: Digitalpiano ist nicht gleich Digitalpiano. Hinter dem Begriff können sowohl digitale Klaviere für das häusliche Wohnzimmer, als auch bühnentaugliche Kompakt-Pianos mit großer Klang-Auswahl stecken. Durch die Vielfalt verschiedenartiger Digitalpianos variieren auch die Ansprüche, die an sie gestellt werden. Ein umtriebiger Profi-Keyboarder legt beispielsweise mehr Wert auf Transportabilität, während dem Wohnzimmer-Pianisten vor allem der Lautsprecherklang und auch die Optik wichtig sein dürften. Gar nicht so leicht ist es also für einen Digitalpiano-Hersteller, die unterschiedlichen Facetten und Vorstellungen zu einem stimmigen Gerät zu kombinieren, welches möglichst vielen Ansprüchen gerecht wird.

Casio PX-S1100 Test
Casio PX-S1100 Test


Casio ist dieser „Utopie“ 2019 mit den Digitalpianos PX-S1000 / PX-S3000 der Privia-Reihe erstaunlich nahegekommen. Die digitalen Pianos kombinierten ein tolles Spielgefühl mit optischer Eleganz, kompakter Bauweise und einem erschwinglichen Preis. Nun haben die Geräte Modellpflege erhalten, wobei unter anderem das Lautsprecher-System und die Bluetooth-Funktionalität optimiert und überarbeitet wurden. Macht das Update einen großen Unterschied zum Vorgänger und kommt Casio der Digitalpiano-Utopie hier noch ein Stück näher? Ich habe mir das PX-S1100 in einem Test genauer angeschaut, während mein Kollege Andreas Recktenwald den großen Bruder PX-S3100 unter die Lupe genommen hat. Dieser Test konzentriert sich vor allem auf die Neuerungen des Pianos im Zuge der jüngsten Modellpflege. Für weiterführende, detailliertere Informationen empfehle ich den Test des Vorgängermodells PX-S1000, den man unter diesem Link lesen kann.

Details

Erster Eindruck

Was beim PX-S1100 sofort auffällt, ist – wie bereits bei seinem Vorgänger – die sehr geringe Tiefe und die insgesamt kompakte Bauweise. Obwohl hier eine Hammermechanik-Tastatur verbaut wurde, passt das Piano mit 1322 x 232 x 102 mm (BxTxH) und 11,2 kg Eigengewicht ebenso ins heimische Wohnzimmer, wie in den Tour-Bus oder ins Tonstudio. Durch sein minimalistisches, elegantes Design macht das PX-S1100 auch optisch eine gute Figur. Das Digitalpiano mit 88 Tasten ist wahlweise in Rot, Weiß oder Schwarz erhältlich.

Das PX-S1100 ist in den Farben Schwarz, Rot und Weiß erhältlich und besticht durch seine kompakte Bauweise.
Das PX-S1100 ist in den Farben Schwarz, Rot und Weiß erhältlich und besticht durch seine kompakte Bauweise.

Aufbau und Bedienoberfläche

So minimalistisch und simpel wie das Design gestaltet sich auch die Bedienung des Digitalpianos. Wie beim Vorgängermodell wird im Touch-Bereich über der Tastatur ein bestimmter Modus ausgewählt (Sound Mode, Metronome, Grand Piano, Function, Play/Pause, Record) und je nach Modus wird die Tastatur zum Menü-Navigator. Durch Drücken der Tasten lassen sich jetzt beispielsweise Sounds anwählen oder bestimmte Einstellungen vornehmen. Beim Vorgänger gab es noch den zusätzlichen Modus „Electric Piano“, welcher jetzt im „Grand Piano“-Mode untergebracht ist. Hier finden sich nun alle 18 Klangfarben des PX-S1100. Vertreten sind für kompakte Digitalpianos übliche Sounds wie etwa Flügel, E.Piano und Orgel. Auch Harpsichord, Vibraphon und Strings sind mit an Bord. Außerdem können im GRAND PIANO-Modus Transponierungs/Oktavierungs-Einstellungen, sowie Einstellungen für den optionalen Split/Layer-Modus vorgenommen werden.

Fotostrecke: 2 Bilder Die Bedienoberfläche mit großem Volume-Poti …

Im SOUND MODE lassen sich die integrierten Effekte auswählen und einstellen. Neben vier Reverb-Effekten ist ein vierstufiger Chorus-FX vertreten, sowie eine zweistufige Brillanz, welche dem Klang auf Wunsch zusätzliche Höhen spendiert. Ein separater, detaillierter EQ ist neben der Brillanz nicht verbaut worden. Dafür gibt es einen ausführlichen und im Vergleich zum Vorgänger optimierten Akustiksimulator, mit dem sich Klavier-spezifische Geräusche wie Saitenresonanz, Dämpfer-Geräusche oder auch Tasten-Geräusche regulieren lassen, um ein noch realistischeres Piano-Erlebnis zu erhalten. Eine doppelte Bestätigung des SOUND MODE-Tasters führt in den Demo/Bibliothek-Bereich, in dem sich 60 vorinstallierte Songs zum Anhören über die internen Lautsprecher und zum Üben finden. Via USB oder App lassen sich auch eigene Musikdaten auf das Gerät übertragen, womit wir langsam zu den Neuerungen beim PX-S1100 im Vergleich zum Vorgänger-Modell PX-S1000 kommen.

Was ist neu?

Beim Vorfahren PX-S1000 brachte Casio die Bedienung des Digitalpianos bereits auf eine neue Ebene, indem sich das Gerät per Bluetooth über ein Smartphone oder Tablet mittels der App „Chordana Play“ fernsteuern ließ (Mehr dazu hier). Gerade angesichts der sparsam beschrifteten Bedienoberfläche war und ist es extrem hilfreich, die Klangfarben und weitere Einstellungen bequem und übersichtlich am Handy vornehmen zu können. Außerdem sind die internen Speaker des PX-S1100 via Bluetooth ansteuerbar, um beispielsweise Playback-Songs von externen Geräten – wie dem eigenen Handy – aus abzuspielen. Zusätzlich zu diesen Funktionen lassen sich jetzt auch MIDI-Noten per Bluetooth direkt an das Piano schicken, was bisher in dieser Form nicht möglich war. So kann man auf ein USB-Kabel verzichten, um MIDI-Noten über das Digitalpiano abzuspielen. Für die erweiterten Bluetooth-Funktionen ist nun ein separater Wireless-Adapter im Lieferumfang enthalten, der in den USB-Eingang auf der Rückseite des gesteckt wird. 

Fotostrecke: 2 Bilder Mit dem mitgelieferten Wireless-Adapter ist jetzt auch Bluetooth MIDI möglich.

Neben der bereits erwähnten Optimierung der Saiten- und Dämpfer-Resonanzen wurde außerdem das interne Lautsprechersystem weiterentwickelt und soll nun für noch mehr Räumlichkeit und Tiefe im Klangerlebnis sorgen. Außerdem ist die Änderung des Frequenzgangs bei größer werdender Lautstärke linearer als beim PX-S1000. Was in der Vorgänger-Serie nur beim großen PX-S3000 möglich war, aber jetzt auch beim kleineren Geschwisterchen berücksichtigt wurde, ist die Audio Record-Funktion, mit welcher das eigene Klavierspiel als WAV-Datei auf einen externen USB-Stick aufgenommen werden kann. Insgesamt lässt sich sagen: Das neue Modell PX-S1100 ist keine komplette Überarbeitung des Vorgängers, sondern eine gezielte Weiterentwicklung und Optimierung bestimmter Funktionen. 

Anschlüsse

Mittels zweier 6,3 mm-Klinkenanschlüsse lässt sich das Piano an einen Verstärker oder ein Audio-Interface anschließen. Vorderseitig finde ich gleich zwei 3,5 mm Mini-Klinkenbuchsen für Kopfhörer-Zwecke. Der Damper-Eingang ermöglicht die Nutzung eines Sustain-Pedals, welches in Form des einfachen SP-3 Pedals im Lieferumfang enthalten.  Wer mehr möchte, ergänzt das PX-S1100 um das optional erhältliche Casio SP-34 Dreifach-Pedal und schließt es an den separaten Pedal Unit-Eingang an. Neben einem USB-Anschluss für die Nutzung mit einem Computer (USB-MIDI) ist auch ein USB-Eingang für den Wireless-Adapter und externe Flash-Speicher vorhanden. Das 12V DC-Netzteil ist im Lieferumfang enthalten.

Fotostrecke: 5 Bilder Auf der Rückseite finden sich die wichtigsten Anschlüsse für Audio, Pedale und Strom sowie …
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Praxis

Tastatur und Spielgefühl

Die Qualität eines Digitalpianos steht und fällt mit dessen Tastatur. In diesem Falle wurde die bewährte, kompakte Smart Scaled Hammer Action vom Vorgänger verbaut. Sie unterscheidet sich durch ihren speziellen Note-OFF Algorithmus und die „Smart Grand Response“ von der Scaled Hammer Action II, welche beispielsweise in den Pianos von Casios Compact-Serie verbaut wurde. An die synthethische Ebenholz- und Elfenbein-Textur auf den Tasten muss ich mich aus Keyboarder-Sicht zunächst etwas gewöhnen, empfinde den leichten „Grip“ in den Fingern aber schnell als angenehm und erstaunlich nah am Klavier-Feeling. Bei der richtigen Gewichtung der Tasten spalten sich bekanntlich die Geister und Meinungen. Ich persönlich empfinde sie beim PX-S1100 als ein gutes Mittelmaß aus Leichtigkeit und Griffigkeit. Sie geht wunderbar mit der fünf-stufigen Anschlagdynamik des Pianos einher und auch die entsprechend angepasste unterschiedliche Gewichtung bei hohen, mittleren und tiefen Tasten wirkt sehr ausgewogen und gelungen. 

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Klang

Bevor ich genauer auf die einzelnen Instrumente höre, interessiert mich natürlich vor allem der Sound des verbauten Lautsprechersystems. Hier sind rück- sowie frontseitig jeweils zwei Speaker links und rechts verbaut. Gerade angesichts der geringen physischen Tiefe des Pianos bin ich zugegebenermaßen ziemlich beeindruckt von der akustischen Tiefe des Klanges. Es wirkt gerade bei den Piano-Sounds ein wenig so, als würde sich ein unsichtbares Gehäuse um das kompakte Piano legen, welches den Klang aufschaukelt und vergrößert. Ob hier eine Kollaboration mit Harry Potter und seinem Umhang besteht, werde ich mal nicht weiter untersuchen. Jedenfalls ist die Räumlichkeit des Sounds angesichts der Gehäusegröße erstaunlich und macht beim Spielen mächtig Spaß.
Auch der in der Grundeinstellung (Default) gewählte Piano-Sound „Grand Piano Concert“ kann mich mit seinem weichen, ausgewogenen Grundklang überzeugen. Schon sehr knallig kommen hingegen „Grand Piano Bright“ und „Rock Piano“. Vermissen tue ich, wie so oft bei Digitalpianos, einen vernünftigen Upright-Pianoklang, der das Gefühl vermittelt vor einem Klavier und nicht vor einem Flügel zu sitzen. Das „Jazz Piano“ kommt diesem Wunsch wohl noch am nächsten, wirkt aber auf mich wie ein einfacher gehaltenes Grand Piano, das mit einem Chorus-Effekt bearbeitet wurde. Beim Aufnehmen und Spielen des Pianos mit Kopfhörern fällt mir auf, wie sehr das räumliche Lautsprecher-System den Klang positiv formt. „Trocken“ und ohne Speaker wirken die Pianos teilweise etwas flach im Sound. Hier einmal alle fünf Piano-Sounds im Vergleich:

Audio Samples
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Grand Piano Concert Grand Piano Bright Grand Piano Mellow Rock Piano Jazz Piano

Weiter geht es mit den E-Pianos. Der Rhodes-Sound kommt eher weich und pauschal daher. Für meinen Geschmack hätten ihm etwas mehr Biss bei perkussivem Spiel und ein wenig hochmitten-lastige Knochigkeit im Grundsound gutgetan. Gleiches gilt für den Wurlitzer-Sound, dessen Auskling-Verhalten ein wenig unrealistisch auf mich wirkt, weil der Sound mit viel Sustain sehr lange „steht“ im Vergleich zum Original. Das alles ist allerdings meckern auf sehr hohem Niveau und im Vergleich mit teils wesentlich teureren, auf E-Piano-Sounds spezialisierten Geräten wie etwa dem Nord Stage 3. Wer neben den größtenteils überzeugenden Grand Piano-Klängen dann doch spontan ein E-Piano braucht, ist mit den PX-S1100 Sounds gut bedient. 

Audio Samples
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Electric Piano Digital E Piano 1 60‘s Piano Digital E Piano 2

Eine ähnliche Meinung teile ich auch mit den weiteren ergänzenden Sounds. Sie mögen zwar teilweise etwas entfernt vom Original wirken, erfüllen jedoch in jedem Fall ihren Zweck und lassen sich sowohl zu Hause, als auch im Band-Kontext gut verwenden. 

Audio Samples
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Jazz Organ Strings Harpsichord
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Fazit

Das PX-S1100 bleibt auch in seiner überarbeiteten Variante ein überzeugendes Digitalpiano, welches eine sehr kompakte Bauweise mit tollem Spielgefühl und einem erschwinglichen Preis verbindet. Auch wenn ein Teil der E-Piano- und Orgel-Sounds teils etwas unorganisch wirken, können gerade die zentralen Piano-Sounds klanglich größtenteils überzeugen. Die überarbeitete Bluetooth-Funktionalität in Kombination mit der Chordana Play App macht den Workflow mit dem Piano noch umgänglicher und innovativer, als beim Vorgängermodell. Der minimalistische Ansatz in Bedienung und Design macht das PX-S1100 portabel sowie optisch attraktiv und richtet sich somit gleichermaßen Musiker*Innen die ein gutes Instrument für mobile Einsätze, im Studio oder zu Hause suchen.

PRO

  • Ausgewogene Tastatur mit gutem Spielgefühl
  • Gute Pianosounds
  • Innovative Bluetooth-MIDI-Funktion
  • Kompakte Bauweise
  • Minimalistisches Design
  • Starkes, räumliches Speaker-System

CONTRA

  • Trockener Line-Sound ohne Speaker teilweise etwas flach
  • Externes Netzteil
Das Casio PX-S1100 hat durch Modellpflege einen Zuwachs an wichtigen Funktionen gewonnen, die sich lohnen einmal näher betrachtet zu werden.
Das Casio PX-S1100 hat durch Modellpflege einen Zuwachs an wichtigen Funktionen gewonnen, die sich lohnen einmal näher betrachtet zu werden.
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