Copacabana, Samba und Rockmusik! Das Musikfestival ‘Rock in Rio’ sorgte vor 38 Jahren für Dimensionen, mit denen nicht einmal Woodstock mithalten konnte. 1,5 Millionen Besucher und die größten Rockbands dieser Zeit waren Teil einer riesigen Party, über die man heute noch spricht.
So etwas hat es bis dahin weder in Brasilien, noch in der restlichen Welt gegeben. Das 10-tägige-Festival mit 1,5 Millionen Menschen und den größten Rockbands der Welt zählt bis heute zu den bedeutendsten Ereignissen der Livemusik-Geschichte. Das liegt sowohl an dem Line-Up, das sogar der heutigen Tik Tok-Generation etwas sagen sollte, als auch an den unglaublichen Dimensionen. Bei einzelnen Auftritten kamen bis zu 300.000 Menschen zusammen, um gemeinsam Hits wie ‘Highway to Hell’ oder ‘We Are The Champions‘ zu singen.
Der Wirtschaft der Stadt Rio hat das Festival einen Wert von schätzungsweise über 400 Millionen Dollar gebracht. Der langfristige Werbewert lässt sich aber schwer abschätzen. Insgesamt sollen über 200 Millionen Menschen vor dem Fernseher die Konzerte verfolgt haben. Ein großer Treiber war dabei MTV, das später die Show ‘Queen: Live in Rio’ herausbrachte. Auch sonst nahm die Veranstaltung gigantische Ausmaße an. 1,6 Millionen Liter an Getränken wurden verkauft, wodurch 4 Millionen Plastikbecher im Müll landeten. 900.000 Hamburger und 500.000 Pizzastücke gingen ebenso in ein paar Tagen weg. Mit 58.000 verkauften Hamburgern an einem Tag stellte McDonalds damals den Weltrekord auf.
Die erste Version von ‘Rock in Rio’ fand zwischen dem 11. und 20. Januar im Jahr 1985 statt und gilt bis heute als die bedeutendste Ausgabe des Festivals. Der brasilianische Unternehmer Roberto Medina konnte die zu der Zeit kommerziell erfolgreichsten Rock- und Metalbands nach Südamerika bringen. Mit dabei waren unter anderem Queen, AC/DC, Yes, Scorpions, Iron Maiden, Rod Stewart und Ozzy Osbourne. Bis auf Iron Maiden spielten die Headliner sogar zwei Shows. Wir haben die größten Highlights aufbereitet.
Queen in Rio
Wenn Freddie Mercury von einem Konzert fasziniert ist, hat das viel zu bedeuten. Die Auftritte in Rio fanden dabei nur wenige Monate vor dem legendären Live Aid-Konzert im Londoner Wembley statt. “Es ist unglaublich”, sagte Freddie über das Spielen vor so großem Publikum. “Es ist wie eine Hausfrau, um ehrlich zu sein, ich gehe da hin und mache meinen Job und komme dann nach Hause… für mich ist es sowieso nur ein Job, aber es ist überwältigend, was soll ich sagen, es ist ziemlich erstaunlich. Ich meine, du hast die Leute dort gesehen.” Der Sänger von Queen war zu dieser Zeit in seiner absoluten Höchstform, als er vor über 250.000 Zuschauern seine Stimme in Wallungen brachte.
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Die beiden Queen-Shows wurden live in über 60 Länder übertragen. Es wird geschätzt dass rund 200 Millionen Menschen vor den TV-Geräten saßen. Solche Massen sind selbst für Legenden wie Queen etwas Besonderes. Gänsehaut ist bei ‘Love of my Life’ garantiert.
Mercury merkte an: “Wenn man eine so große Menschenmenge hat, und das Ereignis, das Adrenalin nimmt einen einfach ein, und ich schätze, ich habe mich irgendwie mehr als sonst herumgetrieben, ich weiß nicht.” Obwohl die Fans schon seit vielen Stunden auf dem Gelände waren, blieb noch genügend Energie für Queen über. Roger Taylor war ebenso begeistert. “Sehr gut. Fantastisch. Unser bisher größtes Publikum, denke ich… das Einzige war, dass es schon sehr spät war, als wir anfingen, aber alle sind geblieben, ich meine, es war wirklich toll.” Im Film “Bohemian Rhapsody” wurde ein Teil des Auftritts dargestellt. Das Original gibt es allerdings hier:
Iron Maiden unterbrechen Tour für Rio
In den 1980ern begann der Erfolgslauf von Iron Maiden, der bis heute anhält. Die englische Metal-Band war damals auf der ewig langen ‘World Slavery Tour’ unterwegs, die sie für einen Auftritt in Rio unterbrachen. Während der Nummer ‘Revelations’ haute sich Sänger Bruce Dickinson versehentlich eine Gitarre an den Kopf und blutet für die nächsten Songs heftig aus der Augenbraue. So ein einmaliger Auftritt wird wegen so etwas natürlich nicht unterbrochen, schon gar nicht wenn es um Metal geht. Also ging es weiter.
“Es waren mehr Leute da, als ich je in meinem Leben an einem Ort gesehen habe. Es herrschte eine etwas chaotische Atmosphäre, vielleicht nicht so organisiert wie bei den meisten Festivals, aber das machte es besser. Denn alle waren so enthusiastisch und so verrückt, dass etwas passierte. Es war eine fantastische Zeit”, zeigte sich Dickinson euphorisiert.
Auf einmal klettert Bruce auf einen Dachbalken und forderte die Menge auf, die Arme zu heben und die Stimmbänder zu massakrieren. “Schrei für mich, RIO DE JANEIRO!”, schreit er. “SCREEEAAMMM FOR MEEEE!!!” Hier und da werden Union Jacks in die Menge gestreut, aber die Brasilianer lassen sich nicht unterkriegen und stimmen in wilden Sprechchöre “IRRON MAYDEN! IRRROONN MAAYYYDDENNN!!” an.
Ozzy Osbourne: “Rio ist ein Scheißhaus”
In dem Buch ‘Appetite for Destruction’ von Mick Wall beschreibt der Musikjournalist seine Erfahrungen auf dem Festival. Dabei erzählt er einige witzige Anekdoten während seines Besuchs. Im Hotel trifft er auf Ozzy Osbourne und reicht ihm die Hand. “Wie gefällt es dir bis jetzt?” fragt Wall. “Ich finde, Rio ist ein verdammtes Scheißhaus”, antwortet Ozzy unverblümt. “Ich meine, es ist ein verdammtes Klo, nicht wahr? Schreckliches Essen, man kann das Wasser nicht trinken, und ich kann nicht aus dem Hotel gehen, weil ich sonst überfallen werde. Ich bin froh, wenn ich hier weg kann.” Danach verrät der Fürst der Finsternis, dass er seit seiner Ankunft Durchfall hat.
Auf einer Pressekonferenz wird er dann auch noch gefragt, ob er “irgendwelchen Hühnchen” den Kopf abbeißen möchte. Von Hühnchen hat er zu der Zeit genug. “Sag ihnen, dass ich im Moment keine Hühner esse. Ich probiere eventuell ein paar Katzen und Hunde.”
Vor dem Auftritt stellten sich viele die Frage, ob Ozzy nüchtern bleibt. Kurz vor dem Festival war der Leadsänger von Black Sabbath noch in der Entzugsklinik ‘Betty Ford Center’ in Kalifornien. Diese gilt als erste Anlaufstelle für Hollywood Stars und reiche Junkies von der Westküste. Als er am ersten Abend die Bar betrat, wirkte er laut Wall “braungebrannt, extrem gesund und mit vorzüglichem Verhalten”. Gut für die Gesundheit, aber doch sehr ungewohnt. “Um ein Rock ‘n’ Roll Star zu sein muss man nicht verrückt sein und Drogen nehmen. Ich war sehr schnell am Ausbrennen und will nicht sterben”, sagte er bei einem Interview mit einer brasilianischen TV-Anstalt.
Ozzy spielte direkt vor Rod Stewart und fragte sich, weshalb Stewart so nervös ist. “Ich sollte der sein, der nervös ist. Das ist das erste mal seit 16 Jahren dass ich ohne Drink auf die Bühne gehe.” An Energie fehlte es ihm beim Auftritt vor 150.000 Menschen nicht. In diesem Video sieht man die Show mit verbessertem Sound und Interview-Ausschnitten mit Ozzy.
AC/DC in ihrer Prime
Die australischen Rocker AC/DC befanden sich in den 80ern auf einer riesigen Erfolgswelle, nachdem ihr Album ‘Back in Black’ 1980 erschienen ist. Zu dieser Zeit waren die rastlosen Aussies am Höhepunkt ihres Schaffens und tourten als Headliner um die Welt. Da durfte ein Auftritt bei ‘Rock in Rio’ nicht fehlen.
Nina Hagen rockt Rio mit ‘New York’
Nina Hagen vor 300.000 Fans in Brasilien. Ja, das ist wirklich passiert. Nach dem Auftritt von ‘The Go-Go’s’ stand die Berlinerin mit schrillen Outfit und langen roten Haaren plötzlich auf der Bühne. Die meisten Fans wussten wohl nicht was sie hier gerade sehen. Die Sängerin lies sich von dem Publikum aber nicht beirren und lieferte eine starke Show ab. Unter den Videos von dem Auftritt gibt es viel Zuspruch von brasilianischen Nutzern. Vamos Nina!
1985 war der Anfang einer langen Reise
Rock in Rio wurde schnell zu einem der größten und beliebtesten Musikfestivals der Welt, das mit Ablegern in den folgenden Jahren auch in Madrid, Lissabon und Las Vegas stattfand. Die letzte Ausgabe des Festivals 2019 fand wieder in Rio de Janeiro statt. Mit den Scorpions, Iron Maiden und Whitesnake waren auch 34 Jahre nach der Erstausgabe wieder ein paar alte Gesichter dabei. Das Line-Up für 2023 steht noch nicht fest. Ein großes Fest ist aber jetzt schon vorprogrammiert.
Frank sagt:
#1 - 19.03.2023 um 08:06 Uhr
In diesem Zusammenhang kein Wort über den Yes Gig zu verlieren, ist schon peinlich…
Uli sagt:
#2 - 21.09.2023 um 14:33 Uhr
Was soll Yes sein? Mal ehrlich. Kannte schon in den Achtzigern keiner mehr, außer durch den Pop Song. Owner of a lonely Heart. Dass 70er Freaks auch immer vergessen, dass ihre Helden schon in den Achtzigern keinen mehr interessierte... Muss man doch akzeptieren. Macht die Musik ja nicht schlechter. Aber heutzutage kennt die wirklich keiner mehr.