Am 10. Dezember 2024 veranstaltete die französische Elektronik-Legende Jean-Michel Jarre eine Videokonferenz auf den sozialen Netzwerken YouTube, Facebook und Instagram. Er sprach über seine Aktivitäten im Jahr 2024 und gab einen spannenden Ausblick auf das kommende Jahr 2025.
Jean-Michel Jarre über Zoolook, PolyBrute, Künstliche Intelligenz
Seit über 50 Jahren ist Jean-Michel Jarre eine prägende Figur der elektronischen Musikszene und zeigt dabei keinerlei Scheu vor moderner Technologie. Die Konferenz fand in seinem Studio statt, in dem er von mehreren Arturia-Synthesizern umgeben war. Besonders begeistert zeigte er sich vom Arturia PolyBrute, den er als den „Yamaha CS-80 unserer Zeit“ bezeichnete. Auch der Melbourne Instruments Synthesizer Nina erhielt großes Lob von ihm.
Die Community hatte die Möglichkeit, Fragen zu stellen. Viele drehten sich um das 40-jährige Jubiläum seines Albums Zoolook, das im Januar 2025 als Remaster erscheint. Dieses Album, in dem der Fairlight CMI Sampler eine zentrale Rolle spielte, gilt als Meilenstein der elektronischen Musik.
Ein weiteres Thema der Konferenz war die Nutzung künstlicher Intelligenz. Jarre erklärte, dass er diese Technologie hauptsächlich für visuelle Aufgaben einsetzt, etwa für Veröffentlichungen, Merchandise und Bühnenproduktionen. Von den musikalische Ergebnisse von KI sei er bislang jedoch nicht überzeugt. Dennoch betonte er, dass man neuen Technologien offen begegnen sollte, da deren Entwicklung nicht aufzuhalten sei. Er verstehe jedoch die Bedenken, die viele Menschen in Bezug auf künstliche Intelligenz haben. In diesem Zusammenhang wies er darauf hin, dass diese Technologie nur aus bestehendem Wissen schöpfen könne, während es allein dem Menschen vorbehalten sei, Werke mit Leben und Bedeutung zu erfüllen. Als Vergleich zog er die Elektrizität heran, di zuerst ebenfalls auf Ablehnung stieß und heute Bestandteil des Alltags ist. Jarre teilte eine Anekdote aus der Zeit vor Oxygene, als er als erster Künstler an der Pariser Oper ein Werk für Orchester und Synthesizer aufführen durfte. Die Orchestermusiker sabotierten die Synthesizer, weil sie sich durch diese Technologie in ihrer Rolle bedroht fühlten.
Jean-Michel Jarre über Events und Oxygene
Im Jahr 2024 gab es zwei besondere Events, die für Jarre herausragende Erlebnisse darstellten. Zum einen durfte er die Abschlussfeier der Paralympics eröffnen und beenden. Trotz starken Regenfalls, der seine Synthesizer – darunter den Moog One und den ARP 2600 – in Mitleidenschaft zog, verzichtete Jarre bewusst darauf, die Geräte abzudecken, um dem Publikum ein optisches Highlight zu bieten. Interessanterweise blieb der GRP A8 dank seiner abgeschrägten Bauweise nahezu unversehrt.
Ein weiteres Highlight war die Eröffnung des Starmus Festivals, bei dem Wissenschaft und Kunst aufeinandertreffen. Dieses Festival wurde unter anderem von Queen-Gitarrist und Astrophysiker Brian May ins Leben gerufen, der Jarre auf der Bühne mit seiner legendären „Red Special“-Gitarre begleitete. May spielte sogar sein berühmtes Brighton Rock-Solo. Interessanterweise fanden die Besprechungen zwischen den beiden Künstlern oft in den frühen Morgenstunden gegen 5:00 Uhr statt – ein typisches Merkmal von kreativen Nachteulen, wie Jarre zugibt.
Jean-Michel Jarre wurde gefragt, wo er sich wünschen würde eines seiner Mega-Konzerte zu geben und die Antwort ist sicher überraschende und mutig. Er würde sich wünschen, im Iran oder Nordkorea spielen zu dürfen. Er erklärte, dass seine Mutter während des Zweiten Weltkriegs im französischen Widerstand gegen die Nazis kämpfte und dreimal in ein Konzentrationslager gebracht wurde, aus dem sie ebenso oft fliehen konnte. Trotz dieser Erlebnisse lehrte sie ihrem Sohn, dass nicht alle Deutschen Nazis seien und man die politischen Ideologien eines Landes nicht mit den Menschen, die dort leben, gleichsetzen dürfe. Daher liegt ihm viel daran, Kunst und Kultur zu Menschen zu bringen, die keinen oder nur beschränkten Zugang zu Kunst und Kultur haben und nicht in Freiheit leben.
2026 findet das 50-jährige Jubiläum seines ersten Erfolgsalbums Oxygene statt, für das jetzt schon Planungen laufen. Den Wünschen nach einem Dolby-Atmos-Mix erteilt er eine Absage. Er erschafft lieber neue Musik in Dolby Atmos, wie er es auf seinen letzten Alben getan hat. Zudem ist er von den meisten Dolby-Atmos-Mischungen, die auf Stereo Aufnahmen basieren, nicht überzeugt.
Selbstverständlich sprach Jarre noch über viel mehr Themen und es macht viel mehr Spaß, den Aussagen von Jean-Michel Jarre selbst zu lauschen, was ihr im verlinkten YouTube-Video machen dürft.
Interview mit Jean Michel Jarre
Jean-Michel Jarre im Gespräch mit Dina Pearlman (ARP) im Rahmen des ARP 2600 Symposiums
The Making Of Oxygène: Jean-Michel Jarres bahnbrechendes Album aus 1976